Signatur: BStU, MfS, HA XIX, Nr. 6935, Bl. 7-9
Kurz nach Bekanntwerden des Sputnik-Verbots 1988 wies der Postzeitungsvertrieb (PZV) der DDR an, die Abonnementspreise anteilig zurückzuzahlen und auf Eingaben nur standardisiert zu antworten.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Die vorliegende Meldung des Postzeitungsvertriebs (PZV) ging an alle Leiter der Bezirksverwaltungen der Deutschen Post (BDP) und des Zeitungsvertriebsamts (ZVA). Der "Sputnik" sollte für die Jahre 1988 und 1989 von der Postzeitungsliste gestrichen und die bereits gezahlten Gelder den Abonnenten erstattet werden. Die Anlage enthält einen vorbereiteten Standardtext zur Beantwortung von Eingaben.
Fernschreiben-Telegramm
Aufgeber: Dienststelle PZV 5 2320-0; Bearbeiter: Name und Hausruf 2679; Aktenzeichen [Auslassung]; Tag [Auslassung]; Zeit [Auslassung]
FS-Stelle (Tagesstempel) [handschriftliche Ergänzung: 21.11.88]; Uhrzeit [Auslassung]; Name [Auslassung]
Empfänger; [unterstrichen: Sofort auf den Tisch!]; Alle Leiter der BDP und Leiter ZVA
FS-Nr. [Auslassung]
Lauf-Nr. [handschriftliche Ergänzung: 444-5 [unleserlich]]
Maßnahmen zur Zeitschrift "Sputnik"
Wie in der Tagespresse am 19.11.1988 veröffentlich wurde, ist die Zeitschrift Sputnik (alle Sprachausgaben) mit sofortiger Wirkung aus der Postzeitungsliste für die DDR gestrichen worden.
Der anteilige Abonnementspreis für die Nr. 10 und 12/1988 in Höhe von 4 M wird den Abonnenten erstattet. Die Erstattung wird zentral veranlaßt. Erstattungskarten gehen den PZV in den nächsten Tagen zu.
Zur Beantwortung von Eingaben ist der als Anlage beigefügte Text zu verwenden.
Sofern die Bürger in den Eingaben weitere Probleme dargelegt haben (z.B. Ablehnung von Abonnementsbestellungen bei anderen Presseerzeugnissen) ist der beigefügte Text entsprechend zu ergänzen.
Zusatz für Leiter ZVA:
Im Zusammenhang mit der Streichung der Zeitschrift "Sputnik" aus der Postzeitungsliste sind folgende Maßnahmen zu veranlassen:
1. Die Zeitschrift "Sputnik" (alle Sprachausgaben) ist mit Wirkung vom 1. Januar 1989 aus dem Datenbestand der Postzeitungsliste zu löschen.
2. Die. Gesamtauflage der Zeitschrift (alle Sprachausgaben) ist für die Nr. 12/1988 und für das Jahr 1989 sofort abzubestellen. Der AHB Buchexport ist davon in Kenntnis zu setzen.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XIX, Nr. 6935, Bl. 7-9
Kurz nach Bekanntwerden des Sputnik-Verbots 1988 wies der Postzeitungsvertrieb (PZV) der DDR an, die Abonnementspreise anteilig zurückzuzahlen und auf Eingaben nur standardisiert zu antworten.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" existierte seit 1967 in der UdSSR und erschien in mehreren Sprachen. Sie sollte das Erscheinungsbild des Landes in sozialistischen Staaten und in westlichen Ländern verbessern und verzichtete deswegen weitgehend auf sozialistische Rhetorik. Mit Beginn von Glasnost und Perestroika in der Sowjetunion informierte "Sputnik" in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch über die Reformpolitik Gorbatschows und griff frühere Tabuthemen auf, wie die Verbrechen Stalins. In der DDR eröffnete die Zeitschrift ihrer Leserschaft damit eine willkommene Abwechslung in der Medienlandschaft.
Von der SED-Führung wurde sie hingegen zunehmend kritisch betrachtet. Als die November-Ausgabe von 1988 den in der DDR-Geschichtsschreibung geleugneten Hitler-Stalin-Pakt thematisierte sowie die Stalin-hörige KPD der 20er Jahre kritisierte, untersagten SED-Funktionäre am 18. November 1988 den weiteren Vertrieb der Zeitschrift in der DDR. Das Heft wurde eingezogen und eingestampft - mit der Begründung, die Zeitschrift enthalte "keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte".
Die vorliegende Meldung des Postzeitungsvertriebs (PZV) ging an alle Leiter der Bezirksverwaltungen der Deutschen Post (BDP) und des Zeitungsvertriebsamts (ZVA). Der "Sputnik" sollte für die Jahre 1988 und 1989 von der Postzeitungsliste gestrichen und die bereits gezahlten Gelder den Abonnenten erstattet werden. Die Anlage enthält einen vorbereiteten Standardtext zur Beantwortung von Eingaben.
3. Alle für die zentrale Erstattung erforderlichen Maßnahmen sind unverzüglich durchzuführen.
4. Die im Zusammenhang mit der Streichung der Zeitschrift aus der Postzeitungsliste entstehenden Kosten (Ausbuchung derNr. 10 und 12/1988) sind auf das Konto 3951 zu übernehmen.
Anlage
[Unterschrift]
Dr. Hammer
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Information zur Sicherstellung der Zeitschrift "Sputnik" Dokument, 1 Seite
Reaktionen von oppositionellen Gruppen auf das "Sputnik"-Verbot Dokument, 1 Seite
Zur Reduzierung der Bezugszahlen von DDR-Zeitungen durch die Sowjetunion Dokument, 2 Seiten
Reaktionen von Mitgliedern der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) Dokument, 4 Seiten