Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 1506, Bl. 164-166
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Möglich wurde dies aufgrund einer neuen Reiseregelung, die der Ministerrat abgesegnet hatte, die von Politbüromitglied Günter Schabowski jedoch irrtümlich als sofort gültig verkündet wurde. Die Posten an der Grenze wurden von dem nachfolgenden Andrang der DDR-Bürger völlig überrascht
Im November 1989 überschlugen sich die Ereignisse in der DDR. Unter dem Druck der Ausreisewelle und der neu entstandenen Bürgerbewegung musste die SED immer weiter zurückweichen. Hinzu kam, dass Moskau keinen militärischen Beistand mehr garantieren wollte. Am 4. November 1989 fand die größte Demonstration der Friedlichen Revolution auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Eine der Hauptanliegen der Demonstranten war die Möglichkeit frei zu reisen – über 28 Jahre lang hatten Mauer und Stacheldraht die DDR-Bürger in ihrem eigenen Land eingesperrt.
Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war klar, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen. Dies geschah am 9. November 1989: Per Ministerratsbeschluss war eine Ausreise aus der DDR plötzlich möglich; . In Kommissionen, an denen auch Vertreter der Staatssicherheit beteiligt waren, war über ein neues "Reisegesetz" beraten worden. Doch SED-Politbüro und Ministerrat verabschiedeten den Beschluss, ohne seine weitreichenden Konsequenzen gänzlich zu überblicken.
Bekanntgegeben wurde die neue Regelung durch das Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz, die am 9. November ab 18.00 Uhr stattfand. Gegen 19.00 Uhr antwortete Schabowski auf die Frage eines Journalisten, wann die neue Regelung gelte, "sofort". Damit gab er unwillentlich das Signal für die Bürger, zu den Grenzübergangsstellen zu eilen und die lang ersehnte doch geradezu unwirklich klingende Neuregelung zu testen. Die Grenztruppen waren noch gar nicht informiert und hatten Schabowski Äußerung allenfalls im Radio gehört. Nach verzweifelten Bemühungen, neue Anweisungen "von oben" zu erhalten, und einigem Zögern gaben sie aus eigener Entscheidung unter dem Druck der heranrückenden Massen die Grenzübergänge frei. Damit war besiegelt, was als Mauerfall in die Geschichte eingehen sollte.
Eigentlich hätte die Reiseregelung erst einen Tag später in Kraft treten sollen, doch auf der Pressemitteilung, die Schabowski vorlag, fehlte ein Terminhinweis.
Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik
Beschluß des Ministerrates
01 – Ministerrat
115 / I. 2 / 89
vom 9. November 1989
Betrifft: Regelungen für Reisen und ständige Ausreise aus der DDR
Der beiliegende Beschluß zu Regelungen für Reisen und ständige Ausreise aus der DDR wird bestätigt. (Anlage)
gez. W. Stoph
Verteiler:
Für die Richtigkeit:
[geschwärzt]
Sekretariat des Ministerrates
Dieser Beschluß ist nach Realisierung zu vernichten; die Archivierung erfolgt durch den Herausgeber.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 1506, Bl. 164-166
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Möglich wurde dies aufgrund einer neuen Reiseregelung, die der Ministerrat abgesegnet hatte, die von Politbüromitglied Günter Schabowski jedoch irrtümlich als sofort gültig verkündet wurde. Die Posten an der Grenze wurden von dem nachfolgenden Andrang der DDR-Bürger völlig überrascht
Im November 1989 überschlugen sich die Ereignisse in der DDR. Unter dem Druck der Ausreisewelle und der neu entstandenen Bürgerbewegung musste die SED immer weiter zurückweichen. Hinzu kam, dass Moskau keinen militärischen Beistand mehr garantieren wollte. Am 4. November 1989 fand die größte Demonstration der Friedlichen Revolution auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Eine der Hauptanliegen der Demonstranten war die Möglichkeit frei zu reisen – über 28 Jahre lang hatten Mauer und Stacheldraht die DDR-Bürger in ihrem eigenen Land eingesperrt.
Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war klar, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen. Dies geschah am 9. November 1989: Per Ministerratsbeschluss war eine Ausreise aus der DDR plötzlich möglich; . In Kommissionen, an denen auch Vertreter der Staatssicherheit beteiligt waren, war über ein neues "Reisegesetz" beraten worden. Doch SED-Politbüro und Ministerrat verabschiedeten den Beschluss, ohne seine weitreichenden Konsequenzen gänzlich zu überblicken.
Bekanntgegeben wurde die neue Regelung durch das Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz, die am 9. November ab 18.00 Uhr stattfand. Gegen 19.00 Uhr antwortete Schabowski auf die Frage eines Journalisten, wann die neue Regelung gelte, "sofort". Damit gab er unwillentlich das Signal für die Bürger, zu den Grenzübergangsstellen zu eilen und die lang ersehnte doch geradezu unwirklich klingende Neuregelung zu testen. Die Grenztruppen waren noch gar nicht informiert und hatten Schabowski Äußerung allenfalls im Radio gehört. Nach verzweifelten Bemühungen, neue Anweisungen "von oben" zu erhalten, und einigem Zögern gaben sie aus eigener Entscheidung unter dem Druck der heranrückenden Massen die Grenzübergänge frei. Damit war besiegelt, was als Mauerfall in die Geschichte eingehen sollte.
Eigentlich hätte die Reiseregelung erst einen Tag später in Kraft treten sollen, doch auf der Pressemitteilung, die Schabowski vorlag, fehlte ein Terminhinweis.
Ministerrat
Beschluß
Zur Veränderung der Situation der ständigen Ausreise von DDR-Bürgern nach der BRD über die CSSR wird festgelegt:
1. Die Verordnung vom 30. November 1988 über Reisen von Bürgern der DDR in das Ausland (GB1. I Nr. 25 S. 271) findet bis zur Inkraftsetzung des neuen Reisegesetzes keine Anwendung mehr.
2. Ab sofort treten folgende Regelungen für Reisen und ständige Ausreisen aus der DDR in das Ausland in Kraft:
a) Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Versagungsgründe werden nur in besonderen Ausnahmefällen angewandt.
b) Die zuständigen Abteilungen Paß- und Meldewesen der VPKÄ in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne daß dafür noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen. Die Antragstellung auf ständige Ausreise ist wie bisher auch bei den Abteilungen Innere Angelegenheiten möglich.
c) Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD bzw. zu Berlin (West) erfolgen.
d) Damit entfällt die vorübergehend ermöglichte Erteilung von entsprechenden Genehmigungen in Auslandsvertretungen der DDR bzw. die ständige Ausreise mit dem Personalausweis der DDR über Drittstaaten.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 1506, Bl. 164-166
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Möglich wurde dies aufgrund einer neuen Reiseregelung, die der Ministerrat abgesegnet hatte, die von Politbüromitglied Günter Schabowski jedoch irrtümlich als sofort gültig verkündet wurde. Die Posten an der Grenze wurden von dem nachfolgenden Andrang der DDR-Bürger völlig überrascht
Im November 1989 überschlugen sich die Ereignisse in der DDR. Unter dem Druck der Ausreisewelle und der neu entstandenen Bürgerbewegung musste die SED immer weiter zurückweichen. Hinzu kam, dass Moskau keinen militärischen Beistand mehr garantieren wollte. Am 4. November 1989 fand die größte Demonstration der Friedlichen Revolution auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Eine der Hauptanliegen der Demonstranten war die Möglichkeit frei zu reisen – über 28 Jahre lang hatten Mauer und Stacheldraht die DDR-Bürger in ihrem eigenen Land eingesperrt.
Der neuen SED-Führung unter Egon Krenz war klar, dass sie nicht darum herum kommen würde, die Grenze ein Stück weit zu öffnen. Dies geschah am 9. November 1989: Per Ministerratsbeschluss war eine Ausreise aus der DDR plötzlich möglich; . In Kommissionen, an denen auch Vertreter der Staatssicherheit beteiligt waren, war über ein neues "Reisegesetz" beraten worden. Doch SED-Politbüro und Ministerrat verabschiedeten den Beschluss, ohne seine weitreichenden Konsequenzen gänzlich zu überblicken.
Bekanntgegeben wurde die neue Regelung durch das Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz, die am 9. November ab 18.00 Uhr stattfand. Gegen 19.00 Uhr antwortete Schabowski auf die Frage eines Journalisten, wann die neue Regelung gelte, "sofort". Damit gab er unwillentlich das Signal für die Bürger, zu den Grenzübergangsstellen zu eilen und die lang ersehnte doch geradezu unwirklich klingende Neuregelung zu testen. Die Grenztruppen waren noch gar nicht informiert und hatten Schabowski Äußerung allenfalls im Radio gehört. Nach verzweifelten Bemühungen, neue Anweisungen "von oben" zu erhalten, und einigem Zögern gaben sie aus eigener Entscheidung unter dem Druck der heranrückenden Massen die Grenzübergänge frei. Damit war besiegelt, was als Mauerfall in die Geschichte eingehen sollte.
Eigentlich hätte die Reiseregelung erst einen Tag später in Kraft treten sollen, doch auf der Pressemitteilung, die Schabowski vorlag, fehlte ein Terminhinweis.
3. Über die Regelungen ist die Pressemitteilung am 10. November 1989 zu veröffentlichen.
Verantwortlich: Regierungssprecher beim Ministerrat der DDR
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Information über die Lage an der Grenze in Ost-Berlin am Abend des Mauerfalls Dokument, 11 Seiten
"3. Lagebericht" zu Demonstrationen im November 1989 Dokument, 3 Seiten
Fernschreiben von dem Prager DDR-Botschafter Helmut Ziebart an Außenminister Oskar Fischer Dokument, 1 Seite