Signatur: BArch, MfS, VRD, Nr. 6260, Bl. 43-44
Direkt neben der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg liegt bis heute das Hans-Zoschke-Stadion. Dort ist der Sportverein SV Lichtenberg 47 zu Hause. Mitte der 70er Jahre war das Stasi-Areal bereits eng bebaut - doch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) benötigte immer mehr Platz und plante, die Lichtenberger Zentrale auf das Gelände des angrenzenden Stadions auszudehnen. Doch eine Übernahme war nicht ohne Weiteres möglich.
Bereits seit Mitte der 70er Jahre zeigte das MfS großes Interesse daran, das Gelände des Hans-Zoschke-Stadions im Zuge baulicher Erweiterungen der Stasi-Zentrale zu übernehmen. Mittlerweile war der Hauptsitz des MfS zu einem riesigen Areal von über fünf Hektar angewachsen. Seit 1979 kam nördlich des Fußball-Stadions, an der Gotlindestraße gelegen, ein neu errichteter Gebäudekomplex hinzu (Häuser 40 bis 49). Dieses Teilobjekt Gotlindestraße hatte keine direkte Verbindung zum Hauptareal. Getrennt waren die beiden Objekte nur durch das Hans-Zoschke-Stadion, wo die Fußballer von Lichtenberg 47 ihre Heimspiele austrugen.
Das Stadion war der Stasi deshalb ein Dorn im Auge. Laut MfS verhinderte es die Schaffung eines in sich geschlossenen Dienstobjekts. Dies war für die Stasi einerseits aus Sicherheitsgründen problematisch, da das Stadion zwischen den beiden Teilobjekten die Objektsicherung sowie den Transport von dienstlichen Unterlagen erschwerte. Zum anderen plante die Stasi das Hans-Zoschke-Stadion und sein Gelände für den eigenen Dienstsport zu nutzen. Deshalb bereitete die Verwaltung Rückwärtige Dienste der Stasi (VRD) die Übernahme des Stadions vor, was sich jedoch problematisch gestaltete.
Denn am 30. Juni 1982 hatte der Magistrat, die oberste Verwaltungseinheit Ost-Berlins, den Beschluss Nr. 275/82 gefasst. Er legte fest, dass eine Inanspruchnahme von Sportobjekten im Stadtgebiet nur dann erfolgen kann, wenn zum Zeitpunkt der Beanspruchung eine adäquate nutzungsfähige Ersatzanlage zur Verfügung steht. Die Stasi konnte den Sportverein also nicht einfach aus dem Hans-Zoschke-Stadion verbannen ohne ihm eine alternative Sportstätte anzubieten.
So scheiterte die Stadionübernahme durch die Stasi bis zum Ende der Geheimpolizei. Die Suche nach einer Alternativspielstätte für die Fußballer war erfolglos geblieben, da es im Ost-Berlin der späten 70er und frühen 80er schlicht zu wenige Sportplätze gab. Auch ein Stadionneubau war aufgrund von Planrückständen und knappen Baukapazitäten bis zum Mauerfall unmöglich. So ist der SV Lichtenberg 47 bis heute im Hans-Zoschke-Stadion zu Hause.
In einem Brief wandte sich Stasi-Generalmajor Günther Müller 1988 an den Ost-Berliner Oberbürgermeister Erhard Krack und bat um Unterstützung. Er betonte, dass sich die Stasi bereits seit "ca. 10 Jahren erfolglos aus sicherheitspolitischen Gründen" um das Hans-Zoschke-Stadion bemühte. Zudem beschwerte sich Müller über die mit dem Bau beauftragten Kombinate, die Abmachungen und Schreiben ignorierten.
Ministerrat
der Deutschen Demokratischen Republik
Ministerium für Staatssicherheit
Verwaltung Rückwärtige Dienste
Leiter
Oberbürgermeister von Berlin
Hauptstadt der DDR
Genossen Krack
Rathaus
Berlin
1020
Werter Genosse Krack!
Seit ca. 10 Jahren sind wir bemüht, das Hans Zoschke Stadion aus sicherheitspolitischen Gründen vom jetzigen Standort Rusche-/Normannenstraße zu verlagern. Mit der Vorbereitung dieser Maßnahme wurde durch das Bezirksbauamt Berlin gemäß Magistratsbeschluß 54/85 vom 13.03.1986 der HAG komplexer Wohnungsbau Berlin beauftragt.
Entsprechend der abgeschlossenen Vereinbarung vom 25.01.1984/21.03.1984 zwischen dem MfS und dem HAG komplexer Wohnungsbau Berlin über die Vorbereitung und Realisierung des Neubaus einer Sportanlage in Berlin-Hohenschönhausen/IV sowie den Absprachen, Beratungen und Festlegungen aus den Jahren 1984 bis 1987 zwischen dem HAG komplexer Wohnungsbau, dem Bezirksbauamt Berlin und den Vertretern des MfS sollte in den Jahren 1986 bis zum 30. Juni 1988 das neue Stadion als Ersatzmaßnahme realisiert werden. Dazu gab es auch persönliche Abstimmungen mit Ihnen und der Bezirksleitung unserer Partei.
Fondsumsetzungen (materielle Kennziffern) an den HAG komplexer Wohnungsbau wurden 1986 und 1987 vorgenommen, für 1988 ist eine weitere Fondsumsetzung geplant.
[Jahr]; WU; Bauanteil
1986; 1,2 Mio M; 1,0 Mio M
1987; 3,5 Mio M; 2,0 Mio M
1988; 1,0 Mio M; 1,0 Mio M
Abteilung M (Postkontrolle)
Die 1951/52 entstandene Abt. M im MfS Berlin und in den BV führte die bis 1952 von den Abt. VIa betriebene Postkontrolle fort. Die Abt. M gliederte sich anfangs in die Leitung und die Referate I (Information/Stimmungsberichte), II (Haupttelegrafenamt) und III (Kontrollpunkt 1). In den BV hießen die Außenstellen AFAS (Aussortierungsstellen für antidemokratische Schriften bzw. Auftragsfahndung bei abgehenden Sendungen). Die Postkontrolle war bis 1989 als Abt. 12 bzw. Abt. XII in die Struktur der Deutschen Post eingebaut. Die auf der Grundlage der Postauswertung erstellten Stimmungsberichte sollten das MfS in die Lage versetzen, jederzeit ein Bild über die Stimmung der Bevölkerung der verschiedenen sozialen Schichten zu erhalten. Mitte der 50er Jahre wurde begonnen, die Möglichkeiten der Abt. M bei Personenüberprüfungen systematisch zu nutzen.
Im Zusammenhang mit der internationalen Anerkennung der DDR richtete die Abt. M 1973 die "Kurierstelle für Botschaftspost" (KfB) ein. In den 70er Jahren kam es zur verstärkten Entwicklung sowie zum Einsatz von Brieföffnungsautomaten, Briefschließmaschinen und der Röntgentechnik. Um die zwischen der Bundespost und der Deutschen Post der DDR vereinbarte verkürzte Bearbeitungszeit im Postverkehr zu gewährleisten, wurde 1984 die Abt. PZF als neue Abt. M 4 in die Linie M übernommen und dadurch Doppelarbeit abgebaut. Von 1979 bis 1983 war der Mitarbeiterbestand um 41,5 Prozent gestiegen.
Nach dem Tode des bis zu diesem Zeitpunkt zuständigen Stellv. des Ministers Beater übernahm Mielke die HA II und die dieser zugeordnete Abt. M des MfS Berlin in seinen Verantwortungsbereich. Im Oktober 1989 gehörten der Linie M 2192 Offiziere an (MfS Berlin 516, BV 1676). Da das Postgeheimnis in den Verfassungen der DDR seit 1949 nominell verbrieft war, räumte der letzte Leiter der Abt. M, Generalmajor Rudi Strobel, im November 1989 ein, dass für die Tätigkeit der Linie M eine eindeutige gesetzliche Regelung fehle.
Die Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) entstand 1974 aus der HA VuW, der HV B und ihr unterstellter bzw. zugeordneter Diensteinheiten sowie der Abteilung Finanzen. Ihre Aufgaben waren die materiell-technische Sicherstellung der Arbeit der MfS-Diensteinheiten, insbesondere durch Planung und Bereitstellung des materiellen Bedarfs, Bestands- und Lagerhaltung sowie der Bilanzierung.
Dazu gehörten auch Sicherungsaufgaben zur Unterbindung jedweder Feindtätigkeit im Anleitungsbereich, vor allem in Betrieben im bzw. beim MfS sowie Erfassung, Lagerung und Verteilung und Verwertung der in den Diensteinheiten des MfS angefallenen Asservate mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, Schmuck und Edelmetallen.
Signatur: BArch, MfS, VRD, Nr. 6260, Bl. 43-44
Direkt neben der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg liegt bis heute das Hans-Zoschke-Stadion. Dort ist der Sportverein SV Lichtenberg 47 zu Hause. Mitte der 70er Jahre war das Stasi-Areal bereits eng bebaut - doch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) benötigte immer mehr Platz und plante, die Lichtenberger Zentrale auf das Gelände des angrenzenden Stadions auszudehnen. Doch eine Übernahme war nicht ohne Weiteres möglich.
Bereits seit Mitte der 70er Jahre zeigte das MfS großes Interesse daran, das Gelände des Hans-Zoschke-Stadions im Zuge baulicher Erweiterungen der Stasi-Zentrale zu übernehmen. Mittlerweile war der Hauptsitz des MfS zu einem riesigen Areal von über fünf Hektar angewachsen. Seit 1979 kam nördlich des Fußball-Stadions, an der Gotlindestraße gelegen, ein neu errichteter Gebäudekomplex hinzu (Häuser 40 bis 49). Dieses Teilobjekt Gotlindestraße hatte keine direkte Verbindung zum Hauptareal. Getrennt waren die beiden Objekte nur durch das Hans-Zoschke-Stadion, wo die Fußballer von Lichtenberg 47 ihre Heimspiele austrugen.
Das Stadion war der Stasi deshalb ein Dorn im Auge. Laut MfS verhinderte es die Schaffung eines in sich geschlossenen Dienstobjekts. Dies war für die Stasi einerseits aus Sicherheitsgründen problematisch, da das Stadion zwischen den beiden Teilobjekten die Objektsicherung sowie den Transport von dienstlichen Unterlagen erschwerte. Zum anderen plante die Stasi das Hans-Zoschke-Stadion und sein Gelände für den eigenen Dienstsport zu nutzen. Deshalb bereitete die Verwaltung Rückwärtige Dienste der Stasi (VRD) die Übernahme des Stadions vor, was sich jedoch problematisch gestaltete.
Denn am 30. Juni 1982 hatte der Magistrat, die oberste Verwaltungseinheit Ost-Berlins, den Beschluss Nr. 275/82 gefasst. Er legte fest, dass eine Inanspruchnahme von Sportobjekten im Stadtgebiet nur dann erfolgen kann, wenn zum Zeitpunkt der Beanspruchung eine adäquate nutzungsfähige Ersatzanlage zur Verfügung steht. Die Stasi konnte den Sportverein also nicht einfach aus dem Hans-Zoschke-Stadion verbannen ohne ihm eine alternative Sportstätte anzubieten.
So scheiterte die Stadionübernahme durch die Stasi bis zum Ende der Geheimpolizei. Die Suche nach einer Alternativspielstätte für die Fußballer war erfolglos geblieben, da es im Ost-Berlin der späten 70er und frühen 80er schlicht zu wenige Sportplätze gab. Auch ein Stadionneubau war aufgrund von Planrückständen und knappen Baukapazitäten bis zum Mauerfall unmöglich. So ist der SV Lichtenberg 47 bis heute im Hans-Zoschke-Stadion zu Hause.
In einem Brief wandte sich Stasi-Generalmajor Günther Müller 1988 an den Ost-Berliner Oberbürgermeister Erhard Krack und bat um Unterstützung. Er betonte, dass sich die Stasi bereits seit "ca. 10 Jahren erfolglos aus sicherheitspolitischen Gründen" um das Hans-Zoschke-Stadion bemühte. Zudem beschwerte sich Müller über die mit dem Bau beauftragten Kombinate, die Abmachungen und Schreiben ignorierten.
Obwohl durch den HAG komplexer Wohnungsbau Vertragsangebote zur Vorbereitung und Realisierung dem VEB Wohnungsbaukombinat Berlin und dem VEB Kombinat Grünanlagenbau unterbreitet wurden, kam es bisher zu keinen konkreten Festlegungen.
Im Zusammenhang mit der schriftlichen Beauflagung als Generalauftragnehmer (GAN) wurde Anfang Februar 1988 das Wohnungsbaukombinat Berlin erneut durch Ihren Stellvertreter und Bezirksbaudirektor, Genossen Kurtzer, schriftlich aufgefordert, bis zum 20. Februar 1988 den terminlichen Ablauf der Vorbereitung, die Termine für die Realisierung der einzelnen Objekte sowie den Termin der Fertigstellung der Gesamtmaßnahme vertraglich mit den Nachauftragnehmern zu vereinbaren und das Bezirksbauamt Berlin über das Ergebnis zu informieren.
Bis zum Juni 1988 erfolgte seitens des Wohnungsbaukombinates Berlin keine Reaktion darauf, so daß dem Bezirksbauamt Berlin keine verbindliche Aussage möglich ist.
Mit Schreiben vom 8. Februar 1988 wurde der Direktor des HAG komplexer Wohnungsbau Berlin durch das MfS schriftlich aufgefordert, über den Stand der Vorbereitung und Realisierung der Verlagerungsmaßnahme zu informieren. Auch dieses Schreiben wurde bis zum heutigen Tage nicht beantwortet.
Im Interesse einer baldigen Verlagerung des Hans Zoschke Stadions sowie der Festlegung wirksamer Maßnahmen zur Realisierung des Ersatzobjektes auf der Grundlage der bereitgestellten Kennziffern bitte ich Sie um Ihre persönliche Einflußnahme und Unterstützung.
Mit sozialistischem Gruß
[Unterschrift]
Müller
Generalmajor
[Kürzel: [unleserlich]]
Die Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) entstand 1974 aus der HA VuW, der HV B und ihr unterstellter bzw. zugeordneter Diensteinheiten sowie der Abteilung Finanzen. Ihre Aufgaben waren die materiell-technische Sicherstellung der Arbeit der MfS-Diensteinheiten, insbesondere durch Planung und Bereitstellung des materiellen Bedarfs, Bestands- und Lagerhaltung sowie der Bilanzierung.
Dazu gehörten auch Sicherungsaufgaben zur Unterbindung jedweder Feindtätigkeit im Anleitungsbereich, vor allem in Betrieben im bzw. beim MfS sowie Erfassung, Lagerung und Verteilung und Verwertung der in den Diensteinheiten des MfS angefallenen Asservate mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, Schmuck und Edelmetallen.
Protokoll einer Absprache zwischen MfS und Bezirksleitung Berlin zur Verlagerung des Hans-Zoschke-Stadions von 1983 Dokument, 3 Seiten
Schreiben an den Minister zur Übernahme des Hans-Zoschke-Stadions Dokument, 2 Seiten
Information über die Nutzung des Hans-Zoschke-Stadions an Oberst Müller vom 8. Februar 1979 Dokument, 3 Seiten
Forderungsprogramm für eine Ersatzleistung des "Hans-Zoschke-Stadions" und der Sportanlage "Bornitzstraße" Dokument, 7 Seiten