Signatur: BStU, MfS, RS, Nr. 101, Bl. 46
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Möglich wurde dies aufgrund einer neuen, vom Ministerrat abgesegneten, Reiseregelung, die von Politbüromitglied Günter Schabowski jedoch irrtümlich als sofort gültig verkündet wurde.
Im November 1989 überschlugen sich die Ereignisse in der DDR. Unter dem Druck der Ausreisewelle und der neu entstandenen Bürgerbewegung musste die SED immer weiter zurückweichen. Hinzu kam, dass Moskau keinen militärischen Beistand mehr garantieren wollte. Am 4. November 1989 fand die größte Demonstration der Friedlichen Revolution auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Eine der Hauptanliegen der Demonstranten war die Möglichkeit frei zu reisen – über 28 Jahre lang hatten Mauer und Stacheldraht die DDR-Bürgerinnen und -Bürger in ihrem eigenen Land eingesperrt.
Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war klar, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen. Dies geschah am 9. November 1989: Per Ministerratsbeschluss war eine Ausreise aus der DDR plötzlich möglich. In Kommissionen, an denen auch Vertreter der Staatssicherheit beteiligt waren, war über ein neues "Reisegesetz" beraten worden. Doch SED-Politbüro und Ministerrat verabschiedeten den Beschluss, ohne seine weitreichenden Konsequenzen gänzlich zu überblicken.
Bekanntgegeben wurde die neue Regelung durch das Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz, die am 9. November ab 18.00 Uhr stattfand. Gegen 19.00 Uhr antwortete Schabowski auf die Frage eines Journalisten, wann die neue Regelung gelte, "sofort". Damit gab er unwillentlich das Signal für die Bürgerinnen und Bürger, zu den Grenzübergangsstellen zu eilen und die lang ersehnte doch geradezu unwirklich klingende Neuregelung zu testen. Die Grenztruppen waren noch gar nicht informiert und hatten Schabowskis Äußerung allenfalls im Radio gehört. Nach verzweifelten Bemühungen, neue Anweisungen "von oben" zu erhalten, und einigem Zögern gaben sie aus eigener Entscheidung unter dem Druck der heranrückenden Massen die Grenzübergänge frei.
Auslöser für die unwillentlich herbeigeführte Maueröffnung war die Verwechslung von zwei Papieren, die die Arbeitsgruppe entworfen hatte: ein "Beschlussvorschlag" für den Ministerrat und eine "Pressemitteilung". War in dem Beschlussvorschlag als Veröffentlichungstermin noch der "10. November" genannt worden, so fehlte dieser Punkt in der Pressemitteilung, die Schabowski verlesen hatte. Er hatte das Papier von Egon Krenz am Rande der ZK-Sitzung erhalten, verbunden mit dem Auftrag, auch das noch bekannt zu geben (und ohne Hinweis auf die Terminierung). Die Verkündung dieser Pressemitteilung im Internationalen Pressezentrum in der Berliner Mohrenstraße gab damit das Signal zur friedlichen Überwindung der Mauer.
Pressem[unleserlich]
Berlin (ADN)
Wie die Presseabteilung der Ministeriums des Innern mitteilt, hat der Ministerrat der DDR beschlossen, daß bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch die Volkskammer folgende [unterstrichen: zeitweilige Übergangsregelung] für Reisen und ständige AUsreisen aus der DDR ins UALns in Kraft gesetzt wird:
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die Rechtsstelle war eine fachlich der ZAIG unterstellte selbstständige Abteilung der MfS-Zentrale im Anleitungsbereich des Ministers. Die Rechtsstelle hatte die Aufgabe, die spezifischen Interessen des MfS bei der Ausarbeitung von Gesetzen und anderen Akten der Legislative zu vertreten und einzubringen. Ebenso hatte sie auf die Gestaltung internationaler Verträge und der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik in der Hinsicht Einfluss zu nehmen, dass die Handlungsmöglichkeiten des MfS gewährleistet und gesichert blieben.
Das primäre Interesse bestand hierbei indes nicht in der rechtlichen Prüfung des sogenannten operativen Vorgehens der Geheimpolizei, sondern darin, die extralegalen Handlungsspielräume des MfS durch entsprechend auslegungsfähige Abfassung von Gesetzen und Verträgen zu sichern. Die Rechtsstelle war überdies für den Rechtsverkehr des MfS, die Unterstützung der MfS-Diensteinheiten und von Mitarbeitern in Rechtsangelegenheiten zuständig.
Die Rechtsstelle wurde 1957 als Referat 5 des Büros der Leitung eingerichtet und 1969 als selbständige Abteilung aus dem BdL herausgelöst. Sie gewann an Bedeutung durch den nicht zuletzt durch internationalen Druck hervorgerufenen Zwang, auch das Handeln des MfS juristisch abzusichern. Leiter der Rechtsstelle waren Hans Filin (1957-1981) und Udo Lemme (1981-1990), der 1989 zwölf hauptamtliche Mitarbeiter führte.
Regelungen für Reisen und ständige Ausreise aus der DDR vom 9. November 1989 Dokument, 3 Seiten
Stellungnahme des MfS zu Grundsätzen für ein neues Reisegesetz Dokument, 3 Seiten
"3. Lagebericht" zu Demonstrationen im November 1989 Dokument, 3 Seiten
Schreiben Mielkes zur Vorbereitung auf die Demonstration am 4. November 1989 in Berlin Dokument, 5 Seiten