Auskunftsmaterial der Staatssicherheit zum Umgang mit dem Verbot des Neuen Forums
Signatur: BStU, MfS, ZAIG. Nr. 14327, Bl. 2-28
Im September 1989 gründete sich das Neue Forum. Das Ministerium des Innern (MdI) lehnte es ab, dieses als Vereinigung zuzulassen. In enger Abstimmung mit der Staatssicherheit entwickelte das Ministerium Begründungen dafür.
Am 9. September gründete sich das Neue Forum in Grünheide bei Berlin. Einen Tag später veröffentlichte die Gruppe einen Gründungsaufruf, in dem sie die gestörte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft sowie eine Reihe konkreter Missstände in der DDR kritisierte. Einige Tage später beantragte das Neue Forum die Zulassung als Vereinigung, welche durch das Ministerium des Innern (MdI) umgehend abgelehnt wurde. Als Begründung dafür verwies das MdI lediglich auf den angeblich verfassungsfeindlichen Charakter der Vereinigung, ohne sich mit konkreten Inhalten auseinanderzusetzen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich in der DDR-Gesellschaft ein genereller Wandel vollzogen. Spätestens im Oktober 1989 fanden die Forderungen des Neuen Forums allgemeine Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. In enger Abstimmung von Ministerium für Staatssicherheit und MdI wurden im Herbst 1989 Begründungen entwickelt, um neugegründete Parteien und Bürgerbündnisse abzulehnen.
Metadaten
- Urheber:
- MfS
- Datum:
- Ende 1989
- Rechte:
- BStU
Ihrem Antrag auf Bestätigung der Anmeldung kann nicht entsprochen werden, da für die beabsichtigte Gründung der Vereinigung "Neues Forum" keine gesellschaftliche Notwendigkeit besteht. Zur Wahrnehmung politischer und gesellschaftlicher Interessen bestehen in der DDR umfassende Organisationsformen.
Zum Abschluß des Gespräches ist gegenüber den Antragstellern eine Belehrung dahingehend durchzuführen, daß weitere Gründungshandlungen und andere damit im Zusammenhang stehende Aktivitäten unverzüglich einzustellen sind, da ansonsten die in den entsprechenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Konsequenzen zur Anwendung kommen.
Damit ist das Gespräch abzuschließen. Eine weitere Diskussion über Gründe, Argumente u. dgl. zur Ablehnung ist nicht zuzulassen."
- Bei den noch offenen Entscheidungen wird es nicht für zweckmäßig erachtet, mit den Festlegungen vom 22.09.1989 zu reagieren, da sie nicht mehr der gegenwärtigen politischen Situation gerecht werden.
Insgesamt liegen 44 Anträge auf Anmeldung zur beabsichtigten Gründung von Vereinigungen vor. Bei 24 Anträgen ist die Übermittlung der Entscheidung noch erforderlich. In 4 Fällen ist die Beantwortung von Eingaben notwendig. Darunter befindet sich auch eine Eingabe des Fraktionsvorsitzenden der CDU in der Volkskammer.
Deshalb wurden auf der Grundlage der eingereichten Vorlagen für das Politbüro des ZK der SED
"Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Formierung und zur Zurückdrängung antisozialistischer Sammlungsbewegungen"