Zusammenfassung der Übertragung eines Konzerts von Udo Lindenberg im SFB
Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 124
Während seiner Auftritte übte Udo Lindenberg immer wieder Kritik an der DDR. Die Stasi registrierte die Äußerungen des Künstlers genau.
1984 sagte die SED-Führung eine geplante Tour von Udo Lindenberg durch die DDR kurzfristig ab. Aus den Stasi-Unterlagen geht hervor, dass MfS und SED-Führung befürchteten, der westdeutsche Musiker könnte politischen Einfluss auf seine Anhänger in der DDR ausüben wollen. Lindenberg, für den die Tour vor seinen ostdeutschen Fans ein wichtiges Anliegen gewesen war, machte seiner Frustration über die Absage während seiner Konzerte Luft.
Weil Übertragungen dieser Konzerte im Westrundfunk auch in der DDR zu empfangen waren, hielt die Stasi die Äußerungen Lindenbergs penibel fest. Das vorliegende Dokument ist die Zusammenfassung einer Konzertübertragung des SFB II vom 13. Mai 1984. Während des Konzerts und in einem Interview in der Pause richtete sich Lindenberg mehrfach direkt an seine "Freunde in der DDR". Er wollte klarstellen, dass es sich bei den offiziell in der DDR genannten Gründen für die Absage der Tour aus seiner Sicht um Ausflüchte handelte.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung XX
- Datum:
- 13.5.1984
Hauptabteilung XX / OPD
Berlin, den 13.05.84
Information über eine Sendung des SFB II am 13.05.84 von 20.05 Uhr bis 22.30 Uhr mit Udo Lindenberg
Nach Begrüßung der Gäste und Hörer wurde durch einen Moderator mitgeteilt, daß die Übertragung des Konzertes mit Udo Lindenberg "Götterhämmerung" aus der westberliner Deutschlandhalle kurzfristig aufgrund der Absage eines Konzertes des Lindenberg in der DDR, für die Fans in der DDR in das Programm des SFB II aufgenommen wurde.
Nach den ersten Titeln begrüßte Lindenberg "Honny", den Staatsratsvorsitzenden der DDR, Egon Krenz und die DDR-Politprominenz vorallem die mit den Lederjacken, die jetzt vor der "Glotze" sitzen.
Im ersten Teil der Sendung, bis ca. 21.10 Uhr brachte Lindenberg Titel, wie
- Stell dir vor du kommst nach Ostberlin
- Die Vopo's lächeln an der Grenze
- Sonderzug nach Pankow
- In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm
Nach seinem Lied "Sonderzug nach Pankow" bemerkte Lindenberg, daß am Sonderzug ein Rad ab ist, es ihm leid tut, daß sie nicht für die Leute drüben spielen können. Er brachte zum Ausdruck, daß er nicht für die Funktionäre und die Regierung spielen wollte, sondern im Gegenteil, sie hatten Bedingungen gestellt, wonach die Konzerte für jedermann zugänglich sein sollte, die Karten frei verkäuflich wären und es keine Zensur gäbe. Die Gründe für die Absage seiner Tournee sind seiner Meinung nach lächerlich und widersprüchlich. Die wirklichen Gründe sind im politischen und kulturpolitischen Bereichen zu suchen. Lindenberg äußerte weiterhin sinngemäß, daß die DDR-Oberindianer noch nicht soweit wären, daß Anliegen seiner Konzerte zu begreifen.
In der Pause führte der Moderator mit dem Lindenberg ein kurzes Interwiew, in dem es im wesentlichen um die Ablehnung bzw. Absage der DDR-Tournee ging. Lindenberg brachte zum Ausdruck,d aß es über die Gründe der Absage viel spekulatives gibt. Die meisten Freunde in der DDR wissen, daß die Begründung für die Absage eines Konzertes u.a. mit der Bemerkung"die FDJ hätte mit der Durchführung von großen Freiluftkonzerten keine Erfahrung" nicht stimmt. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Organisierung und Durchführung von Jugendtreffen und Festivals.
Auf Bemerkungen des Moderators, wonach eventuell Lieder wie "Sonderzug nach Pankow" oder "In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm" bei den Funktionären der DDR nicht den "richtigen Anklang" finden ,äußerte Lindenberg, daß diese Songs von den Funktionären nicht richtig verständen werden. Er wolle damit nichts negatives ausdrücken. Auf die Frage nach der Meinung des Lindenberg zur Ablehnung der Tournee der Gruppe "PAP" äußerte dieser, daß die Gruppe "PAP" unklug gehandelt habe, als sie 3 Wochen vor Beginn der Tournee die DDR-Funktionäre mit einen neuen Lied "verärgert" haben. Um seinen Auftritt in der DDR zu "sichern" sollte er sich im Aufträge der FDJ von der Gruppe "PAP" distanzieren.
Im Zusammenhang mit den gegenwärtig aufgetretenen "Irrtürmern" bezogen auf die Lieder des Lindenberg, insbesondere dem Lied "Sonderzug nach Pankow" vertrat Lindenberg die Auffassung, da er in Westberlin wohnt, genüge ein Anruf, um diese "Irrtümer" aus der Welt zu schaffen.