Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
Um hier das Abfließen von Informationen zu verhindern, ist durch den staatlichen Auftraggeber schon in der Projektierungsphase Einfluß auf die Durchsetzung der Datensicherheit zu nehmen.
Bei der Realisierung von Privatinitiativen zur Softwareentwicklung ist die "Honoraranordnung Softwareleistungen" vom 27.10.1987 vollinhaltlich durchzusetzen. Ein Datenabfluß in den privaten Anwenderbereich, z.B. in private Handwerksbetriebe usw., der den Forderungen der Honoraranordnung zuwiderläuft und damit die Datensicherheit beeinträchtigt, ist nicht zuzulassen.
Ein Teil der Besitzer von privater Computertechnik betreiben einen schwunghaften Handel mit Hard- und Software.
In einigen Fällen konnte nachgewiesen werden, daß für im Eigenbau hergestellte Hardware die Bezahlung zum Teil in DM/DBB gefordert wird. [handschriftliche Ergänzung: normal]
Zum Beispiel bietet eine Person aus Gera Hardware mit folgender Preiszusammensetzung an:
- Speicheroszilloskop für 1.200 Mark und 110 DM/DBB
- Betriebssystemschaltung für den Computer C-64 für 150 Mark und 20 DM/DBB
- MIDI-Interface für 200 Mark und 70 DM/DBB
- Light-Computer für den Computer C-128 für 180 Mark und 40 DM/DBB
- MPS 802 Umbau für 220 Mark und 25 DM/DBB.
Beim Handel mit Software handelt es sich in vielen Fällen um Raubkopien aus dem NSW, die so in der DDR verbreitet werden.
In diesem Zusammenhang muß beachtet werden, daß bei der Nutzung dieser Software die Gefahr des Einschleppens von [durchgestrichen: sogenannten] Computerviren gegeben ist.(l)
(1)
Bei den Computerviren handelt es sich um versteckte Programme, die in der kopierten Software enthalten sein können und sehr schwer nachzuweisen sind.
Diese Programme können sich selbständig aktivieren und "infizieren" dann andere Programme, was zur Zerstörung oder Manipulierung der bearbeiteten Daten und Informationen führen kann. Zu beachten ist, daß derart infizierte Programme unter Umständen lange Zeit fehlerfrei weiterarbeiten können. Die Virenprogramme können sich selbst verändern und dadurch Suchprozeduren ausweichen.
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
Operative Bedeutsamkeit erlangt das Problem dann, wenn derartige Software für dienstliche Zwecke, z.B. in Staatsorganen und Betrieben genutzt wird, da in vielen Fällen die von privaten Besitzern benutzte Software kompatibel zu der von Staatsorganen und Betrieben genutzten ist.
Es muß durchgesetzt werden, daß in den Staatsorganen und Betrieben grundsätzlich nur kommerziell vertriebene Software eingesetzt wird. [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]
Der Handel beschränkt sich aber nicht nur auf den Soft- und Hardwarebereich, sondern es wird auch die vielfältigste Literatur, meist Kopien aus dem NSW, verkauft, wobei für die einzelnen Kopien erhebliche Preise gefordert werden.
In letzter Zeit hat sich der Trend verstärkt, daß Besitzer von privater Computertechnik an Unterlagen über Akustikkoppler interessiert sind. Hier ist dann die Möglichkeit gegeben, daß mittels dieser Technik, ein unkontrollierter Datentransfer in das NSW über den Selbstwählverkehr der Deutschen Post vonstatten gehen kann. [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]
Innerhalb der DDR konnte bereits der private Einsatz derartiger Technik nachgewiesen werden.
Ein Datentransfer in das NSW konnte in der VR Polen nachgewiesen werden. Ein polnischer Computerbesitzer stellte über den Selbstwählverkehr eine Verbindung zu einem Computerclub in den Niederlanden her und es kam mittels eines Akustikkopplers zu einem Datenaustausch.
Bisherigen Erkenntnissen nach hat die Einfuhr von Computertechnik aller Art über den Weg des grenzüberschreitenden Verkehrs zugenommen.
In verschiedenen Fällen wurde durch den Zoll ein spekulativer Handel mit diesen Geräten nachgewiesen und es wurden zollrechtliche Maßnahmen eingeleitet.
In zunehmenden Maße erhält die Tatsache politisch-operative Bedeutung, daß die Verbindungsaufnahme von DDR-Bürgern zu Personen oder Computerclubs aus dem NSW zu Abhängigkeitsverhältnissen führen kann. [handschriftliche Ergänzung: nochmal]
So ist zum Beispiel bekannt, daß der NSW Computerclub DACG Mitglieder aus der DDR aufnimmt und bereit ist, an Stelle der Beitragsleistungen selbst geschriebene Programme der DDR-Bürger zu akzeptieren, die dem Club in das NSW übersandt werden müssen. [handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]
Dieser Personenkreis sollte unter operativer Kontrolle gehalten werden.
Teilweise wird Bürgern der DDR Soft- und Hardware von Personen aus dem NSW mit dem Hinweis angeboten, daß man sich über den finanziellen Teil noch einig wird, oder die NSW-Person dafür einen Urlaubsaufenthalt in der DDR finanziert bekommt.
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Signatur: BArch, MfS, HA XVIII, Nr. 45818, Bl. 84-95
Die Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz des MfS nahm eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Computerszene in der DDR ein. In einer Information von April 1988 informierte sie die anderen Diensteinheiten über ihre "Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Nutzung privater Rechentechnik".
In den 70er und 80er Jahren erlebte die Mikroelektronik einen weltweiten Aufschwung, von dem auch die DDR nicht unberührt blieb. Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED im Juni 1977 erklärte die politische Führungsspitze sie zur Schlüsseltechnologie, in die bis 1989 Milliarden flossen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) besorgte im Westen die nicht einfuhrgestattete Hard- und Software sowie das nötige "Know-how" für die Produktion und Ausbildung von Fachpersonal.
Mit der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung kamen Mitte der 80er Jahre die ersten Heimcomputer in der DDR auf den Markt. Diese hielten zwar auch Einzug in die Privathaushalte. Im Vergleich zum Westen waren sie in der DDR aber vor allem in Einrichtungen, wie Schulen, Jugendclubs und Volkseigenen Betrieben, zu finden. Die geringen Produktionszahlen und hohen Kaufpreise machten eine flächendeckende private Nutzung unmöglich.
Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Austausch mit Gleichgesinnten trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den 80er Jahren in der ganzen DDR Computerclubs bildeten. Wer selbst kein Gerät besaß, konnte hier die entsprechende Hard- und Software finden und nutzen. Von Rostock bis Suhl schlossen sich Computerbegeisterte zu solchen Interessengemeinschaften zusammen, um zu programmieren, Software zu tauschen und zu spielen. Neben staatlich initiierten Clubs bildeten Computerfans vereinzelt auch ihre eigenen Vereinigungen im privaten Umfeld.
Die Mitte der 80er Jahre einsetzende private Nutzung von Heimcomputern beschäftigte ab 1986 verstärkt auch die Stasi. Die Geheimpolizei wollte wissen, was die jungen Menschen mit ihren Geräten anstellten. Nachdem die zuständige Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) des MfS bereits Mitte der 80er Jahre mit ihren Untersuchungen begonnen hatte, fasste sie im April 1988 ihre Erkenntnisse in einem zwölfseitigen Dokument zusammen. Die ZAGG war landesweit für die Überwachung der Computerszene verantwortlich und koordinierte das Vorgehen zwischen den MfS-Diensteinheiten.
Im vorliegenden Dokument stellte Wilfried Fetsch, Oberstleutnant bei der ZAGG, fest, dass in der DDR zunehmend Computertechnik aus dem Westen genutzt werde. Besorgt werde diese über entsprechende West-Kontakte. Die Stasi stellte nicht nur großes "Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Technik", sondern auch die "Herausbildung von Interessengemeinschaften oder Computerclubs" fest. Am Ende nennt sie die Schwerpunkte ihrer "vorbeugenden, schadensabwendenden Abwehrarbeit", zu denen u. a. die Überwachung der West-Kontakte vom Computerbesitzerinnen und -besitzern und die Unterbindung des Handels mit verbotener Software zählten. Dazu gehörten etwa Spiele mit "antisozialistischem Charakter", d. h. NS-Bezügen oder kriegsverherrlichenden Darstellungen.
Die ZAGG schickte die Information an alle eingebundenen Diensteinheiten, im vorliegenden Fall an die Hauptabteilung XVIII, die mit der "Sicherung" der Volkswirtschaft betraut war.
Personen aus der Kategorie Geheimnisträger oder Reisekader, die mit den genannten Problemen konfrontiert werden, sollten ebenfalls unter operativer Kontrolle gehalten werden. [handschriftliche Ergänzung: ?]
Das Einschleusen von Software, die eindeutig feindlich-negativen Charakter trägt oder den Antisemitismus zum Inhalt hat, (von Sternenkriegsprogrammen bis zu pornografischen Programmen) sollte operativ unterbunden, und Personen die mit derartigen Programmen handeln, sollten unter operativer Kontrolle gehalten werden. [handschriftliche Ergänzung: ?]
Da sich innerhalb der Interessengemeinschaften oder Computerclubs auch Mitglieder befinden, die nachweislich eine verfestigte negative Haltung zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung besitzen, besteht die Möglichkeit der negativen Ausrichtung der Interessengemeinschaften oder Computerclubs.
Durch einen geeigneten Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sollten diese Personen unter Kontrolle gehalten und gegebenenfalls herausgelöst werden.
Ebenso besteht die Möglichkeit der Informationssammlung durch die Interessengemeinschaften oder Computerclubs, die teilweise sehr detailliert sein können.
So verschickt z.B. der Schneider Klub Berlin Unterlagen an seine Mitglieder, die unter anderem solche Fragen enthalten wie
- Personalien
- gewünschte Kontaktadresse
- Beruf, Qualifikationen, besondere Kenntnisse
- dienstliche oder private Telefonnummer
- vorhandene Soft- und Hardware
- Interessengebiete.
Diese Informationen werden gespeichert und sind dann jedem Mitglied des Clubs zugänglich.
Da sich unter den Mitgliedern auch Hoch- und Fachschulkader befinden, ist ein Informationsabfluß möglich, der auch für den Gegner von Interesse sein kann.
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG) ging 1968 hervor aus der Arbeitsgruppe Sicherung von Staatsgeheimnissen (AG SVS). Aufgaben: politisch-operative Sicherung ausgewählter Staats- und Dienstgeheimnisse sowie von Geheimnisträgern und Einflussnahme auf Organe und Einrichtungen zur Gewährleistung des Geheim(nis)schutzes; dazu u. a. ständige Überprüfung und Kontrolle der Beachtung der Rechtsvorschriften zum Geheimschutz.
Information der Arbeitsgruppe Geheimnisschutz zur Bildung von Computerclubs in der DDR Dokument, 3 Seiten
Information über die Nutzung von Computertechnik durch oppositionelle Gruppen Dokument, 2 Seiten
IM-Bericht über den Ost-Berliner Computerclub im Haus der jungen Talente Dokument, 2 Seiten
Mitgliedskarte aus dem Computerclub "Chaotic Crew" in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite