Signatur: BStU, MfS, GH, Nr. 9/89, Bd. 8, Bl. 214-218
Mit einem Gutachten wollte die Anklage Manfred Smolka nachweisen, dass der DDR erheblicher Schaden durch seinen angeblichen Verrat von Dienstgeheimnissen entstanden sei. Das Papier war wichtiger Bestandteil eines Schauprozesses an dessen Ende die Hinrichtung Smolkas stand.
Manfred Smolka stand jahrelang im Dienst der DDR-Grenzpolizei. Während dieser Tätigkeit geriet er immer wieder in Konflikt mit den politischen Vorgaben der Staatspartei SED. Die Situation eskalierte, als er einen Befehl seiner Vorgesetzten ignorierte und in Folge dessen degradiert und schließlich entlassen wurde. Der ehemalige Grenzer entschloss sich, die DDR in Richtung Westen zu verlassen und seine Familie nachzuholen. Aufgrund des Verrats durch einen Freund vereitelte die Stasi die Aktion und inhaftierte Smolka und seine Ehefrau im August 1959.
Während der Haftzeit Smolkas bereiteten SED, Staatssicherheit und der Justizapparat den Prozess gegen Smolka vor. Das Kommando der Deutschen Grenzpolizei erstellte dieses Gutachten, das vor Gericht belegen sollte, welche Dienstgeheimnisse er an westliche Geheimdienste preisgegeben hätte. Darüber hinaus zählen die Verfasser Ereignisse im Grenzgebiet auf, die auf Smolkas Verrat zurückzuführen seien. Dadurch wollte die Anklage beweisen, dass der Beschuldigte wichtige Informationen an westliche Geheimdienste weitergegeben hätte. Smolka wurde, auch aufgrund dieses Papiers, in einem Schauprozess schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Die Aussagen des Smolka gegenüber dem amerikanischen Geheimdienst entsprechen der tatsächlichen Lage. Die von Smolka gemachten Angaben gehen bei weitem über den Rahmen dessen hinaus, was ihm entsprechend seiner innegehabten Dienststellung zur Kenntnis gelangen mußte.
Smolka gab zum Beispiel konkret die Personalstärke, Art und Zahl der Waffen und Kraftfahrzeuge des Stabes der GB an. Ein Kompanieführer erhält jedoch grundsätzlich keinen Einblick in Dokumente, die ihm über solche Angaben Auskunft geben.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß es sich bei allen von Smolka gemachten Angaben um die Preisgabe wichtiger militärischer Geheimnisse handelt, deren Kenntnis durch den Gegner sich in jedem Falle nachteilig auf die Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik auswirkt.
Oberstleutnant Heyn [handschriftlich unterzeichnet]
Hauptmann Kaltofen [handschriftlich unterzeichnet]
Hauptmann Kuhfeldt [handschriftlich unterzeichnet]
Die Grenzpolizei in der SBZ/DDR wurde auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht zum 1.12.1946 in den Ländern und Provinzen der SBZ gegründet. Sie agierte zunächst als ausführendes Organ der Militäradministration. Ihre Hauptaufgabe war es, den unkontrollierten Personen- und Warenverkehr über die noch unbefestigte Demarkationslinie in die westlichen Besatzungszonen zu unterbinden. Sie rekrutierte sich überwiegend aus bisherigen Angehörigen der neu formierten Schutzpolizei und im Sinne der Besatzungsmacht politisch zuverlässigen Bewerbern, bevorzugt aus der Arbeiterschaft.
Ende 1948, mit dem Beginn des Kalten Krieges, war die Aufbauphase abgeschlossen. Die Grenzpolizei zählte ca. 20.000 Bedienstete, die sich freiwillig auf mindestens drei Jahre verpflichtet hatten. Die neue, bisher den Ländern unterstellte Polizei wurde im November 1948 zu einem zentral geführten Organ der Besatzungszone aufgewertet und als Hauptabteilung in die Deutsche Verwaltung des Innern (Gründung des MfS) integriert. Ihr erster Leiter im Rang eines Chefinspekteurs wurde Hermann Rentzsch, ein früherer Wehrmachtsoffizier und NKFD-Kader.
Schon nach wenigen Monaten wurde die Grenzpolizei erneut den Landesverwaltungen unterstellt. Solche kurzfristigen politisch motivierten Wechsel im Unterstellungsverhältnis sollten bis zu ihrer Auflösung 1990 eine Besonderheit in der Organisationsgeschichte der Grenzpolizei bleiben. Im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts und des Übergangs zum Aufbau des Sozialismus in der DDR gewannen die in Deutsche Grenzpolizeien umbenannten Verbände erheblich an politischer Bedeutung. Sie wurden im Mai 1952 nach sowjetischem Vorbild dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt. Neuer Chef wurde Generalinspekteur Hermann Gartmann.
Die Grenzpolizei nahm mehr und mehr militärischen Charakter an, der sich in neuen Uniformen der 35 000 Bediensteten (1957) und in der Ausrüstung dokumentierte, zu der auch Panzer zählten. Die Aufwertung ging einher mit dem Ausbau der Grenzbefestigungen gegenüber der Bundesrepublik und der zunehmenden Abschottung der Westsektoren Berlins.
Nach dem 17. Juni 1953 wurde die Grenzpolizei der Zuständigkeit des Staatssicherheitsdienstes entzogen und ihm erst im April 1955 wieder zugeordnet. Nach dem Volksaufstand in Ungarn fasste die SED-Führung die Grenzpolizei, die Transport- und Bereitschaftspolizei zur Hauptverwaltung Innere Sicherheit der Staatssicherheit zusammen, gliederte diese drei Organe aber bereits im Frühjahr 1957 wieder aus dem MfS aus und in das MdI ein. Neuer Grenzpolizei-Chef wurde Oberst Paul Ludwig.
Nach dem Bau der Mauer wurde die Grenzpolizei als Kommando Grenze in die NVA integriert und als Grenztruppen offen als militärische Formation tituliert, die ab 1962 auch Wehrpflichtige rekrutierte. Vor dem Hintergrund der Wiener Truppenreduzierungsgespräche wurden sie zur Jahreswende 1973/74 aus der NVA herausgelöst und bildeten seitdem eine selbständige Formation im Verantwortungsbereich des MfNV.
Die Verflechtung mit dem MfS blieb unverändert eng. Mit der "Verwaltung 2000" (Hauptabteilung I) hatte das MfS eigene Verbindungsoffiziere und unterhielt ein enges IM-Netz in den Grenztruppen und von 1964 bis 1985 ein Einsatzkommando der HA I, das im Rahmen der Grenztruppen Spezialaufträge ausführte. Zudem sah auch die Stasi eine ihrer Hauptaufgaben darin, Fluchtversuche in die Bundesrepublik zu verhindern. Der letzte Chef der auf 50 000 Soldaten angewachsenen Grenztruppen, Generaloberst Baumgarten, wurde 1996 u.a. wegen seiner Mitverantwortung für den Tod von DDR-Flüchtlingen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
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Gutachten über den Wissensstand Manfred Smolkas Dokument, 4 Seiten
Vorschlag zur Durchführung eines Prozesses gegen den ehemaligen Grenzpolizisten Manfred Smolka Dokument, 3 Seiten
Bericht über die Festnahme des ehemaligen Grenzpolizisten Manfred Smolka Dokument, 4 Seiten
Einschätzung über die Lage an der Staatsgrenze zur Bundesrepublik im Bezirk Gera Dokument, 23 Seiten