Signatur: BStU, MfS, Rechtsstelle, Nr. 909, Bl. 3-6
Die DDR praktizierte eine israelfeindliche Politik, doch parallel dazu bemühte sich die SED-Führung in den 80er Jahren, die Sympathien von Menschen jüdischen Glaubens im In- und Ausland zu gewinnen. Der Ministerrat der DDR beschloss am 1. August 1988 die Konzeption einer Arbeitsgruppe für den geplanten Wiederaufbau der Neuen Synagoge in Ost-Berlin.
Ab Mitte der 80er Jahre widmete die SED-Führung den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in der DDR zunehmend fürsorgliche Aufmerksamkeit. Grund dafür waren handfeste wirtschaftliche und außenpolitische Interessen. Man wollte jüdische Lobbyisten in den Vereinigten Staaten als Fürsprecher gewinnen, um Vorteile im Außenhandel zu erhalten und die Beziehungen zu den USA zu verbessern. Die neue Akzentuierung zeigte sich unter anderem darin, dass ab 1985 auch jüdische Widerstandskämpfer und Opfer geehrt wurden.
Ein geeigneter Ort, um dauerhaft und öffentlichkeitswirksam jüdische Kultur zu pflegen und zu bewahren, wurde mit der stadtbildprägenden Neuen Synagoge in der Ost-Berliner Oranienburger Straße gefunden. Am 4. Juli 1988 wurde im Gesetzblatt der DDR die Verordnung über die Errichtung einer Stiftung "Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum" veröffentlicht. Im August 1988 konstituierte sich eine zehnköpfige Arbeitsgruppe des Ministerrats unter Bauminister Wolfgang Junker. Mit dabei war Staatssekretär Alexander Schalck-Golodkowski vom Ministerium für Außenhandel, ein Stasi-Offizier im besonderen Einsatz (OibE).
[handschriftliche Ergänzung: RSt.]
Ministerrat
der Deutschen Demokratischen Republik
[Stempel: Dienstsache]
[Stempel: [handschriftliche Ergänzung: VME/MR/626/]; 2. Aug. 1988; [handschriftliche Ergänzung: Z 74]]
Beschluß des Ministerrates
02 - Präsidium des Ministerrates
92 / 1. 11 / 88
vom 1. August 1988
Betrifft: Beschluß über die Konzeption der Arbeitsgruppe zur Koordinierung der Tätigkeit der am Wiederaufbau der Neuen Synagoge beteiligten staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen
Die Konzeption und die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung und Koordinierung des Wiederaufbaus der Neuen Synagoge werden bestätigt (Anlage).
gez. W. Krolikowski
Für die Richtigkeit:
[Unterschrift unleserlich]
Sekretariat des Ministerrates
Dieser Beschluß ist nach Realisierung zu vernichten; die Archivierung erfolgt durch den Herausgeber.
Zur Durchdringung von Ministerien und anderen wichtigen Stellen des Staatsapparates, der Wirtschaft, aber auch außerhalb der DDR setzte das MfS hauptamtliche Mitarbeiter als Offizier im besonderen Einsatz (OibE) ein. Sie agierten dort verdeckt und mit einer legendierten Biografie ausgestattet. Schwerpunkte waren das System der Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben, Residenten sowie Wachkräfte in den Auslandsvertretungen der DDR.
In einigen Bereichen arbeiteten zeitweise regelrechte OibE-Strukturen, etwa im MdI der DDR (Personendatenbank), dem Entwicklungszentrum des Kombinates Robotron oder der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität. 1983 gab es 3.471 OibE, danach sank die Zahl. 1988 verfügten 27 Diensteinheiten der MfS-Zentrale über 1.856 OibE.
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Signatur: BStU, MfS, Rechtsstelle, Nr. 909, Bl. 3-6
Die DDR praktizierte eine israelfeindliche Politik, doch parallel dazu bemühte sich die SED-Führung in den 80er Jahren, die Sympathien von Menschen jüdischen Glaubens im In- und Ausland zu gewinnen. Der Ministerrat der DDR beschloss am 1. August 1988 die Konzeption einer Arbeitsgruppe für den geplanten Wiederaufbau der Neuen Synagoge in Ost-Berlin.
Ab Mitte der 80er Jahre widmete die SED-Führung den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in der DDR zunehmend fürsorgliche Aufmerksamkeit. Grund dafür waren handfeste wirtschaftliche und außenpolitische Interessen. Man wollte jüdische Lobbyisten in den Vereinigten Staaten als Fürsprecher gewinnen, um Vorteile im Außenhandel zu erhalten und die Beziehungen zu den USA zu verbessern. Die neue Akzentuierung zeigte sich unter anderem darin, dass ab 1985 auch jüdische Widerstandskämpfer und Opfer geehrt wurden.
Ein geeigneter Ort, um dauerhaft und öffentlichkeitswirksam jüdische Kultur zu pflegen und zu bewahren, wurde mit der stadtbildprägenden Neuen Synagoge in der Ost-Berliner Oranienburger Straße gefunden. Am 4. Juli 1988 wurde im Gesetzblatt der DDR die Verordnung über die Errichtung einer Stiftung "Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum" veröffentlicht. Im August 1988 konstituierte sich eine zehnköpfige Arbeitsgruppe des Ministerrats unter Bauminister Wolfgang Junker. Mit dabei war Staatssekretär Alexander Schalck-Golodkowski vom Ministerium für Außenhandel, ein Stasi-Offizier im besonderen Einsatz (OibE).
Anlage
Konzeption der Arbeitsgruppe zur Koordinierung der Tätigkeit der am Wiederaufbau der Neuen Synagoge beteiligten staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen
In Durchführung der Beschlüsse des Sekretariats des ZK der SED vom 15.06.1988 und des Ministerrates vom 24.06.1988 erfolgt die Durchführung der Aufgaben der Arbeitsgruppe zur Koordinierung der Tätigkeit der am Wiederaufbau der Neuen Synagoge beteiligten staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen auf der Grundlage folgender Konzeption:
1. Aufgaben der Arbeitsgruppe
- [unterstrichen: Koordinierung der Maßnahmen] der am Wiederaufbau der Neuen Synagoge beteiligten staatlichen Organe und gesellschaftlichen Einrichtungen in enger Zusammenarbeit mit dem internationalen Kuratorium und der Stiftung "Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum";
- [unterstrichen: Einflußnahme auf die Ausarbeitung eines baulich-architektonischen Projektes] für die Gestaltung der Synagoge sowie des Umfeldes und Sicherung der termingerechten Vorlage für die Behandlung in der Partei- und Staatsführung;
- [unterstrichen: Prüfung des Projektes] sowie die Unterbreitung von Vorschlägen und Maßnahmen zur Einordnung der erforderlichen finanziellen und materiellen Kennziffern in die jeweiligen Volkswirtschaftspläne. Einflußnahme auf die termin- und qualitätsgerechte Bauausführung;
- [unterstrichen: Entwicklung von Initiativen] zur aktiven Mitwirkung gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte beim Wiederaufbau der Neuen Synagoge.
Zur Durchdringung von Ministerien und anderen wichtigen Stellen des Staatsapparates, der Wirtschaft, aber auch außerhalb der DDR setzte das MfS hauptamtliche Mitarbeiter als Offizier im besonderen Einsatz (OibE) ein. Sie agierten dort verdeckt und mit einer legendierten Biografie ausgestattet. Schwerpunkte waren das System der Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben, Residenten sowie Wachkräfte in den Auslandsvertretungen der DDR.
In einigen Bereichen arbeiteten zeitweise regelrechte OibE-Strukturen, etwa im MdI der DDR (Personendatenbank), dem Entwicklungszentrum des Kombinates Robotron oder der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität. 1983 gab es 3.471 OibE, danach sank die Zahl. 1988 verfügten 27 Diensteinheiten der MfS-Zentrale über 1.856 OibE.
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Signatur: BStU, MfS, Rechtsstelle, Nr. 909, Bl. 3-6
Die DDR praktizierte eine israelfeindliche Politik, doch parallel dazu bemühte sich die SED-Führung in den 80er Jahren, die Sympathien von Menschen jüdischen Glaubens im In- und Ausland zu gewinnen. Der Ministerrat der DDR beschloss am 1. August 1988 die Konzeption einer Arbeitsgruppe für den geplanten Wiederaufbau der Neuen Synagoge in Ost-Berlin.
Ab Mitte der 80er Jahre widmete die SED-Führung den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in der DDR zunehmend fürsorgliche Aufmerksamkeit. Grund dafür waren handfeste wirtschaftliche und außenpolitische Interessen. Man wollte jüdische Lobbyisten in den Vereinigten Staaten als Fürsprecher gewinnen, um Vorteile im Außenhandel zu erhalten und die Beziehungen zu den USA zu verbessern. Die neue Akzentuierung zeigte sich unter anderem darin, dass ab 1985 auch jüdische Widerstandskämpfer und Opfer geehrt wurden.
Ein geeigneter Ort, um dauerhaft und öffentlichkeitswirksam jüdische Kultur zu pflegen und zu bewahren, wurde mit der stadtbildprägenden Neuen Synagoge in der Ost-Berliner Oranienburger Straße gefunden. Am 4. Juli 1988 wurde im Gesetzblatt der DDR die Verordnung über die Errichtung einer Stiftung "Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum" veröffentlicht. Im August 1988 konstituierte sich eine zehnköpfige Arbeitsgruppe des Ministerrats unter Bauminister Wolfgang Junker. Mit dabei war Staatssekretär Alexander Schalck-Golodkowski vom Ministerium für Außenhandel, ein Stasi-Offizier im besonderen Einsatz (OibE).
2. Arbeitsweise der Arbeitsgruppe
- Die Arbeitsgruppe führt [unterstrichen: quartalsweise bzw. entsprechend anstehenden Schwerpunkten] Beratungen durch und organisiert ihre Arbeit auf der Grundlage von Halbjahresplänen. Der Leiter der Arbeitsgruppe kann zu den Beratungen Gäste aus anderen Staatsorganen, gesellschaftlichen Organisationen und Bereichen der Volkswirtschaft einladen.
- Der [unterstrichen: Stellvertreter des Leiters und Sekretär der Arbeitsgruppe] sichert eine ordnungsgemäße, mit den Mitgliedern abgestimmte Vorbereitung der Beratungen der Arbeitsgruppe.
- Die [unterstrichen: Mitglieder der Arbeitsgruppe] bearbeiten in ihrem Verantwortungsbereich die Aufgaben, die im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Synagoge stehen, eigenverantwortlich und unterbreiten bei entsprechendem Erfordernis dem Leiter der Arbeitsgruppe Vorschläge zu ihrer Lösung.
Der Leiter der Arbeitsgruppe hat das Recht, den Mitgliedern der Arbeitsgruppe im Rahmen der unter Punkt 1 dargelegten Aufgaben entsprechende Aufträge zu erteilen. Die Verantwortung der zuständigen Minister für ihre Bereiche wird dadurch nicht eingeschränkt.
Erforderlichenfalls können zur Lösung der Aufgaben der Arbeitsgruppe Vertreter weiterer zentraler staatlicher Organe einbezogen werden.
Der Leiter der Arbeitsgruppe informiert [unterstrichen: halbjährlich den Vorsitzenden des Ministerrates] über die Tätigkeit und die Ergebnisse der Arbeit der Arbeitsgruppe. Bei besonderen Anlässen erfolgt eine Sofortinformation bzw. die Vorlage von Entscheidungsvorschlägen für den Ministerrat der DDR.
Zur Durchdringung von Ministerien und anderen wichtigen Stellen des Staatsapparates, der Wirtschaft, aber auch außerhalb der DDR setzte das MfS hauptamtliche Mitarbeiter als Offizier im besonderen Einsatz (OibE) ein. Sie agierten dort verdeckt und mit einer legendierten Biografie ausgestattet. Schwerpunkte waren das System der Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben, Residenten sowie Wachkräfte in den Auslandsvertretungen der DDR.
In einigen Bereichen arbeiteten zeitweise regelrechte OibE-Strukturen, etwa im MdI der DDR (Personendatenbank), dem Entwicklungszentrum des Kombinates Robotron oder der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität. 1983 gab es 3.471 OibE, danach sank die Zahl. 1988 verfügten 27 Diensteinheiten der MfS-Zentrale über 1.856 OibE.
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Information über Reaktionen auf die zentralen Gedenkveranstaltungen zum 50. Jahrestag des Novemberpogroms Dokument, 3 Seiten
Ablaufplan der symbolischen Grundsteinlegung für den Wiederaufbau der Neuen Synagoge Berlin Dokument, 2 Seiten
Information der SED-Kreisleitung zu den "jüdischen Fragen" Dokument, 4 Seiten