Bericht über einen Vorfall an der Wache des "Objektes 76" in Helenenau
Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 794, Bd. 2, Bl. 53
In Helenenau betrieb die Abteilung XXII (Terrorabwehr) ein geheimes Ausbildungsobjekt. Die Anwohner ahnten, was auf dem abgeschiedenen Gelände vor sich ging und stellten bereits vor 1989 Nachfragen.
Die Abteilung XXII, zuständig vor allem für die Beobachtung und Unterstützung des Links- und Rechtsterrorismus im Westen und im Nahen Osten, verfügte auch über Spezialkräfte für die praktische Bekämpfung von Terroristen. Neben dem Dienstsitz des Leiters in Berlin-Hohenschönhausen verfügte die Diensteinheit u.a. über das "Objekt 76" in Helenenau, ein getarntes Ausbildungsobjekt zur taktischen Schulung der Spezialkräfte.
Das Ausbildungsgelände wurde als das zentrale konspirative Ausbildungs- und Unterkunftsobjekt geführt. Dort wurden die Spezialkräfte für verschiedene Waffenarten geschult und in unterschiedlichen Nahkampftechniken trainiert. Darüber hinaus sollte "Objekt 76" als Ausweichführungsstelle des Leiters der Hauptabteilung XXII dienen, wenn es zu einem militärischen Konflikt gekommen wäre.
Die Berichterstattung von sogenannten "Gesellschaftlichen Mitarbeitern" des MfS lassen erkennen, dass den Anwohnern der umliegenden Ortschaften Elisenau, Börnicke und Birkholz bekannt war, dass es sich um ein Objekt des MfS handelte – und nicht um eine Versorgungseinrichtung des Ministerrats der DDR, wie die Legende lautete.
Davon zeugt auch der vorliegende Bericht. Dieser beschreibt einen Vorfall aus dem Oktober 1980, bei dem ein Mann und eine Frau an der Wache des Dienstobjektes klingelten und nachfragten, was auf dem Gelände vor sich gehe.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung XXII
- Datum:
- 20.10.1980
20.10.1980
Abtl. XXII RD
"Objekt 76"
Bericht
Am 19.10.1980 gegen 11 Uhr klingelte es am Objekttor.
Ich ging raus um nach zu sehen und erkannte eine Person und einen gelben Pkw. Ich ging ins Haus um den Torschlüssel zu holen, als ich wieder raus kam war der Pkw weg.
Ich konnte den Typ des Pkw auf Grund der Entfernung nicht erkennen.
Gegen 13 Uhr klingelte es abermals am Tor. Ich nahm gleich den Torschlüssel mit und ging ans Tor. Dort war ein junger Mann ca. 1,70 cm groß, ca 20 Jahre alt und erhatte dunkles und eine junge Frau ca. 29 Jahre alt, 1,65 cm groß und hellblondes Haar.
Sie fragten, was das hier werden soll und welche Firma hier baut. Die junge Frau sagte, daß sie hier früher mal gewohnt hat und auf Grund dessen wollten sie mal sehen was hier gebaut wird. Auf die Frage die sie mir stellte, antwortete ich im Rahmen unserer Legende. Sie vermuteten, das hier ein Armeeobjekt oder ein Objekt von der Staatssicherheit. Ich hatte den Eindruck, das die Legende die ich sagte von Ihnen glaubwürdig aufgenommen wurde.
Bernau den 20.10.1980
[geschwärzt]
[Handschriftliche Ergänzung: Die beiden Fußgänger waren nicht mit dem Kraftfahrer des PKW identsich.
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