Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 7438, Bl. 41-43
Ende 1989 wurde der innere Druck in der DDR immer größer. Wegen der zunehmenden Zahl von Fluchten über andere sozialistische Länder wie die CSSR hatte die SED-Führung auch diese Grenzen geschlossen. Das trieb noch mehr DDR-Bürger auf die Straße. Nach dem Sturz Honeckers begann die neue Führung deshalb sofort mit der Arbeit an einem neuen Reisegesetz.
Ende 1989 wurde der innere Druck in der DDR immer größer. Immer mehr Menschen verließen das Land über den löchrig gewordenen Eisernen Vorhang an den ungarischen Grenzen. Ungarn hatte seine Grenzen zu Österreich geöffnet. In der CSSR und Polen hatten im September zahlreiche DDR-Bürger die Botschaften der BRD besetzt und darüber ihre Ausreise erzwungen. Diese Fluchtbewegung wollte die SED-Führung stoppen. Das geschah auch auf Druck der befreundeten Regierungen, die ein Übergreifen der Unruhe auf das eigene Land befürchteten. Die nun völlige Einschränkung der Reisefreiheit trieb jedoch noch mehr Menschen auf die Straßen der DDR. Die Lage spitzte sich weiter zu.
Als das Politbüro unter Führung von Egon Krenz Erich Honecker entmachtet hatte, kündigte es umgehend die Arbeit an einem neuen Reisegesetz an. Das neue Gesetz sollte die bisherigen starren Regeln lockern, die private Westreisen nur für Rentner oder Verwandtenbesuche im Westen und unter strengen Bedingungen erlaubten. Das MfS war an den Beratungen für dieses neue Gesetz beteiligt. Im vorliegenden Dokument nimmt das Ministerium zu den für das Gesetz formulierten Grundsätzen Stellung.
II. Die Überlegungen zur Schaffung eines Gesetzes über Reisen von Bürgern der DDR in das Ausland sollten beibehalten werden.
Die gegenwärtig geltende Verordnung über Reisen von Bürgern der DDR nach dem Ausland - Vorliegen verwandtschaftlicher Verhältnisse und konkreter Reisegründe - ist nicht ausreichend geeignet, annähernd gleiche Bedingungen für Auslandsreisen zu ermöglichen.
Bei Beibehaltung der vorliegenden Grundsätze müßte jedoch damit gerechnet werden, daß
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 7438, Bl. 41-43
Ende 1989 wurde der innere Druck in der DDR immer größer. Wegen der zunehmenden Zahl von Fluchten über andere sozialistische Länder wie die CSSR hatte die SED-Führung auch diese Grenzen geschlossen. Das trieb noch mehr DDR-Bürger auf die Straße. Nach dem Sturz Honeckers begann die neue Führung deshalb sofort mit der Arbeit an einem neuen Reisegesetz.
Ende 1989 wurde der innere Druck in der DDR immer größer. Immer mehr Menschen verließen das Land über den löchrig gewordenen Eisernen Vorhang an den ungarischen Grenzen. Ungarn hatte seine Grenzen zu Österreich geöffnet. In der CSSR und Polen hatten im September zahlreiche DDR-Bürger die Botschaften der BRD besetzt und darüber ihre Ausreise erzwungen. Diese Fluchtbewegung wollte die SED-Führung stoppen. Das geschah auch auf Druck der befreundeten Regierungen, die ein Übergreifen der Unruhe auf das eigene Land befürchteten. Die nun völlige Einschränkung der Reisefreiheit trieb jedoch noch mehr Menschen auf die Straßen der DDR. Die Lage spitzte sich weiter zu.
Als das Politbüro unter Führung von Egon Krenz Erich Honecker entmachtet hatte, kündigte es umgehend die Arbeit an einem neuen Reisegesetz an. Das neue Gesetz sollte die bisherigen starren Regeln lockern, die private Westreisen nur für Rentner oder Verwandtenbesuche im Westen und unter strengen Bedingungen erlaubten. Das MfS war an den Beratungen für dieses neue Gesetz beteiligt. Im vorliegenden Dokument nimmt das Ministerium zu den für das Gesetz formulierten Grundsätzen Stellung.
III. Die weitere Erleichterung von Reisen von Bürgern der DDR kann nur ein Bestandteil als Reaktion auf entstandene Lagebedingungen sein.
Die Ausgestaltung des Rechts auf Reisen in das Ausland für alle Bürger der DDR müßte mit weiteren Maßnahmen einhergehen.
Die in den Grundsätzen vorgesehene öffentliche Diskussion des Entwurfs des Reisegesetzes (einschließlich Durchführungs-Verordnung) sollte geführt werden.
Sie würde Möglichkeiten des weiteren Dialogs schaffen und einer Vielzahl von Bürgern die Gelegenheit einräumen, Vorschläge zur Ausgestaltung des Gesetzes zu unterbreiten und zugleich damit im Zusammenhang stehende Probleme zu erkennen.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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