K I (Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei)
Neben der Staatssicherheit warb auch die Volkspolizei Bürger als Spitzel an, besonders ab Herbst 1953. Die dazu ermächtigten Kriminalpolizisten wurden 1959 als sogenannte Operativgruppen disloziert: eine Operativabteilung in der HA Kriminalpolizei der HV der DVP, Operativgruppen in den Abteilungen K der Bezirksdirektionen der DVP und Arbeitsgruppen in den Abteilungen K der VP-Kreisämter. Diese sollten solche Verbrechen untersuchen, die nur durch spezifische Mittel und Methoden (wie den Einsatz von Spitzeln) zu klären waren. Die entsprechenden Fälle wie auch die Zuträger konnte die Staatssicherheit jederzeit in eigener Regie übernehmen.
Insgesamt arbeiteten im Jahre 1961 auf allen Ebenen 2051 Kriminalpolizisten mit Zuträgern. An der Spitze der Operativgruppen standen ausnahmslos OibE, IM oder Leitungskader, die nach Anordnung 6/61 zur "besonderen politischmoralischen Bindung an das MfS" verpflichtet waren. Zudem wurden ab 1959 Operativdienststellen gebildet, die Ermittlungen und Beschattungen durchführten und aus denen die Arbeitsrichtung I/U der Kriminalpolizei hervorging. Im Januar 1965 erhielten die Operativgruppen die bis zuletzt gültige Bezeichnung als Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei (K I). Zudem wurde nun eine Arbeitsrichtung II (Untersuchung/K II) gebildet, die vom Untersuchungsorgan der Staatssicherheit (HA IX) instruiert wurde und in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern eigene Spitzel anwarb, sog. Zelleninformatoren. Im Jahre 1966 wurde zudem die Abt. 4 der Verwaltung Strafvollzug aufgestellt; sie führte Zuträger unter kriminellen Strafgefangenen und wurde 1974 als Arbeitsrichtung 4 der K I unterstellt. Ihre zuletzt 120 hauptamtlichen Mitarbeiter wurden in den Gefängnissen als Offiziere für Kontrolle und Sicherheit bezeichnet und führten zusammen 697 Strafgefangene als Spitzel.
Durch "konzentrierten Einsatz der inoffiziellen Mitarbeiter sowie der speziellen Mittel und Methoden" verfolgte die K I zumeist kleinere politische Delikte und politisch bedeutsame Verbrechen allgemeiner Art (wie organisierte Kriminalität). Zu ihren Aufgaben zählten ferner die Kriminalprävention (durch Aushorchen des kriminellen Milieus) und die Überwachung entlassener Straftäter. Aufgrund der Vorrangstellung der Staatssicherheit (insbesondere der HA VII) durfte die K I allerdings keine ausgewiesenen Feindorganisationen oder die Kirchen bearbeiten, nicht in den Westen wirken und keine Ausländer anwerben. Dementsprechend oblag auch die Archivierung ihrer Akten der Staatssicherheit.
Aufgrund ihrer hohen Bedeutung für den Mielke-Apparat wurde die K I ihrerseits besonders intensiv durchleuchtet: Im Jahr 1989 wurden 5 ihrer Mitarbeiter in OV und 67 weitere in OPK bearbeitet. Die K I verfügte zu diesem Zeitpunkt über 2015 Mitarbeiter (einschließlich der Arbeitsrichtung I/4), die zu drei Vierteln in VPKA disloziert waren und in deren Mitte 47 OibE sowie 412 IM arbeiteten (zusammen 22,7 Prozent). Die Arbeitsrichtung I/U verfügte zur gleichen Zeit über weitere 377 Mitarbeiter, darunter 43 OibE. Die Angehörigen der K I führten ihrerseits zuletzt mehr als 15 000 Spitzel unter DDR-Bürgern, sogenannte Inoffizielle Kriminalpolizeiliche Mitarbeiter (IKM) und bearbeiteten etwa 2750 Kontrollmaterialien (KM), die zu 46 Prozent Ausreisewillige und zu 3,4 Prozent Bürger mit "feindlich-negativer Einstellung" betrafen. Die K I war somit an der politischen Repression im SED-Staat maßgeblich beteiligt und wurde weitgehend von der Staatssicherheit dirigiert.
Mehr erfahren