Signatur: BStU, MfS, BV Neubrandenburg, AU, Nr. 75/53, Bd. 3, Bl. 3-5
Weil er während einer Streikkundgebung in Groß Dölln während des Volksaufstandes einen Parteisekretär von einem Tisch stieß, wurde ein Autolackierer durch die Staatssicherheit inhaftiert. Im Abschlussbericht zum Untersuchungsvorgang wird eine harte Strafe gefordert.
Der Bezirk Neubrandenburg war, wie die anderen Bezirke im Norden auch, kein Zentrum des Volksaufstandes. Ein wichtiger Grund hierfür war die agrarisch geprägte Struktur Mecklenburgs. Zudem gelangten die Nachrichten aus dem Süden der DDR nur langsam bis zur Bevölkerung im Norden. Polizei, MfS und SED waren hier ausnahmsweise besser informiert und konnten sich auf Unruhen vorbereiten.
Trotzdem kam es vereinzelt zu Unruhen. Im Bezirk Neubrandenburg kam es in 29 Städten und Gemeinden zu Aktionen, die von Streiks über Demonstrationen bis hin zu Versuchen reichten, politische Gefangene zu befreien. Einzelne Aktionen wie Forderungen nach Auflösung der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft), die Abnahme von Bildern führender Mitglieder der Staats- und Parteiführung an öffentlichen Stellen oder Solidaritätskundgebungen mit den streikenden Arbeitern und Bauern führten zu Verhaftungen und Verurteilungen.
Am Abend des 17. Juni 1953 legten die Arbeiter auf der Großbaustelle des Flugplatzes in Groß Dölln die Arbeit nieder und stellten politische Forderungen auf. Bei einer Streikkundgebung am 18. Juni nahm auch ein Autolackierer teil. Dabei soll er einen Parteisekretär von einem Tisch gestoßen haben. Bereits einen Tag später lag ein Haftbeschluss der Stasi-Kreisdienststelle Templin vor. Im Abschlussbericht zum Untersuchungsvorgang gegen den Arbeiter forderte der Verfasser, Leutnant Bonitz, eine harte Strafe.
Zur Person:
[anonymisiert]
Zur Sache:
Der Beschuldigte [unterstrichen: erfuhr] bereits am 01.06.1953 von einem Filmvorführer mit Vornamen [anonymisiert], welcher im Objektskino beschäftigt ist, dass in [unterstrichen: Berlin ein Streik ausgebrochen sei.]
Am 17.06.1953 hörte er bereits am Nachmittag die [unterstrichen: Hetzmeldungen] westlicher Sender, in welcher Weise westlicher [durchgestrichen: Sender] Banditten gegen unsere Staatsmacht vorgingen. Am [unterstrichen: Abend des gleichen] Tages begab sich [anonymisiert] mit einem gewissen [anonymisiert] und einen angeblich unbekannten Arbeiter, welcher im Objekt [unterstrichen: beschäftigt ist, zur HO-Gaststätte] des Lagers, [unterstrichen: wo sich bereits 80 - 100 Arbeiter aufhileten.] Die drei genannten sassen an diesem Abend zusammen an einem Tisch. [anonymisiert] [unterstrichen: verbreitete] hier bereits die am [unterstrichen: Nachmittag gehörten] Hetzmeldungen der [unterstrichen: Westsender an seine Kollegen.] Insbesondere hetzte er gegen die Sowjetunion, indem er behauptete, dass [unterstrichen: sowjetische Truppen auf die deutsche Bevölkerung geschossen haben.]
Von dem in der [unterstrichen: Baracke anwesenden Arbeitern wurde bereits über] den Ausbruch des [unterstrichen: Streiks am nächsten Tage heftig diskutert.] Jedoch will der [unterstrichen: Beschuldigte] davon angeblich [unterstrichen: nichts gehört] haben.
Am [unterstrichen: 18.06.1953] brach auf der Baustelle Gross Dölln der Streik aus.
[anonymisiert] ging zu einer Ansammlung von mehreren 100 Arbeitern. Der Beschuldigte nutzte die Stimmung der Arbeiter aus, stellte sich vor diesen Arbeitern auf einen Tisch und forderte sie durch lautes schreien zum Streik auf.
(Siehe Blatt Nr. [handschriftliche Ergänzung: 17] der Akte)
Der Beschuldigte gibt während der Untersuchung an, dass der Betrieb noch nicht vollständig ruhte, sondern noch einige ihre Arbeit fortsetzten. Als er jedoch zum Streik aufrief, legten auch diese die Arbeit nieder. [unterstrichen: Er schrie, nicht eher wieder an die Arbeit zu gehen, bis die Forderungen der Ostberliner Arbeiter erfüllt wären.] Auch hier machte er sich somit zum Sprecher der Riashetze.
[anonymisiert] forderte vom Oberbauleiter [anonymisiert], dass dem sowjetischen Oberstleutnant mitgeteilt wird, dass auf der Baustelle ab sofort die
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Ein Haftbeschluss war eine strafverfahrensrechtlich nicht vorgeschriebene, lediglich MfS-interne Anordnung der Inhaftierung eines Beschuldigten, die dem Leiter der HA IX und seinen Stellvertretern bzw. den Leitern der MfS-Bezirksverwaltungen und ihren Stellvertretern Operativ oblag. Er sollte das geordnete Verfahren innerhalb des MfS absichern und war – außer bei dem im MfS seltenen Fall einer tatsächlichen Festnahme auf frischer Tat – unbedingte administrative Voraussetzung für eine Festnahme.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Neubrandenburg, AU, Nr. 75/53, Bd. 3, Bl. 3-5
Weil er während einer Streikkundgebung in Groß Dölln während des Volksaufstandes einen Parteisekretär von einem Tisch stieß, wurde ein Autolackierer durch die Staatssicherheit inhaftiert. Im Abschlussbericht zum Untersuchungsvorgang wird eine harte Strafe gefordert.
Der Bezirk Neubrandenburg war, wie die anderen Bezirke im Norden auch, kein Zentrum des Volksaufstandes. Ein wichtiger Grund hierfür war die agrarisch geprägte Struktur Mecklenburgs. Zudem gelangten die Nachrichten aus dem Süden der DDR nur langsam bis zur Bevölkerung im Norden. Polizei, MfS und SED waren hier ausnahmsweise besser informiert und konnten sich auf Unruhen vorbereiten.
Trotzdem kam es vereinzelt zu Unruhen. Im Bezirk Neubrandenburg kam es in 29 Städten und Gemeinden zu Aktionen, die von Streiks über Demonstrationen bis hin zu Versuchen reichten, politische Gefangene zu befreien. Einzelne Aktionen wie Forderungen nach Auflösung der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft), die Abnahme von Bildern führender Mitglieder der Staats- und Parteiführung an öffentlichen Stellen oder Solidaritätskundgebungen mit den streikenden Arbeitern und Bauern führten zu Verhaftungen und Verurteilungen.
Am Abend des 17. Juni 1953 legten die Arbeiter auf der Großbaustelle des Flugplatzes in Groß Dölln die Arbeit nieder und stellten politische Forderungen auf. Bei einer Streikkundgebung am 18. Juni nahm auch ein Autolackierer teil. Dabei soll er einen Parteisekretär von einem Tisch gestoßen haben. Bereits einen Tag später lag ein Haftbeschluss der Stasi-Kreisdienststelle Templin vor. Im Abschlussbericht zum Untersuchungsvorgang gegen den Arbeiter forderte der Verfasser, Leutnant Bonitz, eine harte Strafe.
Arbeit ruht und nicht eher die Arbeit wieder aufgenommen wird, bis in Berlin die Arbeit wieder aufgenommen wird. Der Beschuldigte und noch 4 andere Personen bilderen eine sogenannte Delegation, welche sich zum sowjetischen Oberstleutnant begab, und dort ihre Forderungen vorbrachte.
Obwohl der sowjetische Oberstleutnant dieser sogenannten Delegation mitteilte, dass in Berlin ein gross Teil der Arbeiter bereits ihre Arbeit wieder aufgenommen hat, glaubten sie diese Worte nicht und unternahmen nichts, um die Arbeit wieder aufzunehmen.
Der Beschuldigte streitet ab, irgendeinen Auftrag für diese Aktionen bekommen zu haben.
Der Beschuldigte, welcher Mitglied der [unterstrichen: SED] ist, trat als Führer in dieser Aktion auf. Er unternahm auch nichts, als er sah, dass der Parteisekretär, welchr zu den Anwesenden sprach, um vernünftig zu verhandelsn, vom grossen Tisch gestossen wurde. Obwohl der Beschuldigte direkt am Tisch stand, will er nichts gesehen haben, wer gegen den Parteisekretär tätlich vorging. Der Parteisekretär forderten die einzelnen Briganden auf, je einen Vertreter zu wählen, um den Aufruhr abzubrechen und in Ruhe weiter arbeiten zu können. Dieser Vorschlag wurde von dem Beschuldigten und den Arbeitern abgelehnt.
Bei der Körperdurchsuchung des [anonymisiert] wurde bei ihm eine westberliner Hetzschrift gefunden. In dieser Hetzzeitung wurde in übelster Weise Hetze gegen die volksdemokratischen Länder getrieben. Weiterhin war eine darin eine faschistische Propaganda grössten Ausmasses enthalten.
[anonymisiert] sagt in der Vernehmung aus, diese Hetzzeitung angeblich. von einem Arbeitskollegen aus dessen Zimmer entnommen zu haben, um diese zu lesen.
Stellung zur Schuldfrage:
Der Beschuldigte nützte die Misstimmung der Arbeiter des Objektes in Gross Dölln aus, um jetzt in offener Form gegen die demokratische Ordnung in der Deutschen Demokratischen Republik vorzugehen.
Er war genauestens unterrichtet über die Beschlüsse der Regierung zur Verbesserung der Lebenslage der Werktätigen. Trotzdem hetzte er die Arbeiter gegen unsere Regierung, indem er sie offen zur Arbeitsniederlegung aufforderte. Obwohl der Beschuldigte bereits seit 1950 Kandidat der SED ist, stand er auf der Seite der westberliner Provokateure und verleitete ehrliche Arbeiter. Charakteristisch für seine Person ist, dass er Hetzpropaganda westberliner Banditen studiert um sich von dort eine Anleitung für seine verbrecherischen Handlungen zu holen.
Obwohl er bereits längere Zeit Angehöriger der VP war und auch jetzt wieder eine sehr verantwortliche Position inne hatte, arbeitete er auf der Seite der Kreisgtreiber, um somit den sogenannten Tag X wesentlich zu unterstützen. Die Anstrengungen der Funktionäre unserer Partei, den Streik zu schlichten, machte er zunichte, indem er auf der Baustelle gegen den Parteisekretär auftrat und seine positiven Vorschläge ablehnte, was dann auch die übrigen Arbeiter taten.
[anonymisiert] unterstützte somit, als Anführer dieses Streikes die imperialistischen Kreigstreiber, die den sogenannten Tag X inszenierten, um in der Deutschen Demokratischen Republik das kapitalistische Regime wieder einzuführen und das deutsche Volk in einen Bruderkrieg stürzen wollten.
Damit die Arbeiter in Zukunft in Ruhe ihrer friedlichen Aufbauararbeit nachgehen zu können, sind derartige Elemente hart zu bestrafen.
[Unterschrift]
(Bonitz)
LTN.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Ein Haftbeschluss war eine strafverfahrensrechtlich nicht vorgeschriebene, lediglich MfS-interne Anordnung der Inhaftierung eines Beschuldigten, die dem Leiter der HA IX und seinen Stellvertretern bzw. den Leitern der MfS-Bezirksverwaltungen und ihren Stellvertretern Operativ oblag. Er sollte das geordnete Verfahren innerhalb des MfS absichern und war – außer bei dem im MfS seltenen Fall einer tatsächlichen Festnahme auf frischer Tat – unbedingte administrative Voraussetzung für eine Festnahme.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
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Urteil gegen Beteiligte einer Streikkundgebung während des Volksaufstandes in Groß Dölln Dokument, 3 Seiten
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