Signatur: BArch, MfS, AOP, Nr. 17683/62, Bd. 1, Bl. 24-33
Im April 1959 erstellte die MfS-Kreisdienststelle Lichtenberg einen Bericht über Vergiftungen im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde. Darin listet sie die verendeten Tiere sowie mögliche Täter und Tatmotive auf.
Am 2. Juli 1955 wurde der Tierpark auf dem Gelände des enteigneten Schlossparks Friedrichsfelde in Ost-Berlin eröffnet. Seine Entstehung war eng mit den politischen Entwicklungen der Nachkriegsjahre verknüpft: Der 1844 eröffnete und weltweit renommierte Berliner Zoologische Garten gehörte nach der Teilung zum Westteil der Stadt. Im Kontext des Kalten Krieges und der Systemkonkurrenz wollte die SED-Führung verhindern, dass die DDR auf diesem Gebiet ins Hintertreffen geriet. Mit dem Aufbau eines eigenen Tierparks erhoffte sie sich internationale Anerkennung der noch jungen DDR.
Als Schau- und Handelsobjekten kam den Tieren ein hoher Wert zu. Tierpark und Zoo versuchten sich auf diesem Gebiet gegenseitig zu übertrumpfen. Jeder wollte seinen Besucherinnen und Besuchern die exotischsten Exemplare präsentieren. Ein Großteil der Tiere für Ost-Berlin kam aus sozialistischen "Bruderstaaten" wie der Sowjetunion, China oder Vietnam.
Als politisch und volkswirtschaftlich bedeutendes Objekt war der Tierpark von Beginn an staatlicher Überwachung ausgesetzt. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ließ sich unter anderem über internationale Konferenzen im Tierpark und den Zustand der Tierhäuser im Winter berichten. In einzelnen Fällen ging es aber auch gezielt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.
Ab April 1958 verendeten im Tierpark Friedrichsfelde vermehrt Tiere mit Vergiftungserscheinungen. Betroffen waren sowohl Tiere in den Gehegen als auch im Quarantänelager. Als die Todesfälle Anfang 1959 zunahmen, schaltete sich das MfS ein. Wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung legte die Stasi am 26. Februar 1959 einen Überprüfungsvorgang an. Darin ermittelte sie gegen mehrere Tierpfleger. Gerade in der Anfangszeit des Tierparks bedeutete der Verlust von zum Teil sehr wertvollen Tieren einen hohen Schaden. Außerdem drohte das Ansehen des Tierparks unter den Vorfällen zu leiden.
Die Ermittlungen fielen in den Zuständigkeitsbereich der MfS-Kreisdienststelle (KD) Lichtenberg, die sich direkt neben dem Tierpark befand. Durch Beobachtungen, Postüberwachung und den Einsatz geheimer Informatoren (GI) versuchte sie gemeinsam mit der Volkspolizei (VP), den Verantwortlichen für die Tiervergiftungen zu überführen.
In einem ersten zusammenfassenden Bericht von April 1959 bezeichnete die KD die Vorfälle als "Schädlingstätigkeit". Diese sei gegen einen der "größten kulturellen Erfolge[n]" der DDR und "eines der größten NAW-Projekte Berlins" gerichtet. "Schädlingstätigkeit und Sabotage" zählten gemäß § 23 Strafergänzungsgesetz vom 11. Dezember 1957 zu den Staatsverbrechen und wurden besonders schwer bestraft.
Der Bericht enthält eine Auflistung der vergifteten Tiere in den Gehegen und in der Quarantänestation. Letztere stammten aus dem Bestand eines österreichischen Tierhändlers und hatten auf ihrem Weg Richtung Westen einen Zwischenstopp im Tierpark eingelegt. Den größten Teil des Dokuments nimmt eine Aufzählung möglicher Täter und Tatmotive ein. Das MfS hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen Hauptverdächtigen ins Visier genommen: den 24-jährige Günther Rabe (Name geändert), der seit 1. September 1955 als Tier-, später als Oberpfleger im Tierpark arbeitete.
Am Ende des Berichts betonen die beiden Verfasser von der KD Lichtenberg, dass alle Treffen der VP mit GI vorher mit der Staatssicherheit abzusprechen seien. Diese besitze außerdem ein Einspruchsrecht. Daran wird deutlich, dass das MfS bei den Ermittlungen das Sagen hatte.
14 Tage leisten kann.
g. Seine Schwiegermutter Frau
[unterstrichen: [anonymisiert]]
wohnhaft, Bln. [anonymisiert] (Westberlin)
wurde vor einiger Zeit schon republiksflüchtig. Unter der angegebenen Adresse unterhält sie eine 4 - Zimmerwohnung in einen Neubau, ohne daß bekannt ist, welcher Arbeit sie nachgeht. Einen Mann hat sie nicht mehr, der sie unterhält.
h. Uns wurde bekannt, daß der [pseudonymisiert: Rabe] vor seiner Eheschließung in Berlin - Lichtenberg versuchte, in Westberlin getraut zu werden. Dabei gab er sich als Staatenloser aus. Aus einen noch unbekannten Grunde hat er dann aber doch in Lichtenberg geheiratet.
i. [pseudonymisiert: Rabe] besitzt über enorme Beziehungen nach Westdeutschland und Westberlin.
Westdeutschland:
- [pseudonymisiert: Neuhaus]:
Diese Firma handelt einmal mit Zootieren, aber auch mit Wisky. [pseudonymisiert: Rabe] muß mit dem Inhaber persönlich gut bekannt sein, den er arbeitet sogar hierbei mit Decknamen. So wurde durch GI bekannt, daß er einmal per Telefon mit dieser Firma sprach und bestimmte Preislisten anforderte. [unterstrichen: So wurde dann auch mit dem GI vereinbart, daß der [pseudonymisiert: Rabe] Tiere illegal aus Westdeutschland von dieser Firma einführt, die dann hier im demokratischen Sektor und in der DDR weiter verkauft werden.] Es handelt sich hierbei um Terrarientiere, die stark gefragt sind. Die Verbindung soll in Zukunft sogar so weit gehen, daß der GI Tiere mit nach Polen und die UdSSR nehmen soll, bzw. welche von dort aus mitbringen soll. Der GI fährt offiziell im Auftrage das Tierparkes oft dorthin, um Tiertransporte von dort aus abzuholen. Hierbei vereinbarte der [pseudonymisiert: Rabe] auch mit dem GI, daß bei Auftauchen eines Interessenten der [pseudonymisiert: Rabe] mit folgernden Spruch angerufen werden soll: [unterstrichen: "Edwin ist gekommen."]
- [pseudonymisiert: Walther Haußner]
Diesen [pseudonymisiert: Haußner] kennt der [pseudonymisiert: Rabe] bereits schon von Leipzig her, wo dieser wohl wegen Steuerhinterziehung geflüchtet ist. Er hat jetzt in [anonymisiert] in Westdeutschland an der Holländischen Grenze einen Tierhandel. [pseudonymisiert: Rabe] war wären einer Reise nach Westdeutschland auch bei diesen [pseudonymisiert: Haußner], mit dem er auch illegal in Holland war. Zusammen mit diesen [pseudonymisiert: Haußner] hat er illegal einen Schimpansen nach Berlin geschoben, den der [pseudonymisiert: Haußner] dann dem Tierpark schenkte. Dabei hat sich der [pseudonymisiert: Haußner] und der [pseudonymisiert: Rabe] einen guten Namen gemacht.
- [unterstrichen: Ruhe], Hannover
Die Firma Ruhe ist die größe Tierhandelsfirma Westdeutschland und besitzt noch außerdem Zoologische Gärten in Westdeutschland und auch in New York. Der [pseudonymisiert: Rabe] soll im Herbst 1958 einmal in Westdeutschland bei diesen Ruhe gewesen sein, um dort über eine Anstellung mit diesen zu sprechen. Diese Angaben sind jedoch noch nicht überprüft.
Fest steht jedoch, daß der Ruhe der größte [unterstrichen: Kontrahent] [handschriftliche Ergänzung: ?] des Tierhändlers Demmers ist, dem hier im Tierpark große Verluste zugefügt wurden.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Der Überprüfungsvorgang war eine Vorgangsart von 1953 bis 1960; bei Verdacht einer "feindlichen Tätigkeit" gegen eine oder mehrere Personen gerichtet. Bei Verdachtsbestätigung sollte entweder eine Verhaftung oder die Überführung in einen Operativen Vorgang (Einzelvorgang, Gruppenvorgang) erfolgen. Überprüfungsvorgänge waren zentral in der Abt. XII zu registrieren; betroffene Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Objektkartei (F 17) zu erfassen. 1960 wurde der Überprüfungsvorgang in die Vorgangsart Vorlauf Operativ überführt.
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Signatur: BArch, MfS, AOP, Nr. 17683/62, Bd. 1, Bl. 24-33
Im April 1959 erstellte die MfS-Kreisdienststelle Lichtenberg einen Bericht über Vergiftungen im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde. Darin listet sie die verendeten Tiere sowie mögliche Täter und Tatmotive auf.
Am 2. Juli 1955 wurde der Tierpark auf dem Gelände des enteigneten Schlossparks Friedrichsfelde in Ost-Berlin eröffnet. Seine Entstehung war eng mit den politischen Entwicklungen der Nachkriegsjahre verknüpft: Der 1844 eröffnete und weltweit renommierte Berliner Zoologische Garten gehörte nach der Teilung zum Westteil der Stadt. Im Kontext des Kalten Krieges und der Systemkonkurrenz wollte die SED-Führung verhindern, dass die DDR auf diesem Gebiet ins Hintertreffen geriet. Mit dem Aufbau eines eigenen Tierparks erhoffte sie sich internationale Anerkennung der noch jungen DDR.
Als Schau- und Handelsobjekten kam den Tieren ein hoher Wert zu. Tierpark und Zoo versuchten sich auf diesem Gebiet gegenseitig zu übertrumpfen. Jeder wollte seinen Besucherinnen und Besuchern die exotischsten Exemplare präsentieren. Ein Großteil der Tiere für Ost-Berlin kam aus sozialistischen "Bruderstaaten" wie der Sowjetunion, China oder Vietnam.
Als politisch und volkswirtschaftlich bedeutendes Objekt war der Tierpark von Beginn an staatlicher Überwachung ausgesetzt. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ließ sich unter anderem über internationale Konferenzen im Tierpark und den Zustand der Tierhäuser im Winter berichten. In einzelnen Fällen ging es aber auch gezielt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.
Ab April 1958 verendeten im Tierpark Friedrichsfelde vermehrt Tiere mit Vergiftungserscheinungen. Betroffen waren sowohl Tiere in den Gehegen als auch im Quarantänelager. Als die Todesfälle Anfang 1959 zunahmen, schaltete sich das MfS ein. Wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung legte die Stasi am 26. Februar 1959 einen Überprüfungsvorgang an. Darin ermittelte sie gegen mehrere Tierpfleger. Gerade in der Anfangszeit des Tierparks bedeutete der Verlust von zum Teil sehr wertvollen Tieren einen hohen Schaden. Außerdem drohte das Ansehen des Tierparks unter den Vorfällen zu leiden.
Die Ermittlungen fielen in den Zuständigkeitsbereich der MfS-Kreisdienststelle (KD) Lichtenberg, die sich direkt neben dem Tierpark befand. Durch Beobachtungen, Postüberwachung und den Einsatz geheimer Informatoren (GI) versuchte sie gemeinsam mit der Volkspolizei (VP), den Verantwortlichen für die Tiervergiftungen zu überführen.
In einem ersten zusammenfassenden Bericht von April 1959 bezeichnete die KD die Vorfälle als "Schädlingstätigkeit". Diese sei gegen einen der "größten kulturellen Erfolge[n]" der DDR und "eines der größten NAW-Projekte Berlins" gerichtet. "Schädlingstätigkeit und Sabotage" zählten gemäß § 23 Strafergänzungsgesetz vom 11. Dezember 1957 zu den Staatsverbrechen und wurden besonders schwer bestraft.
Der Bericht enthält eine Auflistung der vergifteten Tiere in den Gehegen und in der Quarantänestation. Letztere stammten aus dem Bestand eines österreichischen Tierhändlers und hatten auf ihrem Weg Richtung Westen einen Zwischenstopp im Tierpark eingelegt. Den größten Teil des Dokuments nimmt eine Aufzählung möglicher Täter und Tatmotive ein. Das MfS hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen Hauptverdächtigen ins Visier genommen: den 24-jährige Günther Rabe (Name geändert), der seit 1. September 1955 als Tier-, später als Oberpfleger im Tierpark arbeitete.
Am Ende des Berichts betonen die beiden Verfasser von der KD Lichtenberg, dass alle Treffen der VP mit GI vorher mit der Staatssicherheit abzusprechen seien. Diese besitze außerdem ein Einspruchsrecht. Daran wird deutlich, dass das MfS bei den Ermittlungen das Sagen hatte.
Westberlin:
- [anonymisiert], Oberwärter des Westberliner ZOO. Diese Verbindung konnte bisher noch nicht näher geklärt werden. Vermutlich hat er hierzu nur dienstliche Beziehungen. Bekannt ist jedoch, daß der [pseudonymisiert: Rabe] vor ca. 1 Jahr versucht hat, im Westberliner Zoo eine Anstellung zu finden. Dieser Versuch ist angeblich daran gescheitert, weil der Direktor des Westberliner Zoo den Prof. Dathe davon in Kenntnis setzte, der sich dafür einsetzte, daß dieser Plan nicht glückt. Mit Dathe wurde hierüber noch nicht gesprochen, um seine Aufmerksamkeit nicht auf diesen zu lenken.
- [anonymisiert]
Pfleger der Menschenaffen im Westberliner Zoo. Diese Verbindung kann ebenfalls rein dienstlicher Natur sein, zumal [pseudonymisiert: Rabe] hier ebenfalls nebenbei noch mit als Affanwärter für die Schimpansen tätig ist.
- [pseudonymisiert: Arnold Messner]; Artistennamen: [anonymisiert]
Dieser [pseudonymisiert: Messner] war früher Oberwärter im Dresdener Zoo und kündigte dort wegen starken Meinungsverschiedenheiten mit dem Direktor Ullrich. Er gründete dann eine Artistennummer mit einen schwarzen Panther, womit er bald sehr bekannt wurde. Tierpfleger bei ihm war der [pseudonymisiert: Rabe]. Beide waren im Zikus Aeros. [pseudonymisiert: Messner] ist durch seine Gewaltdressuren bekannt. Er schleuderte seinen Panther mehrere Male gegen das Gitter, ehe er mit ihm arbeitete, damit das Tier eingeschüchtert wird.
Von einer Auslandstournee, an der auch [pseudonymisiert: Rabe] teilnahm, kehrte er nicht zurück. Während seiner Zeit als Artist kaufte er in Westberlin ein Lokal im [anonymisiert], daß er seinen Schwiegervater [anonymisiert] übergab. Später verkaufte er seine Tiernummer und lebt nun bei seinem Schwiegervater in dem genannten Lokal.
Festgestellt wurde, daß der [pseudonymisiert: Rabe] zu diesen [pseudonymisiert: Messner] die Verbindung wieder aufnahm und auch heute noch hat. Er will auch den GI mit diesen Mann in Verbindung bringen. Wahrscheinlich hängt dieser auch mit den Tierschiebungen in Zusammenhang, falls von dort aus nicht noch andere Aufträge kommen.
Interessanterweise kennt der [pseudonymisiert: Messner] den
[pseudonymisiert: Holger Dietrich]
geb. am [anonymisiert]1909
gut. [pseudonymisiert: Dietrich] war früher Besitzer das gleichnamigen [anonymisiert]unternehmen und unternahm auch verschiedene Geschäfte mit dem Dresdner Zoo, woher sich beide kennen. 1957 flüchtete der [pseudonymisiert: Dietrich] nach Westberlin wegen Steuerhinterziehung. Der Restbestand an Tieren wurde damals dem Zirkus Barley übergeben. [pseudonymisiert: Dietrich] wurde bei uns noch unrühmlich bekannt, als er sich eine Gruppe verbrecherischer Elemente anwarb, die den Versuch unternahmen, aus dem Zirkus Barley Pferde zu stehlen (Siehe auch den Film: Alarm im Zirkus). [pseudonymisiert: Dietrich] soll jetzt in Westdeutschland oder Westberlin ein kleines Zirkusunternehmen haben. Ob noch Verbindungen zu diesen [pseudonymisiert: Dietrich] vom [pseudonymisiert: Messner] aus bestehen, ist unbekannt, jedoch möglich.
j. [pseudonymisiert: Rabe] beschäftigt sich noch nebenbei, wie bereits angedeutet, mit illegalen Tierschmuggel. Durch einen GI wurde bekannt, daß er die Tiere aus Westdeutschland, so auch von der Firma Ruhe und
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Der Überprüfungsvorgang war eine Vorgangsart von 1953 bis 1960; bei Verdacht einer "feindlichen Tätigkeit" gegen eine oder mehrere Personen gerichtet. Bei Verdachtsbestätigung sollte entweder eine Verhaftung oder die Überführung in einen Operativen Vorgang (Einzelvorgang, Gruppenvorgang) erfolgen. Überprüfungsvorgänge waren zentral in der Abt. XII zu registrieren; betroffene Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Objektkartei (F 17) zu erfassen. 1960 wurde der Überprüfungsvorgang in die Vorgangsart Vorlauf Operativ überführt.
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Signatur: BArch, MfS, AOP, Nr. 17683/62, Bd. 1, Bl. 24-33
Im April 1959 erstellte die MfS-Kreisdienststelle Lichtenberg einen Bericht über Vergiftungen im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde. Darin listet sie die verendeten Tiere sowie mögliche Täter und Tatmotive auf.
Am 2. Juli 1955 wurde der Tierpark auf dem Gelände des enteigneten Schlossparks Friedrichsfelde in Ost-Berlin eröffnet. Seine Entstehung war eng mit den politischen Entwicklungen der Nachkriegsjahre verknüpft: Der 1844 eröffnete und weltweit renommierte Berliner Zoologische Garten gehörte nach der Teilung zum Westteil der Stadt. Im Kontext des Kalten Krieges und der Systemkonkurrenz wollte die SED-Führung verhindern, dass die DDR auf diesem Gebiet ins Hintertreffen geriet. Mit dem Aufbau eines eigenen Tierparks erhoffte sie sich internationale Anerkennung der noch jungen DDR.
Als Schau- und Handelsobjekten kam den Tieren ein hoher Wert zu. Tierpark und Zoo versuchten sich auf diesem Gebiet gegenseitig zu übertrumpfen. Jeder wollte seinen Besucherinnen und Besuchern die exotischsten Exemplare präsentieren. Ein Großteil der Tiere für Ost-Berlin kam aus sozialistischen "Bruderstaaten" wie der Sowjetunion, China oder Vietnam.
Als politisch und volkswirtschaftlich bedeutendes Objekt war der Tierpark von Beginn an staatlicher Überwachung ausgesetzt. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ließ sich unter anderem über internationale Konferenzen im Tierpark und den Zustand der Tierhäuser im Winter berichten. In einzelnen Fällen ging es aber auch gezielt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.
Ab April 1958 verendeten im Tierpark Friedrichsfelde vermehrt Tiere mit Vergiftungserscheinungen. Betroffen waren sowohl Tiere in den Gehegen als auch im Quarantänelager. Als die Todesfälle Anfang 1959 zunahmen, schaltete sich das MfS ein. Wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung legte die Stasi am 26. Februar 1959 einen Überprüfungsvorgang an. Darin ermittelte sie gegen mehrere Tierpfleger. Gerade in der Anfangszeit des Tierparks bedeutete der Verlust von zum Teil sehr wertvollen Tieren einen hohen Schaden. Außerdem drohte das Ansehen des Tierparks unter den Vorfällen zu leiden.
Die Ermittlungen fielen in den Zuständigkeitsbereich der MfS-Kreisdienststelle (KD) Lichtenberg, die sich direkt neben dem Tierpark befand. Durch Beobachtungen, Postüberwachung und den Einsatz geheimer Informatoren (GI) versuchte sie gemeinsam mit der Volkspolizei (VP), den Verantwortlichen für die Tiervergiftungen zu überführen.
In einem ersten zusammenfassenden Bericht von April 1959 bezeichnete die KD die Vorfälle als "Schädlingstätigkeit". Diese sei gegen einen der "größten kulturellen Erfolge[n]" der DDR und "eines der größten NAW-Projekte Berlins" gerichtet. "Schädlingstätigkeit und Sabotage" zählten gemäß § 23 Strafergänzungsgesetz vom 11. Dezember 1957 zu den Staatsverbrechen und wurden besonders schwer bestraft.
Der Bericht enthält eine Auflistung der vergifteten Tiere in den Gehegen und in der Quarantänestation. Letztere stammten aus dem Bestand eines österreichischen Tierhändlers und hatten auf ihrem Weg Richtung Westen einen Zwischenstopp im Tierpark eingelegt. Den größten Teil des Dokuments nimmt eine Aufzählung möglicher Täter und Tatmotive ein. Das MfS hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen Hauptverdächtigen ins Visier genommen: den 24-jährige Günther Rabe (Name geändert), der seit 1. September 1955 als Tier-, später als Oberpfleger im Tierpark arbeitete.
Am Ende des Berichts betonen die beiden Verfasser von der KD Lichtenberg, dass alle Treffen der VP mit GI vorher mit der Staatssicherheit abzusprechen seien. Diese besitze außerdem ein Einspruchsrecht. Daran wird deutlich, dass das MfS bei den Ermittlungen das Sagen hatte.
[pseudonymisiert: Neuhaus], per Luftpost nach Westberlin in die Wohnung seiner [unterstrichen: Schwiegermutter] erhält, von wo aus er den weiteren Handel treibt. Ende der Woche wird der erste Transport erwartet, von dem uns über den GI Mitteilung gemacht wurde. Es handelt sich hierbei um Leguane, seltene Eidechsen und um jugoslavische Schlangen. Der Wert wird auf ungefähr 500,- DM geschätzt. Die Verbindungsleute sind bis jetzt noch nicht bekannt, doch bestehen berechtigte Aussichten, diese bald zu erfahren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß von allen verdächtigten Personen innerhalb das Tierparks der [pseudonymisiert: Rabe] eins besondere Rolle spielt und somit als die am verdächtigsten erscheinende Person angesehen und operativ bearbeitet werden muß. Die gesamte Arbeit der Kreisdienststelle und auch der VP ist deshalb hauptsächlichst auf den [pseudonymisiert: Rabe] ausgerichtet.
Bis jetzt wurde einmal ein GI angeworben, der schon im gewissen Maße das Vertrauen des [pseudonymisiert: Rabe] genießt. Dieser GI arbeitet mit dem Gen. Hass von der VP zusammen. Die Treffs werden vorher mit uns abgesprochen und anschließend ausgewertet, so daß einmal keine [unterstrichen: Überschneidungen und zum anderen keine Gefährdung des Vorgang geschehen kann. Das Einspruchsrecht haben wir uns auf jeden Fall vorbehalten.]
Zum anderen wurden noch 4 weitere GI-s der Kreisdienststelle auf den [pseudonymisiert: Rabe] konzentriert, so daß eine allseitige Kontrolle stattfindet. Mit der Abt. VIII der Verwaltung wurde bereits eins Beobachtung des [pseudonymisiert: Rabe] durchgeführt, wovon daß Ergebnis jedoch noch nicht bekannt ist. Mit [pseudonymisiert: Rabe] selbst wurde von Seiten der Kreisdienststelle über den Prof. Dr. Dathe Kontakt hergestellt, so daß Treffs mit ihm durchgeführt werden. Diese Maßnahme wurde deshalb durchgeführt, weil sonst eine Beobachtung des [pseudonymisiert: Rabe] fast unmöglich gemacht wäre. Außerdem wurde auf diese Art das Selbstbewußtsein des [pseudonymisiert: Rabe] im größten Maße [unterstrichen: gestärkt, so daß er sich in keiner Hinsicht gefährdet sieht.
Weitere Maßnahmen zur Bearbeitung des [pseudonymisiert: Rabe] werden im Anschluß festgelegt.]
Einschätzend zum Vorgang muß noch erwähnt werden, daß die Arbeit im Tierpark sich recht schwierig gestaltet, daß in der Leitung des Parkes bis jetzt noch keine Person vorhanden ist, dem Vertrauen geschenkt werden kann. Alle Funktionäre das Parkes, einschließlich des [anonymisiert], der der einzige Genosse der Leitung ist, sind außerordentlich dem Prof. Dathe hörig, so daß jeder Hinweis an diese Personen sofort bei dem Prof. Dathe landen würde, der wiederum im höchsten Maße auf seinen guten Ruf bedacht ist und unüberlegte Maßnahmen treffen könnte. Außerdem erscheint er in gewisser Hinsicht sehr leichtgläubig zu sein.
[Unterschrift]
(Arndt)
O'Feldw.
[Unterschrift]
(Hanebutt)
Unterleutnant
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Der Überprüfungsvorgang war eine Vorgangsart von 1953 bis 1960; bei Verdacht einer "feindlichen Tätigkeit" gegen eine oder mehrere Personen gerichtet. Bei Verdachtsbestätigung sollte entweder eine Verhaftung oder die Überführung in einen Operativen Vorgang (Einzelvorgang, Gruppenvorgang) erfolgen. Überprüfungsvorgänge waren zentral in der Abt. XII zu registrieren; betroffene Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Objektkartei (F 17) zu erfassen. 1960 wurde der Überprüfungsvorgang in die Vorgangsart Vorlauf Operativ überführt.
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