Signatur: BStU, MfS, HA XIX, Nr. 6935, Bl. 1-2
Nachdem die SED-Führung die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" von der Postzeitungsliste gestrichen hatte, reagierte die sowjetische Seite ihrerseits im April 1989 mit einer Reduzierung importierter Presseerzeugnisse aus der DDR.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
In Reaktion auf das "Sputnik"-Verbot schränkte die Sowjetunion den Import mehrerer DDR-Zeitungen ein. Im vorliegenden Dokument heißt es, die Gründe für diesen Schritt seien – abgesehen von einem ausgeglichenen Import-Export-Verhältnis – nicht bekannt. Bei einigen Titeln wurde die Lieferung vollständig eingestellt. Die genauen Bezugszahlen der jeweiligen Zeitungen sind im Anhang aufgelistet.
Berlin, 6. April 1989
89
über die Reduzierung des Importes von Zeitungen und Zeitschriften aus der DDR, durch die UdSSR
Durch den Leiter des Zeitungsvertriebsamtes der Deutschen Post ist bekannt geworden, daß der zuständige Außenhandelsbetrieb der UdSSR gegenüber dem Außenhandelsbetrieb Buchexport mit Wirkung vom 01.04.1989 eine bedeutende Reduzierung des Importes von Zeitungen und Zeitschriften aus der DDR vorgenommen hat (vgl. Anlage).
Diese Veränderung wäre mit der Notwendigkeit eines ausgeglichenen Verhältnisses von Import und Export begründet worden. Die UdSSR würde damit den durch die DDR eingestellten Import der sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" ausgleichen.
Die betreffenden Lieferungen hätten einen Umfang von 130 Tausend Exemplare des "Sputnik" pro Monat zu einem Außenhandelspreis von 3,50 Rubel pro Stück.
Durch die Experten des Zeitungsvertriebeamtes wird darauf verwiesen, daß es auch in der Vergangenheit üblich war, den Umfang des Exportes und des Importes anzugleichen.
Dabei wurde in der Regel derart verfahren, daß der Ausgleich durch eine Erhöhung der gegenseitigen Lieferungen erfolgte.
Zum Vorgehen der UdSSR gibt es weder in Bezug auf die vorgenommene Verminderung des Importes noch hinsichtlich des Umfanges der Reduzierungen einen vergleichbaren Fall.
Gründe für das Vorgehen der sowjetischen Seite, die über ökonomische Erwägungen hinausgehen, sind im Verantwortungsbereich der Diensteinheit nicht bekannt.
Durch die Experten der Deutschen Post wird eingeschätzt, daß mit dem verbliebenen Exportvolumen in der SU nur noch Abonnenten beliefert werden können und ein Einzelverkauf von Presseerzeugnissen der DDR nicht mehr gewährleistet sein dürfte.
In diesem Zusammenhang werden negative Reaktionen von DDR-Bürgern erwartet, die sich aus dienstlichen oder touristischen Gründen in der SU aufhalten.
Anlage
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Signatur: BStU, MfS, HA XIX, Nr. 6935, Bl. 1-2
Nachdem die SED-Führung die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" von der Postzeitungsliste gestrichen hatte, reagierte die sowjetische Seite ihrerseits im April 1989 mit einer Reduzierung importierter Presseerzeugnisse aus der DDR.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
In Reaktion auf das "Sputnik"-Verbot schränkte die Sowjetunion den Import mehrerer DDR-Zeitungen ein. Im vorliegenden Dokument heißt es, die Gründe für diesen Schritt seien – abgesehen von einem ausgeglichenen Import-Export-Verhältnis – nicht bekannt. Bei einigen Titeln wurde die Lieferung vollständig eingestellt. Die genauen Bezugszahlen der jeweiligen Zeitungen sind im Anhang aufgelistet.
Anlage
Umfang der ab 01.04.1989 wirksamen Reduzierungen des Importes von Zeitungen und Zeitschriften der DDR durch die SU:
Artikel; Reduzierung; von; auf
Bildende Kunst 2.445 Exemplaren; 0 Exemplare
Farbe und Raum; 9.600 Exemplaren; 0 Exemplare
Fotographie ; 13.000 Exemplaren; 0 Exemplare
Frisur u. Kosmetik 1.200 Exemplaren; 0 Exemplare
Horizont; 900 Exemplaren; 0 Exemplare
Illustrierter Motorsport; 12.700 Exemplaren; 0 Exemplare
Jugend und Technik; 12.700 Exemplaren; 0 Exemplare
Die Mode ; 500 Exemplaren; 0 Exemplare
Modische Linie; 8.200 Exemplaren; 0 Exemplare
NBI; 26.000 Exemplaren; 0 Exemplare
Neue Werbung; 3.280 Exemplaren; 0 Exemplare
Radio, Fernsehen, Elektronik; 2.000 Exemplaren; 0 Exemplare
Wochenpost; 2.700 Exemplaren; 0 Exemplare
Wohnen im Grünen; 8.500 Exemplaren; 0 Exemplare
Tribüne; 423 Exemplaren; 123 Exemplare
Berliner Zeitung; 4.200 Exemplaren; 200 Exemplare
Troll; 708 Exemplaren; 208 Exemplare
Magazin; 1.300 Exemplaren; 300 Exemplare
BZ am Abend; 1.469 Exemplaren; 919 Exemplare
Für Dich; 48.000 Exemplaren; 2.000 Exemplare
Junge Welt; 5.392 Exemplaren; 5.092 Exemplare
Neues Deutschland; 18.132 Exemplaren; 9.066 Exemplare
Bummi; 24.000 Exemplaren; 11.660 Exemplare
Filmspiegel; 42.000 Exemplaren; 20.000 Exemplare
Trommel; 34.000 Exemplaren; 30.916 Exemplare
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Maßnahmen des Postzeitungsvertriebs zur Zeitschrift "Sputnik" Dokument, 3 Seiten
Information über die Sicherstellung importierter "Sputnik"-Zeitschriften Dokument, 1 Seite
Information zur Sicherstellung der Zeitschrift "Sputnik" Dokument, 1 Seite
Stellungnahme des sowjetischen Außenministeriums zum "Sputnik"-Verbot Dokument, 1 Seite