Erster Bericht über die Aktion "Rose"
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Metadaten
Auch am Montag, 14.08.61 erfolgte nach bisheriger Übersicht die Arbeitsaufnahme in den Betrieben und Einrichtungen völlig ordnungsgemäß. Es gab weder Ansammlungen und Zusammenrottungen noch andere provokatorische und feindliche Erscheinungen.
In verschiedenen Fällen war jedoch die grundsätzlich positive Haltung von gewissen Tendenzen des Abwartens und der Unsicherheit begleitet.
NegativeDiskussionen traten in den Bezirken der DDR überwiegend als Einzelstimmen auf, Während sie im demokratischen
Berlin einen etwas größeren, aber keineswegs übermäßigen Umfang aufwiesen.
Die negativen Stimmen zeigen eine bestimmte Konzentration auf folgende "Argumente",die oft mit den gegnerischen Hetzparolen identisch sind und mit denen versucht wird, die Maßnahmen der Regierung zu verfälschen, zu verzerren und zu überspitzen:
- Vergleiche mit der Situation vom 17.06.53
(U.a. auf Ansammlungen an den S-Bahnhöfen Bornholmer Straße, am U-Bahnhof Alex, an mehreren Grenzübergängen)
Besonders provokatorisch auftretende Einzelpersonen steigerten diese Hetze bis zu der Behauptung
- daß nun die "KZ-Lager" nicht ausreichen würden
- daß sich eine "Ordnung mit Stacheldraht" nicht lange halten könne.
In Einzelfällen wurde versucht, mit Behauptungen über einen bestehenden Ausnahmezustand Verwirrung zu stiften.
Weitere negative Argumente, die jedoch nicht in einem sehr großen Umfange auftraten, sind:
- Die Maßnahmen der Regierung der DDR hätten die "Freiheit" wesentlich eingeschränkt.
- Forderung nach "freien Wahlen"
(hauptsächlich von Jugendlichen, verschiedentlich aber auch von Gruppen von Mitarbeitern, z.B. im Zementwerk Rummelsburg)
- Die Maßnahmen der DDR vertieften die "Spaltung" und die Regierung der DDR sei nicht an der Lösung der Deutschlandfrage interessiert.