Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11784, Bl. 36-37
Im Herbst 1969 verbreitete sich in der DDR das Gerücht, die Rolling Stones würden am 7. Oktober ein Konzert auf dem West-Berliner Springer-Hochhaus spielen. Die Staatssicherheit beschäftigte dies auch noch nach dem vermeintlichen Konzerttermin. Ein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) informierte die Geheimpolizei über die Herkunft dieser Meldung.
In den 60er Jahren trat der Beat seinen Siegeszug um die Welt an. Mit der Musik von Bands wie den Beatles oder den Rolling Stones entwickelten junge Leute neue Vorlieben und distanzierten sich von der Generation ihrer Eltern. Eine neue Lebensart entstand vor allem im Westen, aber verzögert, abgeschwächt und verzerrt auch hinter dem Eisernen Vorhang. Nach dem Beginn der zweiten Entstalinisierung 1961 unter Nikita Chruschtschow lockerte 1963 auch die SED für kurze Zeit einige Verbote und Bevormundungen gegenüber Jugendlichen. In der Folge formierten sich auch hier Beat-Bands und Gruppen, die als westlich geltende Musik spielten.
Nach dem Sturz Chruschtschows beendete die SED jedoch diese kurze Phase der Liberalisierung auf dem "Kahlschlagplenum" im Dezember 1965. Funktionäre von SED und FDJ beäugten die Jugendlichen, die sich an westlicher Musik orientierten, zunehmend argwöhnisch, weil sich hier junge Menschen abseits der staatlich kontrollierten Massenorganisationen zusammenfanden. Dieser westliche Einfluss auf die eigene Gesellschaft erschien auch der Stasi gefährlich. Sie vermutete den direkten Versuch westlicher "Feindzentralen", die Jugend für sich zu gewinnen und damit einen Nährboden für Untergrundtätigkeiten in der DDR zu legen.
Im September 1969 gab der auch im Osten bekannte Moderator Kai Blömer in der RIAS-II-Sendung "Treffpunkt" bekannt, die Rolling Stones würden am 7. Oktober 1969 ein Konzert auf dem Springer-Hochhaus geben. Dies war nur ein Scherz, wie Blömer noch in derselben Sendung klarstellte. Unter DDR-Jugendlichen verbreitete sich dennoch ungehindert das Gerücht, dass am 20. Jahrestag der Gründung der DDR in West-Berlin ein Konzert der britischen Rockband stattfinden würde. Junge Leute aus der ganzen DDR verabredeten sich daraufhin für diesen Tag in Ost-Berlin. Die Stasi befürchtete einen gegen das SED-Regime gerichteten Aufruhr der Jugendlichen und wollte eine Menschenansammlung unweit der Staatsgrenze um jeden Preis verhindern, zumal wegen des Feiertages viele Berlinerinnen und Berliner sowie Gäste zum Volksfest ins Stadtzentrum strömten.
Aus diesem Grund verhinderte die Geheimpolizei bereits im Vorfeld im Rahmen der Aktion "Stafette" beabsichtigte Reisen von "negativen Jugendlichen" nach Berlin. Neben der "Rückführung in Heimatorte" wurden Aufenthaltsbeschränkungen und Berlin-Verbote erteilt sowie sogenannte "Aussprachen" mit den jungen Stones-Fans geführt. Die Zugänge zur Leipziger Straße wurden durch Volkspolizei, Staatssicherheit und FDJ-Ordnungsgruppen hermetisch abgeriegelt. Trotzdem hatten sich dort am Nachmittag des angekündigten Konzerts etwa 2.000 Jugendliche versammelt, die ihre Idole sehen wollten. Bis in die Nacht kam es seitens der Staatsmacht zu "Maßnahmen gegen kleinere Gruppen negativer Jugendlicher". Es folgten zahlreiche Verhaftungen wegen "Rowdytums" und "Zusammenrottung".
Ein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) berichtete der Stasi, dass das Gerücht über das Stones-Konzert aus einer Meldung des Radiosenders RIAS hervorging. Darauffolgende Rücksprachen mit dem Sender RIAS und einem Angestellten der Zeitung "B.Z." hätten ergeben, dass diese Nachricht auf eine DDR-Rundfunkanstalt zurückzuführen sei.
[Handschriftliche Ergänzung: 21716 3413/69 - [unleserlich]]
Hauptabteilung VIII
[Handschriftliche Ergänzung: Abtlg. Agitation; Gen. Thomas]
Berlin, den 14. Oktober 1969
VIII/4/ [handschriftliche Ergänzung: 505 / [unleserlich] /1151] /69
Pa/Sch
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe
im Hause
Information
[Stempel: 22. Okt. 1969; [unleserlich]; [handschriftliche Ergänzung: 1440/69; [unleserlich]; zum Vorgang [unleserlich] RFA]
Durch eine unüberprüfte Quelle wurde dem MfS folgendes berichtet:
Von einer DDR-Bürgerin erfuhr die Quelle, daß in der Jugendsendung des RIAS "Treffpunkt" die Mitteilung gemacht wurde, daß die "Rolling Stones" am 7. Oktober 1969 um 18.00 Uhr auf dem Dach des Springer-Hauses in der unmittelbaren Nähe der DDR-Staatsgrenze ein Konzert geben.
[Handschriftliche Ergänzung: 1.]
Die Quelle prüfte die Herkunft dieser Mitteilung und sprach mit der Person des RIAS, die am 7. Oktober 1969 für die Sendung "Treffpunkt" verantwortlich war. Diese Person sagte der Quelle, daß am 7. Oktober 1969 keine solche Mitteilung, wie oben angeführt, von ihnen durchgegeben worden sei. Die Person erklärte, sie habe von der Sache mit den "Rolling Stones" gehört und diese Meldung habe eine DDR-Rundfunkanstalt gebracht.
[Handschriftliche Ergänzung: 2.]
Danach sprach unsere Quelle mit einem leitenden Angestellten des Springer-Konzerns, der verantwortlich ist für die Zeitung "BZ" namens [anonymisiert]. Auf die Frage, ob es der Wahrheit entspräche, daß am 7. Oktober 1969 die "Rolling Stones" auf dem Springer-Haus spielen sollten, sagte der [anonymisiert]:
1. Die "Rolling Stones" würden als Beat-Band nicht mehr existieren.
2. Der Hausherr (Axel Cäsar Springer) würde nie eine solche Genehmigung geben, daß auf seinem Haus eine Band spielt.
3. Die Nachricht würde von einer DDR-Rundfunkanstalt verbreitet worden sein, und [unterstrichen: er hätte davon Bandaufnahmen.] In dieser Nachricht sei davon gesprochen worden, daß von Westberlin aus eine Provokation geplant sei, um die Feierlichkeiten des 20. Jahrestages der DDR zu stören.
[Teile des Absatzes wurden am Rand handschriftlich markiert.]
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung)
1950 wurde die selbstständige Abteilung VIII gebildet. Aufgabe der 1958 in Hauptabteilung VIII umbenannten Diensteinheit war es, im Auftrag anderer MfS-Abteilungen operative Beobachtungen und Ermittlungen durchzuführen.
Ihre Standardmethoden waren Mitschnitte von Telefongesprächen, heimliche Fotoaufnahmen, Videoüberwachung, verdeckte Wohnungsdurchsuchungen sowie gewaltsames Eindringen in fremde Objekte aller Art in Ost und West. Neben Beobachtungen, Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen in der DDR gehörten auch "aktive operative Maßnahmen in und nach dem Operationsgebiet" zu den Aufgaben der Hauptabteilung VIII. Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und IM reisten unter falschem Namen über getarnte Grenzschleusen ins westliche Operationsgebiet, wo sie Nachforschungen anstellten und Personen und Gebäude überwachten. Auch Anschläge und Entführungen gehörten zum operativen Geschäft dieser MfS-Abteilung.
Ende 1988 arbeiteten in der Hauptabteilung VIII 1.509 und in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen 2.960 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Neben diesen 4.469 hauptamtlichen unterstanden der Hauptabteilung VIII 1.198 IM (darunter 124 West-IM). Hinzu kamen etwa 3.500 IM in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen.
In den 50er Jahren wirkte die Hauptabteilung VIII an zahlreichen Unrechtshandlungen des SED-Regimes mit. So entführte sie u. a. in den Westen geflohene MfS Mitarbeiter, die später als Verräter hingerichtet wurden (Entführung). Seit dem Mauerbau konzentrierte sich die Hauptabteilung VIII überwiegend auf Überwachungsmaßnahmen in der DDR. Nach dem Grundlagenvertrag und dem Transitabkommen versuchte sie, Republikfluchten und unerlaubte Kontakte zwischen DDR-Bürgern und Westdeutschen zu verhindern.
Zur Überwachung des innerdeutschen Reiseverkehrs errichtete die Hauptabteilung VIII an Grenzübergängen Beobachtungsstützpunkte. Im Zuge des POZW mit den DDR-Grenztruppen, der DDR-Zollverwaltung und den Bereichen Passkontrolle und Fahndung der HA VI des MfS sollten "Reisespione" und "operativ interessante Personen" (westdeutsche Politiker, ausländische Unternehmer und Geschäftsleute, Korrespondenten, Journalisten und Westverwandte von verdächtigen DDR-Bürgern) beobachtet werden. Mit großem Aufwand beobachtete die Hauptabteilung VIII Patrouillen der Westalliierten. Sie sammelte Belege für "subversive Handlungen und Aktivitäten", erfasste StVO-Verstöße und Sperrgebietsverletzungen.
Seit Juni 1989 war die Hauptabteilung VIII für die Überwachung von NVA-Angehörigen außerhalb des Dienstes zuständig. Bei der Spuren- und Beweissicherung konzentrierte sie sich auf "schwerwiegende Vorkommnisse" innerhalb der NVA und Grenztruppen: Spionage, Fahnenflucht, Westkontakte und Fluchtversuche. Ihre letzten Einsätze hatten die MfS-Offiziere der Hauptabteilung VIII im Herbst 1989, die zugleich deren personelle und logistische Kapazitäten überstiegen: Immer öfter mussten Angehörige der Hauptabteilung VIII zu außerplanmäßigen Großeinsätzen ausrücken, um an verdächtigen Gottesdiensten teilzunehmen und Demonstrationen zu beobachten oder vorbeugend einzudämmen.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Konspirative Ermittlungsmethode, auch als "Maßnahme B" bezeichnet, wurde definiert als "akustische Überwachung in geschlossenen und von begrenzten freien Räumen". MfS-Techniker der Abteilung 26 bauten Abhöranlagen heimlich in Hotels, Haftanstalten, Wohn- und Geschäftsräumen ein. Raumüberwachungen wurden nicht nur in konkreten Verdachtsfällen veranlasst, sondern dienten teilweise auch der vorbeugenden Überwachung.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Regime, auch Regimeverhältnisse, bezeichnet die Gesamtheit der Verhältnisse und Lebensbedingungen eines Landes oder geographischen Raumes (z. B. politische Entwicklungen, administrative Strukturen, kulturelle Besonderheiten, behördliche Sicherheitsvorkehrungen), deren Kenntnis für ein effektives und unauffälliges nachrichtendienstliches Handeln notwendig war. Mit diesen Kenntnissen sollten vor allem das IM-Netz im Westen und der grenzüberschreitende Agentenreiseverkehr geschützt werden.
So sollten IM im Westeinsatz wissen, wie die bundesdeutsche Spionageabwehr arbeitete, wie streng Meldeformalitäten in Hotels gehandhabt wurden, wie man sich als durchschnittlicher Bundesbürger verhielt usw. Die Abteilung VI der HV A hatte die Aufgabe, systematisch Informationen über das Regime im Operationsgebiet zu sammeln und in der SIRA-Teildatenbank 13 nachzuweisen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Bevor sich Anfang der 80er Jahre der Begriff Öffentlichkeitsarbeit, zumeist als Begriffspaar Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit (ÖTA), durchsetzte, wurde dieses Tätigkeitsfeld im MfS als Agitation bezeichnet. Im Verlauf der MfS-Geschichte nahm sie unterschiedliche Ausprägungen an. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 50er und 60er Jahren, später reduzierte sich ihre Bedeutung deutlich.
Schon die Gründung des MfS wurde von einer Medienkampagne gegen westliche "Saboteure und Agenten" begleitet. 1954 wurde für die Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Referat in der für Verwaltungsaufgaben zuständigen Abteilung Allgemeines eingerichtet, das 1955 als selbständige Abteilung Agitation ausgelagert wurde. Der Bereich wurde nach außen als Pressestelle oder Presseabteilung bezeichnet, seine Leiter traten in den 50er und 60er Jahren auch als Pressesprecher des MfS auf. 1985 wurde der Bereich umorganisiert und als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert. In den Bezirksverwaltungen und Hauptabteilungen des Ministeriums lag die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit bei einzelnen Stabsoffizieren, die nach Einrichtung der AKG 1978/79 diesem Bereich zugeordnet waren. Aufgaben einer wirklichen Pressestelle erfüllte der Agitationsbereich nur begrenzt. Die Medien wurden vom MfS nur sehr restriktiv informiert, aber umso intensiver instrumentalisiert. Es ging primär um Popularisierung der Arbeit der Staatssicherheit; die Abwehr gegnerischer Angriffe stand thematisch im Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angaben zum eigenen Apparat, etwa zu Mitarbeiterzahlen, Aufbau und Arbeitsweise wurden grundsätzlich nicht in die Öffentlichkeit gegeben.
Wie kaum ein anderes Tätigkeitsfeld der Staatssicherheit war die Öffentlichkeitsarbeit in der Ulbricht-Ära unmittelbar in die entsprechenden Aktivitäten des zentralen Parteiapparates der SED (Abteilungen Agitation und Propaganda des ZK, Agitationskommission des ZK) eingebunden. Auch die Beziehungen zu anderen staatlichen Akteuren, etwa dem Amt für Information oder der Generalstaatsanwaltschaft, waren vorrangig offizieller Natur. Der Einsatz von IM oder OibE spielte in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle. Eine prominente Ausnahme war der Publizist Julius Mader, der von 1962 bis 1989 OibE des MfS-Agitationsbereichs war und mit seinen geheimdienstspezifischen Büchern (z. B. Nicht länger geheim, 1966; Who’s who in CIA, 1968) durchaus Breitenwirkung erzielte. In den 50er Jahren konzentrierte sich die MfS-Agitation darauf, "Diversanten", "Spione" und ihre westlichen "Hintermänner" anzuprangern. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde ab 1953 im Rahmen der Strategie der "Konzentrierten Schläge" erheblich intensiviert. Große Verhaftungsaktionen mit den Codenamen "Feuerwerk" (1953), "Pfeil" (1954) und "Blitz" (1955), die jeweils zu Hunderten von Festnahmen führten, wurden mit Pressekonferenzen beendet. Hierbei wurden auch "reumütige" Agenten vorgeführt, bei denen es sich zumeist um abgezogene IM der Staatssicherheit handelte. Außerdem gehörten Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und der Kino-Wochenschau ebenso dazu wie Ausstellungen und Vorträge von hohen MfS-Kadern in Betriebsversammlungen.
Ab Ende der 50er Jahre konzentrierten sich die Öffentlichkeitsarbeit des MfS auf die elektronischen Medien und den Film. Besonders erfolgreich war der vom MfS inspirierte und 1963 gedrehte Spielfilm "For eyes only" über die spektakuläre Entwendung einer Agentenkartei aus der Würzburger Dienststelle des amerikanischen Militärgeheimdienstes MID durch den "Kundschafter" Horst Hesse. In den 60er Jahren hatte die Öffentlichkeitsarbeit des MfS in erster Linie Westdeutschland im Blick und arbeitete hierbei mit dem Agitationsapparat des ZK der SED zusammen. In Publikationen und auf internationalen Pressekonferenzen unter dem Vorsitz von Politbüromitglied Albert Norden wurden Themen wie die Aufrüstung der Bundeswehr oder die Nazivergangenheit bundesdeutscher Funktionsträger angeprangert. Diese Kampagnen waren vor allem dann wirkungsvoll, wenn es gelang, auf konspirativem Wege einschlägige Nachrichten in westlichen Medien zu platzieren. Außerdem organisierte das MfS zu dieser Zeit die massenhafte Einschleusung von Propagandaschriften in die Bundesrepublik. Als sich die DDR-Führung mit dem SED-Parteitag 1967 auch offiziell von der gesamtdeutschen Perspektive verabschiedete, wandte sich auch die MfS-Agitation mehr DDR-internen Themen zu. Vorrangige Ziele waren jetzt die Stärkung der "Massenwachsamkeit" und die Pflege des "Vertrauensverhältnisses" zwischen Bevölkerung und MfS.
In der Phase der Entspannungspolitik veränderte sich der Charakter der Öffentlichkeitsarbeit beträchtlich. Mediale Angriffe auf die Bundesrepublik ließen stark nach. Künstlerische und journalistische Projekte des Agitationsbereichs, etwa zur "BRD-Menschenrechtsdemagogie" oder zur Übersiedlungsproblematik, erhielten von der politischen Führung kein grünes Licht mehr, weil sie nicht in die Politik der internationalen Normalisierung passten oder an tabuisierten innenpolitischen Problemen rührten. Die Medienpräsenz von MfS-Themen ging stark zurück. Ausnahmen blieben in den 70er Jahren die beiden großen, vom MfS inspirierten Fernsehfilmserien "Das unsichtbare Visier" (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) und "Rendezvous mit Unbekannt", die sich mit politisch unbedenklichen Sujets, der Auslandsspionage und der Frühzeit des MfS, befassten. Die Öffentlichkeitsarbeit beschränkte sich ansonsten auf ADN-Meldungen zu Kleinereignissen, wie z. B. dem "Missbrauch von Transitwegen" durch Fluchthelfer. Ab Mitte der 80er Jahre beklagten die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit im MfS die mangelnde Verwertbarkeit von internen Ermittlungsergebnissen und die abnehmende Bereitschaft von Autoren, mit der Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich ab Mitte der 70er Jahre vorrangig auf die Traditions- und Patenschaftsarbeit im direkten Kontakt mit Arbeitskollektiven und Schulen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Traditionspflege war aber auch nach innen, auf den eigenen Apparat, und auf andere bewaffnete Organe ausgerichtet. Diese sehr begrenzten Personenkreise erhielten Zugang zu Ausstellungen im sog. Informationszentrum des MfS in Berlin-Mitte und zu Broschüren mit den klassischen Geheimdienstthemen wie "CIA und BND", "Zersetzung der DDR-Jugend" oder "Tätigkeit des MfS gegen innere und äußere Feinde". Wie selbst eine interne Forschungsarbeit von 1989 bilanziert, scheiterte die Staatssicherheit in den 80er Jahren mit ihrem Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem MfS zu fördern.
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11784, Bl. 36-37
Im Herbst 1969 verbreitete sich in der DDR das Gerücht, die Rolling Stones würden am 7. Oktober ein Konzert auf dem West-Berliner Springer-Hochhaus spielen. Die Staatssicherheit beschäftigte dies auch noch nach dem vermeintlichen Konzerttermin. Ein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) informierte die Geheimpolizei über die Herkunft dieser Meldung.
In den 60er Jahren trat der Beat seinen Siegeszug um die Welt an. Mit der Musik von Bands wie den Beatles oder den Rolling Stones entwickelten junge Leute neue Vorlieben und distanzierten sich von der Generation ihrer Eltern. Eine neue Lebensart entstand vor allem im Westen, aber verzögert, abgeschwächt und verzerrt auch hinter dem Eisernen Vorhang. Nach dem Beginn der zweiten Entstalinisierung 1961 unter Nikita Chruschtschow lockerte 1963 auch die SED für kurze Zeit einige Verbote und Bevormundungen gegenüber Jugendlichen. In der Folge formierten sich auch hier Beat-Bands und Gruppen, die als westlich geltende Musik spielten.
Nach dem Sturz Chruschtschows beendete die SED jedoch diese kurze Phase der Liberalisierung auf dem "Kahlschlagplenum" im Dezember 1965. Funktionäre von SED und FDJ beäugten die Jugendlichen, die sich an westlicher Musik orientierten, zunehmend argwöhnisch, weil sich hier junge Menschen abseits der staatlich kontrollierten Massenorganisationen zusammenfanden. Dieser westliche Einfluss auf die eigene Gesellschaft erschien auch der Stasi gefährlich. Sie vermutete den direkten Versuch westlicher "Feindzentralen", die Jugend für sich zu gewinnen und damit einen Nährboden für Untergrundtätigkeiten in der DDR zu legen.
Im September 1969 gab der auch im Osten bekannte Moderator Kai Blömer in der RIAS-II-Sendung "Treffpunkt" bekannt, die Rolling Stones würden am 7. Oktober 1969 ein Konzert auf dem Springer-Hochhaus geben. Dies war nur ein Scherz, wie Blömer noch in derselben Sendung klarstellte. Unter DDR-Jugendlichen verbreitete sich dennoch ungehindert das Gerücht, dass am 20. Jahrestag der Gründung der DDR in West-Berlin ein Konzert der britischen Rockband stattfinden würde. Junge Leute aus der ganzen DDR verabredeten sich daraufhin für diesen Tag in Ost-Berlin. Die Stasi befürchtete einen gegen das SED-Regime gerichteten Aufruhr der Jugendlichen und wollte eine Menschenansammlung unweit der Staatsgrenze um jeden Preis verhindern, zumal wegen des Feiertages viele Berlinerinnen und Berliner sowie Gäste zum Volksfest ins Stadtzentrum strömten.
Aus diesem Grund verhinderte die Geheimpolizei bereits im Vorfeld im Rahmen der Aktion "Stafette" beabsichtigte Reisen von "negativen Jugendlichen" nach Berlin. Neben der "Rückführung in Heimatorte" wurden Aufenthaltsbeschränkungen und Berlin-Verbote erteilt sowie sogenannte "Aussprachen" mit den jungen Stones-Fans geführt. Die Zugänge zur Leipziger Straße wurden durch Volkspolizei, Staatssicherheit und FDJ-Ordnungsgruppen hermetisch abgeriegelt. Trotzdem hatten sich dort am Nachmittag des angekündigten Konzerts etwa 2.000 Jugendliche versammelt, die ihre Idole sehen wollten. Bis in die Nacht kam es seitens der Staatsmacht zu "Maßnahmen gegen kleinere Gruppen negativer Jugendlicher". Es folgten zahlreiche Verhaftungen wegen "Rowdytums" und "Zusammenrottung".
Ein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) berichtete der Stasi, dass das Gerücht über das Stones-Konzert aus einer Meldung des Radiosenders RIAS hervorging. Darauffolgende Rücksprachen mit dem Sender RIAS und einem Angestellten der Zeitung "B.Z." hätten ergeben, dass diese Nachricht auf eine DDR-Rundfunkanstalt zurückzuführen sei.
4. Seiner Meinung nach sollen aus dieser Rundfunkmeldung des DDR-Rundfunks Gerüchte entstanden sein, daß die "Rolling Stones" direkt im Lustgarten - Nähe Marx-Engels-Platz auftreten.
5. Die Meldung des DDR-Rundfunks sollte auf die beabsichtigte Provokation Westberlins hinweisen, jedoch seien dadurch erst die Menschen angezogen worden.
[Der Absatz wurde am Rand handschriftlich markiert.]
Der [anonymisiert] erklärte unserer Quelle in dem Gespräch, daß er es sehr bedaure, daß er keine Mitarbeiter seiner Zeitung in "Ostberlin" habe, welche ihm über solche Geschehnisse direkt berichten könnten. Er sei jetzt nur auf zufällige Augenzeugen angewiesen. Er sagte weiter, daß seine Zeitung keine Meldung mehr über die Zwischenfälle bringt, da ihm die ganze Sache zu dumm sei.
[Teile des Absatzes wurden am Rand handschriftlich markiert.]
Leiter der Hauptabteilung VIII
i. V.
[Unterschrift]
Bauer
Oberstleutnant
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung)
1950 wurde die selbstständige Abteilung VIII gebildet. Aufgabe der 1958 in Hauptabteilung VIII umbenannten Diensteinheit war es, im Auftrag anderer MfS-Abteilungen operative Beobachtungen und Ermittlungen durchzuführen.
Ihre Standardmethoden waren Mitschnitte von Telefongesprächen, heimliche Fotoaufnahmen, Videoüberwachung, verdeckte Wohnungsdurchsuchungen sowie gewaltsames Eindringen in fremde Objekte aller Art in Ost und West. Neben Beobachtungen, Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen in der DDR gehörten auch "aktive operative Maßnahmen in und nach dem Operationsgebiet" zu den Aufgaben der Hauptabteilung VIII. Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und IM reisten unter falschem Namen über getarnte Grenzschleusen ins westliche Operationsgebiet, wo sie Nachforschungen anstellten und Personen und Gebäude überwachten. Auch Anschläge und Entführungen gehörten zum operativen Geschäft dieser MfS-Abteilung.
Ende 1988 arbeiteten in der Hauptabteilung VIII 1.509 und in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen 2.960 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Neben diesen 4.469 hauptamtlichen unterstanden der Hauptabteilung VIII 1.198 IM (darunter 124 West-IM). Hinzu kamen etwa 3.500 IM in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen.
In den 50er Jahren wirkte die Hauptabteilung VIII an zahlreichen Unrechtshandlungen des SED-Regimes mit. So entführte sie u. a. in den Westen geflohene MfS Mitarbeiter, die später als Verräter hingerichtet wurden (Entführung). Seit dem Mauerbau konzentrierte sich die Hauptabteilung VIII überwiegend auf Überwachungsmaßnahmen in der DDR. Nach dem Grundlagenvertrag und dem Transitabkommen versuchte sie, Republikfluchten und unerlaubte Kontakte zwischen DDR-Bürgern und Westdeutschen zu verhindern.
Zur Überwachung des innerdeutschen Reiseverkehrs errichtete die Hauptabteilung VIII an Grenzübergängen Beobachtungsstützpunkte. Im Zuge des POZW mit den DDR-Grenztruppen, der DDR-Zollverwaltung und den Bereichen Passkontrolle und Fahndung der HA VI des MfS sollten "Reisespione" und "operativ interessante Personen" (westdeutsche Politiker, ausländische Unternehmer und Geschäftsleute, Korrespondenten, Journalisten und Westverwandte von verdächtigen DDR-Bürgern) beobachtet werden. Mit großem Aufwand beobachtete die Hauptabteilung VIII Patrouillen der Westalliierten. Sie sammelte Belege für "subversive Handlungen und Aktivitäten", erfasste StVO-Verstöße und Sperrgebietsverletzungen.
Seit Juni 1989 war die Hauptabteilung VIII für die Überwachung von NVA-Angehörigen außerhalb des Dienstes zuständig. Bei der Spuren- und Beweissicherung konzentrierte sie sich auf "schwerwiegende Vorkommnisse" innerhalb der NVA und Grenztruppen: Spionage, Fahnenflucht, Westkontakte und Fluchtversuche. Ihre letzten Einsätze hatten die MfS-Offiziere der Hauptabteilung VIII im Herbst 1989, die zugleich deren personelle und logistische Kapazitäten überstiegen: Immer öfter mussten Angehörige der Hauptabteilung VIII zu außerplanmäßigen Großeinsätzen ausrücken, um an verdächtigen Gottesdiensten teilzunehmen und Demonstrationen zu beobachten oder vorbeugend einzudämmen.
Konspirative Ermittlungsmethode, auch als "Maßnahme B" bezeichnet, wurde definiert als "akustische Überwachung in geschlossenen und von begrenzten freien Räumen". MfS-Techniker der Abteilung 26 bauten Abhöranlagen heimlich in Hotels, Haftanstalten, Wohn- und Geschäftsräumen ein. Raumüberwachungen wurden nicht nur in konkreten Verdachtsfällen veranlasst, sondern dienten teilweise auch der vorbeugenden Überwachung.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Regime, auch Regimeverhältnisse, bezeichnet die Gesamtheit der Verhältnisse und Lebensbedingungen eines Landes oder geographischen Raumes (z. B. politische Entwicklungen, administrative Strukturen, kulturelle Besonderheiten, behördliche Sicherheitsvorkehrungen), deren Kenntnis für ein effektives und unauffälliges nachrichtendienstliches Handeln notwendig war. Mit diesen Kenntnissen sollten vor allem das IM-Netz im Westen und der grenzüberschreitende Agentenreiseverkehr geschützt werden.
So sollten IM im Westeinsatz wissen, wie die bundesdeutsche Spionageabwehr arbeitete, wie streng Meldeformalitäten in Hotels gehandhabt wurden, wie man sich als durchschnittlicher Bundesbürger verhielt usw. Die Abteilung VI der HV A hatte die Aufgabe, systematisch Informationen über das Regime im Operationsgebiet zu sammeln und in der SIRA-Teildatenbank 13 nachzuweisen.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Bericht über die Überprüfung eines Gerüchtes zu einem Auftritt der Rolling Stones Dokument, 1 Seite
Information zu einem Konzert auf dem Axel-Springer-Hochhaus Dokument, 1 Seite
Flugblatt mit Aufruf zum Treffen in Berlin Dokument, 1 Seite
Bericht zu einer vermuteten Verteilung von Flugblättern Dokument, 1 Seite