Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 19309, Bl. 166-168
Unter dem Decknahmen "Stern I" überwachte die Staatssicherheit in einem so genannten "Operativen Vorgang" ab 1981 Mitglieder der RAF.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Der vorliegende Operative Vorgang sollte Sicherheitsrisiken für die DDR durch die RAF aufdecken und gegebenenfalls verhindern. Tatsächlich überschritt die Stasi durch Duldung und Unterstützung der Terroristen selbst die Grenze zur Komplizenschaft. Die terroristische Bedrohung der DDR wurde teilweise gemindert, die der Bundesrepublik jedoch erhöht. Die Unterstützung von aktiven RAF-Mitgliedern und die Einbürgerung der RAF-Aussteiger wurde in den Akten der Staatssicherheit unter den Bezeichnungen "Stern I" und "Stern II" dokumentiert.
Im Dokument wird einleitend zunächst eine kurze Zusammenfassung der Ziele, Entstehung und weiteren Entwicklung der RAF gegeben. Es werden kurz die Mitglieder der ersten RAF-Generation benannt, die westlichen Fahndungserfolge erwähnt und die Gründe für die Konsolidierung der zweiten RAF-Generation erklärt. Im weiteren Verlauf werden Beispiele für terroristische Aktivitäten der RAF aufgezählt, die Akteure der zweiten Generation genannt und der Zusammenschluss mit der "Bewegung 2. Juni" erwähnt.
Konkret werden Christian Klar, Inge Viett, Hennig Beer, Helmut Pohl und Adelheid Schulz mit Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit benannt.
Nach einer Auflistung der Hauptziele der zweiten Generation geht das Dokument im letzten Absatz auf die "Reisetätigkeit" der RAF-Terroristen ein. Darin kommt klar zum Ausdruck, dass die RAF-Mitglieder teils mit gefälschten Pässen die DDR als Transitland nutzten – und damit auch gegen DDR-Recht verstießen.
Aus anderen Stasi-Akten geht hervor, dass das MfS über die RAF deutlich besser informiert war, als das vorliegende Dokument vermuten lässt. Wie die westdeutschen Fahnder bemühte sich auch die Stasi um Aufklärung, wer sich der RAF im Untergrund angeschlossen hatte. Allein die ostdeutsche Geheimpolizei ließ jedoch die identifizierten Terroristen über Jahre unbehelligt reisen (und unterstützte sie gelegentlich), nur um nicht selbst in das Visier der RAF zu geraten.
Noch während der "ersten Phase" der "RAF" 1970 bis 1972 gelang es den Sicherheitsorganen der BRD, mit großangelegten Fahndungsaktionen nahezu alle Beteiligten aufzuspüren, festzunehmen und zum Teil zu hohen Freiheitsstrafen zu verurteilen.
1972 galt die ursprüngliche, "Baader-Meinhof-Gruppe" als zerschlagen.
In der Folgezeit wurde jedoch immer wieder versucht, die "RAF" neu zu organisieren und ihre terroristische Tätigkeit zu reaktivieren bzw. Nachfolgeorganisationen oder neue Gruppen zu bilden, die nach dem "Stadt-Guerilla"-Konzept der "Roten Armee Fraktion" handeln.
Die inhaftierten Führungskräfte der "RAF" versuchen, insbesondere über sympathisierende Rechtsanwälte, weiterhin die Terroraktionen und logistischen Aktivitäten der Nachfolgegruppen zu steuern und konzeptionell zu beeinflussen. Aus dem Kreis der Sympathisanten und Unterstützern, die vor allem in der "Spontiszene", Knasthilfegruppen und "Rote-Hilfe"-Organisationen aktiv waren, wurde ständig das Potential der"RAF" neu aufgefüllt. Mit dem Aktivwerden neuer, junger Kräfte, die ihre Legalität aufgaben und sich "RAF"-Kommandogruppen anschlossen, wurde eine Intensivierung der Aktionen sichtbar.
Als führende Kraft der "RAF"-Nachfolgeorganisation wurde der Rechtsanwalt Siegfried Haag bekannt, der im November 1976 in der BRD festgenommen wurde.
Nach dem Scheitern der mit der Tötung von Schleyer verbundenen Flugzeugentführung nach Mogadischu und dem Tod von Baader, Ensslin, Raspe und Meinhof in der Haftansalt Stammheim sowie der Lossagung Mahler's vom Terrorismus, schätzten gegnerische Sicherheitsorgane ein, daß sich die "RAF" im Stadium einer Neukonsolidierung befindet
Aktuelle Erkenntnisse besagen, daß nach dem Zusammenschluß mit der "Bewegung 2. Juni" im Jahr 1980 nachfolgend genannte Personen feste Mitglieder der neu formierten "RAF" sind:
[Handschriftliche Ergänzung: Klar], Christian, geb. am: 20. 5. 1952 in Freiburg/Breisgau Staatsangeh.: BRD
[Handschriftliche Ergänzung: Viett], Inge geb. am: 12. 1. 1944 in Sternwarde Staatsangeh.: BRD
[Handschriftliche Ergänzung:Beer], Henning geb. am: 30. 9. 1958 in Hamburg Staatsangeh.: BRD
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 19309, Bl. 166-168
Unter dem Decknahmen "Stern I" überwachte die Staatssicherheit in einem so genannten "Operativen Vorgang" ab 1981 Mitglieder der RAF.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Der vorliegende Operative Vorgang sollte Sicherheitsrisiken für die DDR durch die RAF aufdecken und gegebenenfalls verhindern. Tatsächlich überschritt die Stasi durch Duldung und Unterstützung der Terroristen selbst die Grenze zur Komplizenschaft. Die terroristische Bedrohung der DDR wurde teilweise gemindert, die der Bundesrepublik jedoch erhöht. Die Unterstützung von aktiven RAF-Mitgliedern und die Einbürgerung der RAF-Aussteiger wurde in den Akten der Staatssicherheit unter den Bezeichnungen "Stern I" und "Stern II" dokumentiert.
Im Dokument wird einleitend zunächst eine kurze Zusammenfassung der Ziele, Entstehung und weiteren Entwicklung der RAF gegeben. Es werden kurz die Mitglieder der ersten RAF-Generation benannt, die westlichen Fahndungserfolge erwähnt und die Gründe für die Konsolidierung der zweiten RAF-Generation erklärt. Im weiteren Verlauf werden Beispiele für terroristische Aktivitäten der RAF aufgezählt, die Akteure der zweiten Generation genannt und der Zusammenschluss mit der "Bewegung 2. Juni" erwähnt.
Konkret werden Christian Klar, Inge Viett, Hennig Beer, Helmut Pohl und Adelheid Schulz mit Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit benannt.
Nach einer Auflistung der Hauptziele der zweiten Generation geht das Dokument im letzten Absatz auf die "Reisetätigkeit" der RAF-Terroristen ein. Darin kommt klar zum Ausdruck, dass die RAF-Mitglieder teils mit gefälschten Pässen die DDR als Transitland nutzten – und damit auch gegen DDR-Recht verstießen.
Aus anderen Stasi-Akten geht hervor, dass das MfS über die RAF deutlich besser informiert war, als das vorliegende Dokument vermuten lässt. Wie die westdeutschen Fahnder bemühte sich auch die Stasi um Aufklärung, wer sich der RAF im Untergrund angeschlossen hatte. Allein die ostdeutsche Geheimpolizei ließ jedoch die identifizierten Terroristen über Jahre unbehelligt reisen (und unterstützte sie gelegentlich), nur um nicht selbst in das Visier der RAF zu geraten.
[Handschriftliche Ergänzung: Pohl], Helmut geb. am: 14.9.1948 in Marienbad Staatsangeh.: BRD
[Handschriftliche Ergänzung: Schulz], Adelheit geb. am: 31.3.1955 in Lörrach Staatsangeh.: BRD
Nach vorliegenden Angaben sind gegenwärtig die Hauptziele der "RAF":
Im Rahmen der Reisetätigkeit der Gruppe wurden auch die Territorien der DDR und anderer sozialistischer Staaten berührt. Dabei wurden ver- bzw. gefälschte Reisepässe verwendet und somit der § 213, Abs. 1 und 3 StGB verletzt.
[Unterschrift: Voigt]
Voigt
Major
[Unterschrift: Zaumseil]
Zaumseil
Oberleutnant
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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"Auskunftsbericht" über den RAF-Terroristen Christian Klar Dokument, 3 Seiten
"Auskunftsbericht" über die RAF-Terroristin Inge Viett Dokument, 3 Seiten
Eröffnungsbericht zur OPK "Klausen, Gerhard" gegen Wolfgang Grams Dokument, 3 Seiten
Bericht über die Freilassung von Inge Viett, Ingrid Siepmann und Regine Nikolai in der CSSR auf Initiative des MfS Dokument, 3 Seiten