Signatur: BStU, MfS, HA VII, Nr. 4777, Bl. 36
Im Zentralen Aufnahmeheim in Röntgental (ZAH) bei Berlin wurde ab 1979 die Mehrzahl derjenigen überprüft, die aus der Bundesrepublik in die DDR übersiedeln wollten. Die Bilder zeigen Eingang und Zaun des Heims.
Das Zentrale Aufnahmeheim für Übersiedler und Rückkehrer (ZAH) unterstand dem Ministerium des Innern (MdI), doch in der Praxis führte die Stasi hier die Regie. Die Mitarbeiter der Hauptabteilung VII, Abteilung 3 des MfS verhörten die Aufnahmeersuchenden und schleusten Inoffizielle Mitarbeiter in das Heim ein, die auftragsgemäß Rückkehrer bzw. Zuziehende und auch die Beschäftigten des Aufnahmeheims bespitzelten. In den späten achtziger Jahren war zudem der Leiter der Heims zugleich Offizier im besonderen Einsatz (OibE) der Stasi.
Der Heimaufenthalt sollte die Übersiedler auf das Leben in der sozialistischen Gesellschaft vorbereiten. Vor allem jedoch wollte die Stasi dort prüfen, wie ernst es den Neuankömmlingen mit einer Übersiedlung in die DDR war, denn stets wurde das Einschleusen feindliche Spione befürchtet. Gleichzeitig wollte die Stasi durch die Befragungen selbst wichtige Details über Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik sowie die westlichen Notaufnahmelager in Erfahrung bringen. Wenn möglich sollten Aufnahmeersuchende sogar mit einem Spionageauftrag noch einmal in die Bundesrepublik zurückkehren und sich so ihre Aufnahme in die DDR "verdienen". Aufgenommen wurde nur, wer nach Ansicht der Stasi nützlich und integrierbar erschien. Zurückgewisen wurde, wer der Geheimpolizei politisch mißliebig, kriminell, "asozial", "arbeitsscheu" oder psychisch krank erschien.
Meist dauerte der Aufenthalt in Röntgental mehrere Wochen, teilweise sogar mehrere Monate. In dieser Zeit durften die Übersiedler das Gelände nicht verlassen und wurden wiederholt von Stasi und Volkspolizei verhört. Die Bilder zeigen die Abschottung des Gebäudekomplexes durch einen Metallzaun, der Eingangsbereich ist allerdings kaum zu erkennen. Übersiedler berichteten von bedrückenden Zuständen dort, die eher einem Gefängnisaufenthalt glichen.
Bilddokumentation über die derzeitige Gestaltung der Umzäunung und des Eingangs zum ZAH des MdI
Gesamtansicht des Zaunes von der Eingangsseite gesehen
Ein aufgeklebtes Bild zeigt eine schmale, asphaltierte Straße, die links und rechts von Bäumen gesäumt wird, die ein sattes grün aufweisen. Einige Bäume werfen ihre Schatten auf die Straße. Entlang der Straße, auf der rechten Seite verläuft ein halbhoher Metallzaun blau-grauer Farbe.
Ansicht der Eingangslösung zum gegenwärtigen Zeitpunkt
Ein aufgeklebtes Bild zeigt im Vordergrund eine asphaltierte Straße. Dahinter bedindet sich ein halbhoher Metallzaun blau-grauer Farbe. In der Mitte des Bildes ist ein Tor gleicher Beschaffenheit zu erkennen. Hinter dem Zaun sieht man das Dach eines niedrigen, weißen Gebäudes.
Hauptabteilung VII (Ministerium des Innern, Deutsche Volkspolizei)
Die Hauptabteilung VII und die ihr zugeordnete Linie VII waren für das Ministerium des Innern (MdI) und die ihm nachgeordneten Bereiche zuständig, d.h. für die Kriminalpolizei (insbesondere deren Arbeitsrichtung I/K I), die Schutz-, Verkehrs- und Bereitschaftspolizei, die Kampfgruppen, den Betriebsschutz, den Strafvollzug, das Pass- und Meldewesen, die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz, das Zentrale Aufnahmeheim in Röntgental, das Archivwesen, Geodäsie und Kartographie sowie die Politische Verwaltung des MdI, die medizinischen Einrichtungen der Volkspolizei und die Bereiche Innere Angelegenheiten der staatlichen Verwaltungen.
Zum Teil reichte der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung bzw. Linie VII über das MdI hinaus, so etwa gegenüber der Zivilverteidigung, die seit 1977 dem MfNV unterstand. Andere nachgeordnete Bereiche des MdI wurden indes aus fachlichen Gründen von anderen Diensteinheiten der Staatssicherheit abgesichert, so etwa die Arbeitsrichtung Observation der Kriminalpolizei (I/U) (durch die Hauptabteilung VIII), das Wachkommando Missionsschutz (durch die HA II) oder die Transport- und Wasserschutzpolizei (durch die HA XIX).
Gegenüber den Kampfgruppen sowie den lokalen Abteilungen Innere Angelegenheiten teilte sich die Linie VII die Zuständigkeit mit anderen Diensteinheiten. Die Abteilung VII der Verwaltung Groß-Berlin war zeitweise auch für die "Bearbeitung" der Polizei von Westberlin zuständig.
Gleichwohl fungierte die Linie VII als Generalbevollmächtigter des Mielke-Imperiums gegenüber der Volkspolizei. Hatte sie in den 50er Jahren vor allem gegen auffällige Volkspolizisten ermittelt sowie vermutete Spionage aufgedeckt, durchleuchtete sie die Polizei in den späteren Jahren immer stärker prophylaktisch, knüpfte ein weites Netz von Zuträgern im dienstlichen wie im privaten Bereich der Volkspolizisten und beeinflusste auch zunehmend die fachlichen Entscheidungen auf Leitungsebene.
Verfügte die Abteilungen VII im MfS 1958 über 38 Mitarbeiter in drei Referaten, so wurde sie im Folgejahr zur HA aufgewertet und wuchs bis 1989 auf 319 hauptamtliche Geheimpolizisten in acht Abteilungen an. Hinzu kamen 510 Mitarbeiter in den Abteilungen VII der BV sowie 264 sogenannte Abwehroffiziere Volkspolizei, seit 1981 der verlängerte Arm der Linie VII in den KD.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Zur Durchdringung von Ministerien und anderen wichtigen Stellen des Staatsapparates, der Wirtschaft, aber auch außerhalb der DDR setzte das MfS hauptamtliche Mitarbeiter als Offizier im besonderen Einsatz (OibE) ein. Sie agierten dort verdeckt und mit einer legendierten Biografie ausgestattet. Schwerpunkte waren das System der Sicherheitsbeauftragten in den Betrieben, Residenten sowie Wachkräfte in den Auslandsvertretungen der DDR.
In einigen Bereichen arbeiteten zeitweise regelrechte OibE-Strukturen, etwa im MdI der DDR (Personendatenbank), dem Entwicklungszentrum des Kombinates Robotron oder der Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität. 1983 gab es 3.471 OibE, danach sank die Zahl. 1988 verfügten 27 Diensteinheiten der MfS-Zentrale über 1.856 OibE.
Bilder des Zentralen Aufnahmeheims Röntgental 2 Fotografien
Überwachung von Rückkehrern und Zuziehenden im Zentralen Aufnahmeheim Röntgental Dokument, 6 Seiten
Abschlussbericht der HA VII/3 über den Aufenthalt im Zentralen Aufnahmeheim Röntgental Dokument, 6 Seiten
Schulungskassette "Nicht nur Heimweh – Erfahrungen in einer anderen Welt" Audio, 52 Minuten, 55 Sekunden