Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 1826, Bl. 13
Übersicht über die Aufenthalte Lindenbergs in Ost-Berlin. Die Stasi beobachtete den Musiker, sobald er in die DDR einreiste.
Am 25. Oktober 1983 spielte Udo Lindenberg zum ersten und vor dem Mauerfall einzigen Mal in der DDR. 15 Minuten dauerte der Auftritt des westdeutschen Rockers beim sogenannten "Friedensfestival" der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Ost-Berlin. Der Auftritt löste bei der Stasi einen umfangreichen Einsatz aus, auch deshalb weil Udo Lindenberg ein steter Kritiker der Verhältnisse in der DDR war. Die Stasi protokollierte bereits im Vorfeld des Konzertes Lindenbergs Reisen nach Ost-Berlin. Auch am Tag seines Auftritts im Palast der Republik überwachten MfS-Mitarbeiter Udo Lindenberg.
Anlage
Einreisen / Aufenthalte Lindenbergs in der Hauptstadt der DDR, Berlin
30. 9. 1983
Einreise: 12.17 Uhr GÜSt Invalidenstraße
Ausreise: 21.24 Uhr GÜSt Invalidenstraße
wurde durch leitenden Mitarbeiter des Zentralrates der FDJ an der GÜSt abgeholt und verabschiedet;
HA XX beantragte Ausnahmeentscheidung;
8. 10. 1983
Einreise: 12.05 Uhr GÜSt Invalidenstraße
Ausreise: 18.10 Uhr GÜSt Invalidenstraße
wurde durch den Bürger Westberlins, [geschwärzt] begleitet;
beide wurden an der GÜSt durch einen leitenden Mitarbeiter des Zentralrates der FDD abgeholt und verabschiedet;
10.35 Uhr war die schwedische Bürgerin, [geschwärzt] über die GÜSt Friedrich/Zimmerstraße ein und um 18.00 Uhr wieder ausgereist;
25. 10. 1983
Einreise: 12.10 Uhr GÜSt Invalidenstraße
Ausreise: 24.00 Uhr GÜSt Invalidenstraße
Auftritt im Rahmen der Abschlußveranstaltung der Lieder-Tournee der FDJ "Für den Frieden der Welt - weg mit dem NATO-Rakentenbeschluß" am 25.10.1983 von 19.00 - 22.30 Uhr im Palast der Republik
L. wurde von 2 Mitarbeitern des Zentralrates der FDJ mit einem Pkw abgeholt. In seiner Begleitung befanden sich 13 Personen, darunter 8 Musiker und Techniker seines Ensembles, sein Manager, seine Freundin und eine freischaffende Journalistin.
ZDF fertigte von 12.10 Uhr bis 12.23 Uhr ein kurzes Interview mit Lindenberg.
Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Untergrund)
Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich der politischen Repression und Überwachung der Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sie sich mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an. Die Diensteinheit ging 1964 durch Umbenennung aus der Hauptatbeilung V hervor, die ihrerseits in den Abteilungen V und VI (1950–1953) ihre Vorläufer hatte.
Die Hauptabteilung XX und die ihr nachgeordneten Abteilungen XX in den Bezirksverwaltungen (Linie XX) sowie entsprechende Arbeitsbereiche in den KD überwachten wichtige Teile des Staatsapparates (u. a. Justiz, Gesundheitswesen und bis 1986 das Post- und Fernmeldewesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, den Kultur- und Sportbereich, die Medien und die Kirchen sowie SED-Sonderobjekte und Parteibetriebe. Federführend war die Hauptabteilung XX auch bei der Bekämpfung der "politischen Untergrundtätigkeit" (PUT), also der Opposition.
Ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre und verstärkt seit dem Beginn der Entspannungspolitik fühlte sich das SED-Regime zunehmend durch die "politisch-ideologische Diversion" (PiD) bedroht. Die Schwächung der "Arbeiter-und-Bauern-Macht" durch "ideologische Aufweichung und Zersetzung" galt als Hauptinstrument des Westens bei der Unterminierung der DDR. Auch bei der Bekämpfung der PiD hatte die Hauptabteilung XX innerhalb des MfS die Federführung.
Das Erstarken der Bürgerrechtsbewegung (Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen) in der DDR führte in den 80er Jahren zu einem weiteren Bedeutungszuwachs der Linie XX. In der DA 2/85 bestätigte Minister Mielke dementsprechend die Federführung der Hauptabteilung XX bei der Bekämpfung der PUT.
Im Verlauf der fast 40-jährigen Entwicklung der Hauptabteilung XX veränderte sich ihre Struktur mehrfach. In der Endphase verfügte sie über neun operative Abteilungen und vier Funktionalorgane der Leitung (Sekretariat, Arbeitsgruppe der Leitung, Koordinierungsgruppe des Leiters, Auswertungs- und Kontrollgruppe).
Die Hauptabteilung V lag ab 1953 zunächst im unmittelbaren Anleitungsbereich von Mielke in seiner Eigenschaft als 1. Stellvertreter des Staatssicherheitschefs. Ab 1955 war der stellvertretende Minister Bruno Beater und 1964–1974 der stellv. Minister Fritz Schröder auf der Ebene der MfS-Leitung für die Hauptabteilung XX zuständig. Beide waren zuvor selbst (Beater 1953–1955, Schröder 1955–1963) Leiter der Hauptabteilung V. Seit 1975 gehörte die Hauptabteilung XX zum Verantwortungsbereich von Mielkes Stellvertreter Rudi Mittig. Von 1964 bis zur Auflösung des MfS leitete Kienberg die Hauptabteilung XX. Ihm standen seit 1965 zwei Stellvertreter zur Seite.
1954 waren in der Hauptabteilung V insgesamt 139 Mitarbeiter beschäftigt. Im Herbst 1989 verfügte die Hauptabteilung XX über 461 Mitarbeiter, von denen mehr als 200 als IM-führende Mitarbeiter eingesetzt waren.
In den 15 Bezirksverwaltungen waren auf der Linie XX im Oktober 1989 insgesamt knapp 1.000 Kader und damit auf der gesamten Linie XX fast 1.500 hauptamtliche Mitarbeiter im Einsatz. Gleichzeitig konnte allein die Hauptabteilung XX mit etwas mehr als 1.500 IM auf einen überdurchschnittlich hohen Bestand an inoffiziellen Kräften zurückgreifen. Ihrem Aufgabenprofil entsprechend spiegelt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Hauptabteilung XX auch die Geschichte von Opposition, Widerstand und politischer Dissidenz in der DDR. Im Herbst 1989 wurden von der Diensteinheit 31 Operative Vorgänge (10 Prozent aller Operativen Vorgänge im Berliner Ministeriumsbereich) und 59 Operative Personenkontrollen (8,7 Prozent) bearbeitet.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
Abschlussbericht zum Sicherungseinsatz beim Friedensfestival der FDJ im Palast der Republik Dokument, 4 Seiten
Lagefilm der Stasi zum Konzert mit Udo Lindenberg im Palast der Republik Dokument, 4 Seiten
Bericht zu Film- und Fotoaufnahmen im Zusammenhang mit der Einreise Udo Lindenbergs Dokument, 3 Seiten
Aktivitätenplan am Tag des Udo-Lindenberg-Konzertes im Palast der Republik Dokument, 2 Seiten