Bericht über westliche Reaktionen nach dem Mauerbau
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 122-129
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben sowie über westliche Reaktionen.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe
- Datum:
- 29.8.1961
Auch die Desertionen von Angehörigen der Sicherungskräfte an der Grenze um Westberlin haben sich nicht erhöht.
Insgesamt desertierten 3 Angehörige der VP-Bereitschaften:
[anonymisiert], 1. Kp. der 2. MA, der als Posten an der Sebastianstraße eingesetzt war. [anonymisiert] wurde von westl.Seite angesprochen und aufgefordert zu flüchten. Zunächst reagierte er und der mit ihm eingesetzte Wm. nicht darauf. Als sich aber derWm. zu einem Kontrollgang abwandte, nutzte [anonymisiert] dies zur Flucht aus. Von westl.Seite wurde u.a. damit argumentiert, daß alles bereit stehe und er schnell kommen möchte, ehe es zu spät sei.
[anonymisiert] und
[anonymisiert], beide von der 1. Bereitschaft, 3.Abt. Abschnitt 6. Sie nutzten für ihre Flucht den Postendienst zwischen den KP 70/71 aus.
In einem Falle wurde durch [anonymisiert] und [anonymisiert] die Fahnenflucht des [anonymisiert] (3.Kp.8.Bereitschaft) verhindert. [anonymisiert] befand sich bereits mit den Füßen auf der anderen Seite des Absperrdrahtes. Er wurde arrestiert.
Ohne die Lage in den bewaffneten Kräften wesentlich negativ zu beeinflussen, mehren sich jedoch die Beispiele unzufriedener und unklarer Diskussionen. Besonders wird erklärt, daß doch alles ruhig sei und man deshalb gewisse Erleichterungen schaffen könne. Dabei wird vor allem die Urlaubs- und Ausgangseinschränkung und die Dienstzeitregelung überhaupt angeführt. Vereinzelt treten auch folgende Ansichten auf:
- Das Tragen der langen Waffen sei nicht mehr notwendig (S-Kdo. der VPI Treptow)
- Der Abzug des Verpflegungsgeldes sei ungerechtfertigt und man werde nach dem Einsatz kündigen, wenn keine Änderung
erfolgt
(VPI Lichtenberg)