Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 267-281
Zusammenfassender Bericht vom 17. Juni 1953 über die Ereignisse in Berlin und den übrigen Bezirken in der DDR. Die Stasi schilderte darin den Verlauf der Entwicklungen des Aufstandes. Außerdem informierte sie über die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnissen, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument fasste Stasi die Ereignisse des 17. Juni 1953 in einer Übersicht zusammen. Der Bericht schilderte zunächst die Entwicklungen in Berlin. In einem zweiten Teil trugen MfS-Mitarbeiter Meldungen aus den übrigen Bezirken zusammen. Darin machten sie auch auf die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnisse, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen aufmerksam.
f) Gesellschaftliche Institutionen:
Rowdys versuchten in das Gebäude des Rundfunk-Komitees einzudringen.
g) Provokateure aus dem Westen:
In der Gegend Brunnenstraße - Bernauer-Straße geben Lautsprecherwagen bekannt, daß sich die Gruppen am S-Bahnhof Gesundbrunnen sammeln sollen.
In der Brunnen-Straße wurde schwer demoliert. Der Asphalt der Straße wurde aufgerissen und Barrikaden gebaut.
Westlich entlang der Sektorengrenze sammeln sich die Mitglieder des BDJ.
In der Invaliden-Straße Lehrer-Str. Seidler-Str. Rathaus-Str. sammeln sich Mitglieder des BDJ. (nach einer Meldung von 17.20 Uhr)
In der Brunnen-Straße-Ecke Bernauer-Str. wurde die Polizeistelle demoliert, die Fahne angebrannt, Einrichtungen auf die Straße geworfen.
Am "Walter-Ulbricht-Stadion" sind alle Aufklärungslokale demoliert und wurden ausgebrannt. Die Täter sind 15 - 17 jähre Burschen.
In der Fahrmeisterei West hat ein Beauftragter der englischen Militär-Kommandantur den Genossen aufgefordert den Bahnhof zu öffnen, andernfalls er nach Ablauf von 24 Stunden diesen öffnen lassen wird.
13.17 wird gemeldet, daß ein Flugzeug über Rummelsburg Flugblätter abgeworfen hat.
Vom Brandenburger-Tor wird gemeldet, daß vor jedem Demonstrationszug Radfahrer fahren, die die Verbindung mit dem Westsektor aufrecht erhalten. Sie stehen in Verbindung mit dem PKW Nr. 028.895
In einem Demonstrationszug in der Stalin-Allee befindet sich eine starke westliche Agentengruppe und verteilt Flugblätter.
h) Festnahmen:
Namentlich liegen noch wenige Meldungen über Festnahmen vor. Insgesamt wurden gegen Abend etwa 160 Festnahmen gemeldet. Darunter befinden sich Personen, die sehr stark belastet sind.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Der Volksaufstand im Kreis Rathenow 5 Fotografien
Haftbefehl gegen einen Mann, der Fotos des Volksaufstandes in Rathenow gemacht hatte Dokument, 1 Seite
Gesamtübersicht über die Ereignisse in den Tagen um den 17. Juni 1953 im Bezirk Dresden Dokument, 26 Seiten
Meldung zu Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 2 Seiten