Signatur: BStU, MfS, HA IX, Nr. 17404, Bl. 2-5
Die Positionen des Neuen Forums fanden innerhalb der Bevölkerung allgemeine Zustimmung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter unter anderem Argumente gegen die Oppositionsgruppe.
Am 9. September gründete sich das Neue Forum in Grünheide bei Berlin. Einen Tag später veröffentlichte die Gruppe einen Gründungsaufruf, in dem sie die gestörte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft sowie eine Reihe konkreter Missstände in der DDR kritisierte. Einige Tage später beantragte das Neue Forum die Zulassung als Vereinigung, welche durch das Ministerium des Inneren (MdI) umgehend abgelehnt wurde. Als Begründung dafür verwies das MdI lediglich auf den angeblich verfassungsfeindlichen Charakter der Vereinigung, ohne sich mit konkreten Inhalten auseinanderzusetzen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich in der DDR-Gesellschaft ein genereller Wandel vollzogen. Spätestens im Oktober 1989 fanden die Forderungen des Neuen Forums allgemeine Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter Argumente gegen das Neue Forum an die Hand. Durch die Arbeit des Neuen Forums werde der "sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern unerträglich diffamiert".
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um die letzte Nummer der parteiinternen "Informationen". Die Reihe wurde seit 1968 von der Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED herausgegeben und ging an die Grundorganisationen bzw. Abteilungsparteiorganisationen der SED, die sich auch im Ministerium für Staatssicherheit wiederfanden.
Gera, Karl-Marx-Stadt und Frankfurt (Oder) "konstituiert" hat und in allen anderen Bezirken über sogenannte Kontaktstellen bzw. Kontaktadressen verfügt.
Die Autoren dieses "Neuen Forum" betreiben das Geschäft der Feinde des Sozialismus. Ihnen ist es gelungen - anknüpfend an reale Probleme und Widersprüche unserer sozialistischen Entwicklung - bei nicht wenigen Bürgern der DDR, darunter auch jungen Menschen, Gehör zu finden und Verwirrung zu stiften. Notwendig ist es, sich von jenen zu distanzieren, die den Sozialismus als System beseitigen wollen.
Wären sie, wie sie vorgeben, tatsächlich für den Sozialismus und seine weitere Ausgestaltung, wären sie also ehrlich, dann könnten sie im breiten Spektrum demokratischer Organisationen unseres Landes tatkräftig mitwirken und verändern.
Welche eigentlichen Ziele verbergen sich hinter ihren hochtönen[unleserlich durch Lochung des Papiers] Namen und Bezeichnungen?
Im sogenannten Gründungsaufruf "Aufbruch 89-Neues Forum", der mittlerweile unter Mißbrauch kirchlicher Einrichtungen republikweit verbreitet wurde, werden die antisozialistischen Ziele seiner Initiatoren deutlich sichtbar. Erklärte Absicht der über 30 "Gründungsmitglieder", unter denen sich Intellektuelle, Studenten und Pfarrer befinden - bezeichnenderweise gehört zu ihnen ein einziger Arbeiter -, ist die Bildung einer politischen Plattform für die gesamte DDR.
Es wird behauptet, daß die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft gestört, die schöpferischen Potenzen der Gesellschaft gelähmt und die Lösung der anstehenden lokalen und globalen Aufgaben behindert seien. Angebote, wie real vorhandene Probleme im demokratischen Miteinander überwunden werden können, werden nicht gemacht. Im Gegenteil. Dem Staat wird keine Möglichkeit geboten, der beteuerten Verfassungstreue der Aufrufer Glauben zu schenken. Wie soll man zum Beispiel die Feststellung im "Gründungsaufruf" verstehen, das Machtmonopol des Staates zu beseitigen.
Damit wird der sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern unerträglich diffamiert. Abgeordnete, Werktätige in den Staatsorganen und alle jene Bürger, die für ihren Staat einstehen und für das Wohl des Volkes wirken, werden in ihrer Würde verletzt. Der unermüdlichen, ja aufopferungsvollen Tätigkeit der Rechtspflegeorgane unseres Landes ist es doch wohl ganz entscheidend zu danken, daß die Kriminalität, bezogen auf 100 000 [unleserlich durch Lochung des Papiers] gegenüber der BRD zehnmal geringer ist und die DDR zu den Ländern mit der niedrigsten Kriminalitätsrate in der Welt gehört. Sicherheit und Geborgenheit sind zu Markenzeichen sozialistischen Lebensgefühls bei uns geworden.
Der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und kontinuierlichem Wirtschaftswachstum als Grundlage für Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit und steigenden Lebensstandard wird die Forderung nach "Abkehr vom ungehemmten Wachstum" und nach "Spielraum für wirtschaftliche Initiative" entgegengestellt. Damit wird, wie Akteure der "Organisation" immer wieder auch bei anderen Gelegenheiten betonen, die sozialistische, auf
Für Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit zuständige zentrale Diensteinheit, 1955 aus der Abteilung Allgemeines ausgegründet. Sie sorgte für die Erarbeitung von Ausstellungen, Printpublikationen und Filmen zur Tätigkeit des MfS sowie für die Platzierung solcher Themen in den DDR-Medien. Die Abt. stand unter der Leitung von Gustav Borrmann (1955–1957), Günter Halle (1957–1975) und Helmut Bechert (1975–1985). Sie verfügte 1960 über 26, 1970 über 69 und 1985 über 76 Mitarbeiter. 1972–1983 war der Arbeitsbereich, der für die Zusammenarbeit mit betrieblichen Arbeitskollektiven, Schulen und Grenzgemeinden sowie die sog. Patenschaftsarbeit zuständig war, unter der Leitung von Gerhard Kehl als Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen (AÖV) zeitweise ausgegliedert. 1985 wurde der Aufgabenbereich der Abteilung als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert.
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
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Signatur: BStU, MfS, HA IX, Nr. 17404, Bl. 2-5
Die Positionen des Neuen Forums fanden innerhalb der Bevölkerung allgemeine Zustimmung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter unter anderem Argumente gegen die Oppositionsgruppe.
Am 9. September gründete sich das Neue Forum in Grünheide bei Berlin. Einen Tag später veröffentlichte die Gruppe einen Gründungsaufruf, in dem sie die gestörte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft sowie eine Reihe konkreter Missstände in der DDR kritisierte. Einige Tage später beantragte das Neue Forum die Zulassung als Vereinigung, welche durch das Ministerium des Inneren (MdI) umgehend abgelehnt wurde. Als Begründung dafür verwies das MdI lediglich auf den angeblich verfassungsfeindlichen Charakter der Vereinigung, ohne sich mit konkreten Inhalten auseinanderzusetzen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich in der DDR-Gesellschaft ein genereller Wandel vollzogen. Spätestens im Oktober 1989 fanden die Forderungen des Neuen Forums allgemeine Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter Argumente gegen das Neue Forum an die Hand. Durch die Arbeit des Neuen Forums werde der "sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern unerträglich diffamiert".
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um die letzte Nummer der parteiinternen "Informationen". Die Reihe wurde seit 1968 von der Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED herausgegeben und ging an die Grundorganisationen bzw. Abteilungsparteiorganisationen der SED, die sich auch im Ministerium für Staatssicherheit wiederfanden.
dem gesellschaftlichen Eigentum an den wichtigsten Produktionsmitteln beruhende Planwirtschaft in Frage gestellt und einer "sozialen Marktwirtschaft", also kapitalistischer Profitwirtschaft, das Wort geredet.
Dies wird zugleich mit der Abschaffung der führenden Rolle der Partei, der Bildung pluralistischer Strukturen in der gesamten Gesellschaft und weiteren, auf die Untergrabung der Arbeiter-und-Bauern-Machtzielenden Forderungen verbunden.
Es kann wohl auch kein Zufall sein, daß im Gründungsaufruf für eine "Umgestaltung der Gesellschaft" plädiert, aber keinerlei Bezug auf ihren sozialistischen Charakter genommen wird. Ja, das Wort Sozialismus oder sozialistisch sucht man in diesem Papier vergeblich. Sollen wir derartigem Gedankengut etwa "Pressefreiheit" gewähren?
Die erklärten Forderungen und die Praxis des "Neuen Forum" stehen im Widerspruch zu den Grundwerten und politischen Grundlagen des Sozialismus in der DDR, wie sie in der mit Volksentscheid 1968 angenommenen [unleserlich durch Lochung des Papiers]erfassung ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben. Darauf begründet sich seine Nichtzulassung.
Der antisozialistische Charakter des "Neuen Forum" wird auch dadurch verdeutlicht, daß seine Organisatoren im direkten Zusammenspiel mit führenden Vertretern der Bonner Regierung, politischen Parteien und Medien der BRD und Westberlins-also einer fremden Macht-handeln. Dafür spricht, daß noch vor dem Antrag auf Zulassung beim Ministerium des Innern, der am 22. September 1989 mit Datum vom 19.September 1989 gestellt wurde, bereits am 13.September 1989 der Gründungsaufruf in die großbürgerliche "Frankfurter Rundschau" lanciert worden war. Flankierend dazu gaben Gründungsmitglieder, wie Bärbel Bohley und Rolf Henrich, Interviews, zum Teil per Telefon, für verschiedene westliche Hörfunk- und Fernsehsender. Grundtenor ihres Auftretens war die Absicht, ungeachtet einer erwarteten Nichtzulassung als Vereinigung durch den Staat ihre Aktivitäten fortzuführen.
Noch unverhohlener in ihrer antisozialistischen und konterrevolutionären Programmatik und ihrem verfassungsfeindlichen Handeln sind solche Gruppierungen wie die Sammlungsbewegung "Demokratischer Aufbruch" und die bezeichnenderweise am 7. Oktober - am 40. Jahrestag der DDR - im Untergrund gebildete "Sozialdemokratische Partei". Unter einer "umgestalteten Gesellschaft" und einer "erneuerten demokratischen Republik" verstehen sie:
- die "Pluralisierung der Eigentumsformen",
- die Aufgabe "der Fiktion des Volkseigentums",
- die "Gründung neuer Parteien mit konzeptionellen Alternativen",
- eine "soziale Marktwirtschaft mit Monopolverbot",
- die Beseitigung der führenden Rolle der SED mit der Begründung der "Aufhebung des Machtmonopols der Partei".
So weisen es ihre Dokumente aus.
Diese Gruppierungen, die aus gutem Grund die Öffentlichkeit in der DDR meiden und wohlweislich bisher keinen Antrag auf Zulassung gestellt haben, wirken ebenfalls außerhalb von Recht und Gesetz und daher illegal. Wer ihnen seine Sympathie bekundet, muß wissen, worauf er sich einläßt.
Für Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit zuständige zentrale Diensteinheit, 1955 aus der Abteilung Allgemeines ausgegründet. Sie sorgte für die Erarbeitung von Ausstellungen, Printpublikationen und Filmen zur Tätigkeit des MfS sowie für die Platzierung solcher Themen in den DDR-Medien. Die Abt. stand unter der Leitung von Gustav Borrmann (1955–1957), Günter Halle (1957–1975) und Helmut Bechert (1975–1985). Sie verfügte 1960 über 26, 1970 über 69 und 1985 über 76 Mitarbeiter. 1972–1983 war der Arbeitsbereich, der für die Zusammenarbeit mit betrieblichen Arbeitskollektiven, Schulen und Grenzgemeinden sowie die sog. Patenschaftsarbeit zuständig war, unter der Leitung von Gerhard Kehl als Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen (AÖV) zeitweise ausgegliedert. 1985 wurde der Aufgabenbereich der Abteilung als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert.
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Signatur: BStU, MfS, HA IX, Nr. 17404, Bl. 2-5
Die Positionen des Neuen Forums fanden innerhalb der Bevölkerung allgemeine Zustimmung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter unter anderem Argumente gegen die Oppositionsgruppe.
Am 9. September gründete sich das Neue Forum in Grünheide bei Berlin. Einen Tag später veröffentlichte die Gruppe einen Gründungsaufruf, in dem sie die gestörte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft sowie eine Reihe konkreter Missstände in der DDR kritisierte. Einige Tage später beantragte das Neue Forum die Zulassung als Vereinigung, welche durch das Ministerium des Inneren (MdI) umgehend abgelehnt wurde. Als Begründung dafür verwies das MdI lediglich auf den angeblich verfassungsfeindlichen Charakter der Vereinigung, ohne sich mit konkreten Inhalten auseinanderzusetzen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich in der DDR-Gesellschaft ein genereller Wandel vollzogen. Spätestens im Oktober 1989 fanden die Forderungen des Neuen Forums allgemeine Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Aus einer parteiinternen "Information" bezogen Stasi-Mitarbeiter Argumente gegen das Neue Forum an die Hand. Durch die Arbeit des Neuen Forums werde der "sozialistische Staat der Arbeiter und Bauern unerträglich diffamiert".
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um die letzte Nummer der parteiinternen "Informationen". Die Reihe wurde seit 1968 von der Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED herausgegeben und ging an die Grundorganisationen bzw. Abteilungsparteiorganisationen der SED, die sich auch im Ministerium für Staatssicherheit wiederfanden.
dem gesellschaftlichen Eigentum an den wichtigsten Produktionsmitteln beruhende Planwirtschaft in Frage gestellt und einer "sozialen Marktwirtschaft", also kapitalistischer Profitwirtschaft, das Wort geredet.
Dies wird zugleich mit der Abschaffung der führenden Rolle der Partei, der Bildung pluralistischer Strukturen in der gesamten Gesellschaft und weiteren, auf die Untergrabung der Arbeiter-und-Bauern-Machtzielenden Forderungen verbunden.
Es kann wohl auch kein Zufall sein, daß im Gründungsaufruf für eine "Umgestaltung der Gesellschaft" plädiert, aber keinerlei Bezug auf ihren sozialistischen Charakter genommen wird. Ja, das Wort Sozialismus oder sozialistisch sucht man in diesem Papier vergeblich. Sollen wir derartigem Gedankengut etwa "Pressefreiheit" gewähren?
Die erklärten Forderungen und die Praxis des "Neuen Forum" stehen im Widerspruch zu den Grundwerten und politischen Grundlagen des Sozialismus in der DDR, wie sie in der mit Volksentscheid 1968 angenommenen [unleserlich durch Lochung des Papiers]erfassung ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben. Darauf begründet sich seine Nichtzulassung.
Der antisozialistische Charakter des "Neuen Forum" wird auch dadurch verdeutlicht, daß seine Organisatoren im direkten Zusammenspiel mit führenden Vertretern der Bonner Regierung, politischen Parteien und Medien der BRD und Westberlins-also einer fremden Macht-handeln. Dafür spricht, daß noch vor dem Antrag auf Zulassung beim Ministerium des Innern, der am 22. September 1989 mit Datum vom 19.September 1989 gestellt wurde, bereits am 13.September 1989 der Gründungsaufruf in die großbürgerliche "Frankfurter Rundschau" lanciert worden war. Flankierend dazu gaben Gründungsmitglieder, wie Bärbel Bohley und Rolf Henrich, Interviews, zum Teil per Telefon, für verschiedene westliche Hörfunk- und Fernsehsender. Grundtenor ihres Auftretens war die Absicht, ungeachtet einer erwarteten Nichtzulassung als Vereinigung durch den Staat ihre Aktivitäten fortzuführen.
Noch unverhohlener in ihrer antisozialistischen und konterrevolutionären Programmatik und ihrem verfassungsfeindlichen Handeln sind solche Gruppierungen wie die Sammlungsbewegung "Demokratischer Aufbruch" und die bezeichnenderweise am 7. Oktober - am 40. Jahrestag der DDR - im Untergrund gebildete "Sozialdemokratische Partei". Unter einer "umgestalteten Gesellschaft" und einer "erneuerten demokratischen Republik" verstehen sie:
- die "Pluralisierung der Eigentumsformen",
- die Aufgabe "der Fiktion des Volkseigentums",
- die "Gründung neuer Parteien mit konzeptionellen Alternativen",
- eine "soziale Marktwirtschaft mit Monopolverbot",
- die Beseitigung der führenden Rolle der SED mit der Begründung der "Aufhebung des Machtmonopols der Partei".
So weisen es ihre Dokumente aus.
Diese Gruppierungen, die aus gutem Grund die Öffentlichkeit in der DDR meiden und wohlweislich bisher keinen Antrag auf Zulassung gestellt haben, wirken ebenfalls außerhalb von Recht und Gesetz und daher illegal. Wer ihnen seine Sympathie bekundet, muß wissen, worauf er sich einläßt.
Für Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit zuständige zentrale Diensteinheit, 1955 aus der Abteilung Allgemeines ausgegründet. Sie sorgte für die Erarbeitung von Ausstellungen, Printpublikationen und Filmen zur Tätigkeit des MfS sowie für die Platzierung solcher Themen in den DDR-Medien. Die Abt. stand unter der Leitung von Gustav Borrmann (1955–1957), Günter Halle (1957–1975) und Helmut Bechert (1975–1985). Sie verfügte 1960 über 26, 1970 über 69 und 1985 über 76 Mitarbeiter. 1972–1983 war der Arbeitsbereich, der für die Zusammenarbeit mit betrieblichen Arbeitskollektiven, Schulen und Grenzgemeinden sowie die sog. Patenschaftsarbeit zuständig war, unter der Leitung von Gerhard Kehl als Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen (AÖV) zeitweise ausgegliedert. 1985 wurde der Aufgabenbereich der Abteilung als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert.
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Auskunftsmaterial der Staatssicherheit zum Umgang mit dem Verbot des Neuen Forums Dokument, 13 Seiten
Bericht über die Formierung von Oppositionsbewegungen in der DDR Dokument, 16 Seiten
Reaktion von Mitgliedern auf das Verbot des Neuen Forums und weitere Aktivitäten Dokument, 6 Seiten
Information über Bestrebungen oppositioneller Kräfte zur Schaffung DDR-weiter Sammlungsbewegungen Dokument, 27 Seiten