Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 12478, Bl. 24-41
Im Jahr 1983 handelten der Chef der Abteilung Kommerzielle Koordinierung (KoKo), Alexander Schalck-Golodkowski, und der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, einen Milliardenkredit aus, der die DDR vor dem Staatsbankrott bewahrte. Die im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) für die Überwachung der Volkswirtschaft zuständige Hauptabteilung XVIII analysierte die Risiken und Probleme des Volkswirtschaftsplans 1983.
Anfang der 80er Jahre herrschte weltweit eine wirtschaftliche Krisenstimmung. Brisant war die Situation in den Ostblockstaaten. Die Versorgungslage der Bevölkerung war kritisch, die hohen Schulden im Ausland trieben die sozialistischen Staaten zunehmend in den Ruin. Polen erklärte sich bereits 1981 für bankrott, die DDR stand unmittelbar davor. Allein zur Finanzierung ihrer Verbindlichkeiten im Ausland benötigte sie dringend weitere Devisen und neue Kredite, die ihr aber westliche Banken inzwischen verwehrten.
Umso überraschter war die Öffentlichkeit auf beiden Seiten der Mauer, als am 1. Juli 1983 ein westdeutsches Bankenkonsortium unter der Führung der Bayerischen Landesbank der DDR einen Milliardenkredit gewährte. Eingefädelt und vorbereitet hatten ihn der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, und der Chef der Abteilung KoKo im Ministerium für Außenhandel der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski.
Auf Kosten des inländischen Konsums und damit der Versorgung der Bevölkerung verordnete die SED-Führung Ende 1982 eine drastische Drosselung der Importe und eine massive Steigerung der Exporte. Es ging um schnelle Geschäfte, um so viel Export wie möglich – von Grundnahrungsmitteln wie Butter und Fleisch genauso wie von Produkten, die im Westen absatzfähig waren.
Erich Honecker äußerte sich im November des Jahres in einer Politbürositzung folgendermaßen: "Das Entscheidende ist, dass unsere Wirtschaft das produziert, was abgesetzt werden kann und daß nicht auf Lager produziert wird". Investitionen an den maroden Produktionsanlagen hatten bei diesen Planungen keine Priorität. Vorrangiges Ziel war die zügige Ausweitung der Produktion für den Westexport mit Hilfe von Neuanlagen, die umfangreiche Beschaffung von Devisen und die Suche nach neuen Geldgebern. Entsprechend waren die SED-Vorgaben für das Jahr 1983. Erneut wies die HA XVIII in ihren Berichten ausführlich auf die schwierige Lage hin und betonte Risiken, Probleme und "irreale" Vorgaben des Volkswirtschaftsplans 1983. In der vorliegenden Information betont die HA XVIII, dass für den Planvorschlag 1983 "außerordentliche Maßnahmen notwendig" seien.
Im Planentwurf wird davon ausgegangen, daß der spezifische Verbrauch an Energieträgern, Rohstoffen und Materialien um 9,0 % gesenkt werden soll. Das bedeutet, daß eine geplante Produktionssteigerung in der Industrie um 4,5 % mit 95,4 % der 1982 eingesetzten Energie- und Materialfonds erreicht werden muß.
Schwerpunkte sind: Reduzierung des Walzstahlverbrauches (absolut) auf 93,0 % im Jahre 1983 gegenüber 1982; Blei 93,2 %; Dieselkraftstoff 95,1 %. Vergaserkraftstoff (ohne Bevölkerungsversorgung) 90,3 %, Faserstoffe 97,8 %.
Von den Ministern wird der Standpunkt vertreten, daß bei höchste Anstrengung eine Senkung des spezifischen Verbrauchs an Energieträgern, Rohstoffen und Materialien in Höhe von maximal 6 % möglich ist. Sie berufen sich dabei auf die Ergebnisse der vorhergehenden Jahre. So wird z.B. 1982 ein reales Produktionswachstum um 1,5 % mit nur 2 % weniger Material erreicht (spezifische Materialsenkung 6 %).
Genau so angespannt wie in der Industrie sind die Bedingungen für die [Unterstreichung: materiell-technische Sicherstellumg der Produktion in der Landwirtschaft]. Das betrifft vor allem die Produktion tierischer Erzeugnisse. Gegenüber dem ursprünglichen Planvorschlag wurde für die Produktion von 2,400 kt Schlachtvieh (einschließlich Sondergeschäft) und 6.400 kt Milch ein zusätzlicher NSW-Import von 1 Mio t Futtergetreide entschieden. Trotz dieser wichtigen Entscheidung gibt es noch- keine ausreichenden Sicherheiten, daß die geplanten Produktionsziele mit dem verfügbaren Futterfonds gesichert werden können. Im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft wurde per 10.11.1982 berechnet, daß immer noch ein Futterdefizit von 0,877 Mio t für 1983 besteht» Darüber hinaus muß damit gerechnet werden, daß durch den 1982 eingetretenen Verlust der Körpersubstanzreserven der Tiere auch bei einer ausreichenden Futterversorgung die Produktionsziele im I. Quartal 1983 gefährdet sind.
[Teil des Absatzes wurde am Rand handschriftlich markiert.]
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 12478, Bl. 24-41
Im Jahr 1983 handelten der Chef der Abteilung Kommerzielle Koordinierung (KoKo), Alexander Schalck-Golodkowski, und der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, einen Milliardenkredit aus, der die DDR vor dem Staatsbankrott bewahrte. Die im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) für die Überwachung der Volkswirtschaft zuständige Hauptabteilung XVIII analysierte die Risiken und Probleme des Volkswirtschaftsplans 1983.
Anfang der 80er Jahre herrschte weltweit eine wirtschaftliche Krisenstimmung. Brisant war die Situation in den Ostblockstaaten. Die Versorgungslage der Bevölkerung war kritisch, die hohen Schulden im Ausland trieben die sozialistischen Staaten zunehmend in den Ruin. Polen erklärte sich bereits 1981 für bankrott, die DDR stand unmittelbar davor. Allein zur Finanzierung ihrer Verbindlichkeiten im Ausland benötigte sie dringend weitere Devisen und neue Kredite, die ihr aber westliche Banken inzwischen verwehrten.
Umso überraschter war die Öffentlichkeit auf beiden Seiten der Mauer, als am 1. Juli 1983 ein westdeutsches Bankenkonsortium unter der Führung der Bayerischen Landesbank der DDR einen Milliardenkredit gewährte. Eingefädelt und vorbereitet hatten ihn der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, und der Chef der Abteilung KoKo im Ministerium für Außenhandel der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski.
Auf Kosten des inländischen Konsums und damit der Versorgung der Bevölkerung verordnete die SED-Führung Ende 1982 eine drastische Drosselung der Importe und eine massive Steigerung der Exporte. Es ging um schnelle Geschäfte, um so viel Export wie möglich – von Grundnahrungsmitteln wie Butter und Fleisch genauso wie von Produkten, die im Westen absatzfähig waren.
Erich Honecker äußerte sich im November des Jahres in einer Politbürositzung folgendermaßen: "Das Entscheidende ist, dass unsere Wirtschaft das produziert, was abgesetzt werden kann und daß nicht auf Lager produziert wird". Investitionen an den maroden Produktionsanlagen hatten bei diesen Planungen keine Priorität. Vorrangiges Ziel war die zügige Ausweitung der Produktion für den Westexport mit Hilfe von Neuanlagen, die umfangreiche Beschaffung von Devisen und die Suche nach neuen Geldgebern. Entsprechend waren die SED-Vorgaben für das Jahr 1983. Erneut wies die HA XVIII in ihren Berichten ausführlich auf die schwierige Lage hin und betonte Risiken, Probleme und "irreale" Vorgaben des Volkswirtschaftsplans 1983. In der vorliegenden Information betont die HA XVIII, dass für den Planvorschlag 1983 "außerordentliche Maßnahmen notwendig" seien.
Als erschwerender Faktor für die materiell-technische Sicherung der Produktion im Jahr 1983 wirkt, daß die staatlichen Reserven im Jahr 1982 bedeutend verringert wurden. In den ersten 9 Monaten des Jahres sind die verfügbaren Bestände um 1,3 Mrd Mark (55 %) reduziert worden. Etwa 50 % wurden zur Sicherung der Zahlungsbilanz eingesetzt. Mit einem weiteren Abbau im IV. Quartal 1982 wird gerechnet. Im Gegensatz zu den Vorjahren ist 1982 keine Wiedereinlagerung der abverfügten Bestände vorgenommen worden. Für wichtige Materialarten wie Kupfer, Blei, Zinn, Aluminium, Kobalt, Quecksilber, Kautschuk, Getreide und Ölfrüchte gibt es keine Reserven mehr. Für Benzin, Dieselkraftstoff und Kerosin ist die Bevorratung auf 4 Tage reduziert worden. Der ausgleichende Wirkungsmechanismus der Staatsreserve ist durch diese Lage erheblich eingeschränkt.
- [Unterstreichung: Die größten Probleme bestehen bei] den im Planvorschlag vorgesehenen Zielstellungen für die [Unterstreichung: Außenwirtschaftsbeziehungen] mit dem [Unterstreichung: nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet, durch die alle anderen wichtigen Hauptkennziffern des Planes 1983 beeinflußt werden.]
[Absatz wurde am Rand handschriftlich mit einem Ausrufezeichen markiert.]
[Handschriftliche Ergänzung: [Unterstreichung: Prinzip:] Zahlungsfähigkeit geht [Unterstreichung: vor] Effektivität]
Von den außenwirtschaftlichen Erfordernissen ausgehend, sieht der Planvorschlag vor, Exporte in das NSW für 19,3 Mrd VM (127,8 %) und Importe aus dem NSW in Höhe von 10,7 Mrd Mark durchzuführen. Das bedeutet, 1983 einen NSW-Exportzuwachs von voraussichtlich 4,2 Mrd VM zu realisieren, einen Exportüberschuß von 8,6 Mrd VM zu erwirtschaften und dabei gleichzeitig die NSW-Importe für die volkswirtschaftlichen Bereiche um weitere 11 % einzuschränken. Der geplante NSW-Exportzuwachs ist der höchste, der je geplant wurde. Der Export-Überschuß soll doppelt so hoch wie 1982 sein. Diese Leistung soll es ermöglichen, Kreditrückzahlungen von 17 Mrd VM und Zinsrückzahlungen von 3,9 Mrd VM vorzunehmen. Darüber hinaus sieht der Plan vor für die Finanzierung von Importen und
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 12478, Bl. 24-41
Im Jahr 1983 handelten der Chef der Abteilung Kommerzielle Koordinierung (KoKo), Alexander Schalck-Golodkowski, und der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, einen Milliardenkredit aus, der die DDR vor dem Staatsbankrott bewahrte. Die im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) für die Überwachung der Volkswirtschaft zuständige Hauptabteilung XVIII analysierte die Risiken und Probleme des Volkswirtschaftsplans 1983.
Anfang der 80er Jahre herrschte weltweit eine wirtschaftliche Krisenstimmung. Brisant war die Situation in den Ostblockstaaten. Die Versorgungslage der Bevölkerung war kritisch, die hohen Schulden im Ausland trieben die sozialistischen Staaten zunehmend in den Ruin. Polen erklärte sich bereits 1981 für bankrott, die DDR stand unmittelbar davor. Allein zur Finanzierung ihrer Verbindlichkeiten im Ausland benötigte sie dringend weitere Devisen und neue Kredite, die ihr aber westliche Banken inzwischen verwehrten.
Umso überraschter war die Öffentlichkeit auf beiden Seiten der Mauer, als am 1. Juli 1983 ein westdeutsches Bankenkonsortium unter der Führung der Bayerischen Landesbank der DDR einen Milliardenkredit gewährte. Eingefädelt und vorbereitet hatten ihn der bayerische Ministerpräsident, Franz Josef Strauß, und der Chef der Abteilung KoKo im Ministerium für Außenhandel der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski.
Auf Kosten des inländischen Konsums und damit der Versorgung der Bevölkerung verordnete die SED-Führung Ende 1982 eine drastische Drosselung der Importe und eine massive Steigerung der Exporte. Es ging um schnelle Geschäfte, um so viel Export wie möglich – von Grundnahrungsmitteln wie Butter und Fleisch genauso wie von Produkten, die im Westen absatzfähig waren.
Erich Honecker äußerte sich im November des Jahres in einer Politbürositzung folgendermaßen: "Das Entscheidende ist, dass unsere Wirtschaft das produziert, was abgesetzt werden kann und daß nicht auf Lager produziert wird". Investitionen an den maroden Produktionsanlagen hatten bei diesen Planungen keine Priorität. Vorrangiges Ziel war die zügige Ausweitung der Produktion für den Westexport mit Hilfe von Neuanlagen, die umfangreiche Beschaffung von Devisen und die Suche nach neuen Geldgebern. Entsprechend waren die SED-Vorgaben für das Jahr 1983. Erneut wies die HA XVIII in ihren Berichten ausführlich auf die schwierige Lage hin und betonte Risiken, Probleme und "irreale" Vorgaben des Volkswirtschaftsplans 1983. In der vorliegenden Information betont die HA XVIII, dass für den Planvorschlag 1983 "außerordentliche Maßnahmen notwendig" seien.
andere Risikofaktoren 5,7 Mrd VM zu erwirtschaften. Die Verbindlichkeiten der DDR gegenüber dem NSW sollen bis Ende 1983 von 36,5 Mrd VM auf rund 31 Mrd VM verringert werden.
Für das Jahr 1983 hat die Staatliche Plankommission ein [Unterstreichung: Bargelddefizit] bei konvertierbaren Devisen von [Unterstreichung: 6,1 Mrd VM] berechnet. Davon werden bereits im Januar 1983 2,2 Mrd VM, im I. Quartal 1983 3,1 Mrd VM und im November nächsten Jahres 6,7 Mrd VM fällig. Dieses Bargelddefizit entspricht einem volkswirtschaftlichen Endprodukt von etwa 15 Mrd Mark, das nicht zur Verfügung steht. Hinzu kommt ein Währungssaldo zur BRD und Westberlin von ./. 966 Mio VM, wobei der vereinbarte Swing um 196 Mio VM überschritten wird.
Zu dieser Frage gibt es im Planvorschlag 1983 keine Lösung und auch keine Alternativvorschläge. Es muß aber davon ausgegangen werden, daß es unter den Bedingungen des Wirtschaftskrieges der aggressiven imperialistischen Kreise gegen unser Land nicht möglich ist, das Bargelddefizit durch Kredite auszugleichen.
Über diese Lage hinausgehend zeichnet sich ab, daß die für den NSW-Export geplante Effektivität nicht erreicht wird und daraus weitere Belastungen der Inlandsfonds eintreten. Der Planvorschlag 1983 sieht vor, beim NSW-Export eine Rentabilitätskennziffer von 0,458 zu erreichen. Diese Kennziffer wurde bereits gegenüber der ursprünglichen staatlichen Aufgabe von 0,528 abgesenkt. Hierfür mußten 5 Mrd Mark mehr Endprodukt vom Plan her bereitgestellt werden. Aber auch die im jetzt vorliegenden Planvorschlag vorgesehene Dsvisenrentabilität wird nicht erreicht. Gegenwärtig sind von dem geplanten NSW-Export etwa 18,0 Mrd VM protokolliert. Mit den protokollierten Waren erzielen wir aber nach der jetzt vorgelegten Übersicht nur eins Devisenrentabilität von etwa 0,440.
Hauptabteilung XVIII (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Sicherheitspolitischer Standpunkt zum Ansatz für den Volkswirtschaftsplan 1983 Dokument, 16 Seiten
Schreiben Gerhard Schürers an Erich Honecker mit Überlegungen zum Volkswirtschaftsplan 1989 Dokument, 14 Seiten
"Zum Stand der Arbeit an der Staatlichen Aufgabe 1989 und einigen sich dabei abzeichnenden Problemen" Dokument, 11 Seiten
Notizen aus der Politbürositzung zur Schürer-Mittag-Kontroverse Dokument, 29 Seiten