Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 21916, Bl. 10-20
Bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsobjekt stieß die Abteilung für "Terrorabwehr" 1976 auf das verlassene Gut Börnicke. Doch nicht nur das MfS interessierte sich für das abgelegene Gelände.
Bei der Suche nach einem geeigneten Dienstgelände zur Ausbildung "spezieller operativer Kräfte" für ihren Einsatz im Operationsgebiet wurde die Abteilung XXII (ab 1989 Hauptabteilung XXII) auf das nahe Elisenau gelegene Gut Börnicke aufmerksam. Günstig erschien die Abgeschiedenheit. Positiv wurde außerdem gewertet, dass das Objekt von Berlin aus in 45 Minuten über die Autobahn erreichbar war. Weiterhin seien die in der Nähe stationierten Truppen der Sowjetischen Streitkräfte und der Nationalen Volksarmee der Konspiration dienlich.
Interesse an der Immobilie hatte allerdings nicht nur das MfS, sondern auch der Munitionsbergungsdienst, eine Gärtnerei sowie die Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die Zusage für das Objekt mit einer Größe von 41,7 Hektar erhielt letztendlich das MfS. Die Rechtsträgerschaft wurde aus Gründen der Tarnung durch den Ministerrat übernommen.
Das größtenteils aus ruinösen Stallungen und Wohnhäusern bestehende Gebäudeensemble wurde aufwändig rekonstruiert und bis 1983 erweitert. Dazu zählten eine Kantine, Garagen, Mehrzweckgebäude, ein Heizhaus, eine Wache, Schießstände, mehrere Kampfbahnen und Lager.
Einige Jahre später musste sich die Leitung mit mehreren Eingaben der Mitarbeiter auseinandersetzen. Denn die vorteilhafte Abgeschiedenheit ging zu Lasten der Erreichbarkeit durch den öffentlichen Nahverkehr. Das Anbindungsproblem konnte durch den Einsatz eines Kleinbusses im Linienbetrieb zwischen dem S-Bahnhof Leninallee (heute Landsberger Allee) in Ost-Berlin und dem Dienstobjekt gelöst werden.
Mehrzweckbase - in den zentralen Plan des Baugeschehens des MfS aufgenommen und bilanziert werden.
1.2. Konkreter Nachweis, für welche politisch-operativen Zwecke die Mehrzweck-Base genutzt wird
1.2.1. Gedeckte Führung, Stationierung, Ausbildung und Einsatz von Kräften
Gewährleistung von spezifischen
- Führungs- und Leitungsaufgaben, einschließlich Stabsarbeit
- Ausbildungs- und Schulungsprozessen
- Aktionen und Einsätzen
- Sonderaufgaben u.a.m.
durch entsprechende materiell-technische Sicherstellung, insbesondere:
- Unterkunft (Aspekt: Arbeits- und Freizeitbereich) / Wohnung?
- Verpflegung
- tschekistisch-militärische Befähigung und Körperertüchtigung
- sanitäre Betreuung
- materiell-technische Sicherstellung
- Nachrichtenmittel
- Wach- und Sicherungsdienste
- Lagermöglichkeiten
- Waffen und chemisches Gerät
- Landemöglichkeit für Hubschrauber
Abteilung XXII (Terrorabwehr)
1975 entstanden aus einer Unterstruktur der AG beim 1. Stellv. des Ministers; 1989 mit der Abt. XXIII zur HA XXII zusammengeführt.
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Zur Legitimation der DDR-Geheimpolizei diente eine spezifische Ausformung der marxistisch-leninistischen Ideologie, die rückblickend als "Tschekismus" bezeichnet werden kann. Das MfS konstruierte damit ein normatives Gefüge, dessen Begriffskern die Berufung auf die 1917 von den Bolschewiki gegründete sowjetische Geheimpolizei Tscheka (oder ČK – russ.: Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage) war.
Daraus leitete das MfS einen Katalog von Funktionen, Selbstzuschreibungen und Verhaltensmaßgaben für die Mitarbeiter ab. Im Vokabular der Staatssicherheit tauchte der Begriff als Bezeichnung für die Mitarbeiter ("Tschekisten") sowie als daraus abgeleitetes Adjektiv ("tschekistisch ") auf. Elemente der "tschekistischen" Ideologie waren:
Aus dieser Ideologie ergab sich das normative Leitbild der "tschekistischen Persönlichkeit" für die Formung und seelisch-moralische Orientierung der MfS-Mitarbeiter als Weltanschauungskämpfer. Im Mittelpunkt standen die "tiefen Gefühle des Hasses, des Abscheus, der Abneigung und Unerbittlichkeit" als "entscheidende Grundlage für den leidenschaftlichen und unversöhnlichen Kampf gegen den Feind".
Hinzu kamen soldatische Tugenden wie bedingungslose Einsatzbereitschaft, Härte, Standhaftigkeit, Mut und Opferbereitschaft und geheimdienstliche Kompetenzen wie die Fähigkeit zur Konspiration und zur Verkörperung von operativen Legenden, die an die maskuline Kampf- und Gewaltkultur aus der Epoche der Bürgerkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anknüpften.
Diese Kombination aus Leidenschaft, Prinzipientreue und Härte wurde personifiziert in der kulthaften Überhöhung des asketisch-revolutionären Tscheka-Vorsitzenden Feliks Dzierżyński (1877–1926), dessen (nicht belegtes) Zitat: "Tschekist sein kann nur ein Mensch mit kühlem Kopf, heißem Herzen und sauberen Händen" die wohl meistzitierte Formel der "tschekistischen" Ideologie war. Sie diente der Erziehung zur "bewussten Disziplin".
Zugleich diente dieser Kult als normatives Widerlager zur Alltagskultur der geheimen Sicherheitsbürokratie, in der sich das elitäre Selbstverständnis der "Genossen erster Kategorie" (Wilhelm Zaisser 1953) in einem Gemenge von Machtbewusstsein, Privilegienwirtschaft und einer Neigung zu periodischen Alkoholexzessen niederschlug.
Historisch betrachtet war die "tschekistische" Ideologie im MfS von den Anfängen an Grundlage der inneren Verfassung, gewann jedoch als explizites Leitbild erst infolge der halbherzigen Entstalinisierung nach 1956 an Bedeutung, als Stalin und seine Leitsätze wie der von der "ständigen Verschärfung des Klassenkampfes" nicht mehr benutzt werden konnten. Die damit auch in der Sowjetunion einhergehende Dzierżyński-Renaissance führte in der DDR zur öffentlichen Aufwertung, deren Höhepunkt die Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstages Dzierżyńskis 1977 bildeten.
Bis zum Beginn der kritischen vergangenheitspolitischen Debatten in der Sowjetunion 1985/86 gewann der Tscheka-Kult zudem neben der Traditionsarbeit zum kommunistischen Antifaschismus im MfS weiter an Bedeutung. Beide dienten als Surrogat für die verblassende Sinnstiftung unter den MfS-Mitarbeitern, denen es an persönlichen Kampferfahrungen fehlte und die die sukzessive Begrenzung ihrer "außerordentlichen" Legitimation in der täglichen Verfolgungspraxis (sinkende Strafmaße, Freikauf von Häftlingen, Tätigkeit westlicher Medien von der DDR aus usw.) verarbeiten mussten.
In den Rettungs- und Rechtfertigungsversuchen im und nach dem Herbst 1989 rückten SED/PDS und MfS-Führung schnell ab von der "tschekistischen" Ideologie. Der Versuch, einen entstalinisierten "sauberen Tschekismus" zu etablieren, blieb die Ausnahme. An ihre Stelle trat ein Etatismus, der das MfS als Element "normaler" Staatlichkeit legitimierte.
Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 21916, Bl. 10-20
Bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsobjekt stieß die Abteilung für "Terrorabwehr" 1976 auf das verlassene Gut Börnicke. Doch nicht nur das MfS interessierte sich für das abgelegene Gelände.
Bei der Suche nach einem geeigneten Dienstgelände zur Ausbildung "spezieller operativer Kräfte" für ihren Einsatz im Operationsgebiet wurde die Abteilung XXII (ab 1989 Hauptabteilung XXII) auf das nahe Elisenau gelegene Gut Börnicke aufmerksam. Günstig erschien die Abgeschiedenheit. Positiv wurde außerdem gewertet, dass das Objekt von Berlin aus in 45 Minuten über die Autobahn erreichbar war. Weiterhin seien die in der Nähe stationierten Truppen der Sowjetischen Streitkräfte und der Nationalen Volksarmee der Konspiration dienlich.
Interesse an der Immobilie hatte allerdings nicht nur das MfS, sondern auch der Munitionsbergungsdienst, eine Gärtnerei sowie die Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die Zusage für das Objekt mit einer Größe von 41,7 Hektar erhielt letztendlich das MfS. Die Rechtsträgerschaft wurde aus Gründen der Tarnung durch den Ministerrat übernommen.
Das größtenteils aus ruinösen Stallungen und Wohnhäusern bestehende Gebäudeensemble wurde aufwändig rekonstruiert und bis 1983 erweitert. Dazu zählten eine Kantine, Garagen, Mehrzweckgebäude, ein Heizhaus, eine Wache, Schießstände, mehrere Kampfbahnen und Lager.
Einige Jahre später musste sich die Leitung mit mehreren Eingaben der Mitarbeiter auseinandersetzen. Denn die vorteilhafte Abgeschiedenheit ging zu Lasten der Erreichbarkeit durch den öffentlichen Nahverkehr. Das Anbindungsproblem konnte durch den Einsatz eines Kleinbusses im Linienbetrieb zwischen dem S-Bahnhof Leninallee (heute Landsberger Allee) in Ost-Berlin und dem Dienstobjekt gelöst werden.
Diese materiell-technische Sicherstellung bezieht sich auf die Tätigkeit attestierter Kräfte des MfS.
Dabei ist vom personellen Ansatz her mit ca. 150 Kräften zu planen.
1.2.2. Durchführung politisch-operativer Aufgaben
Durchführung qualifizierter politisch-operativer Maßnahmen im Zusammenhang
- mit der Treffdurchführung, vor allem mit speziellen Kräften aus dem Operationsgebiet
- mit taktischen Handlungen der Zusammenführung von inoffiziell tätigen Personen, die für spezifische Aktionen bzw. Einsätze vorbereitet werden
- mit der Einweisung und Ausbildung von inoffiziellen Kampfkräften
- mit der Abschöpfung bzw. Vernehmung von Personen, die z.B. im Rahmen der Bekämpfung des sog. "internationalen Terroriamus" operativ angefallen sind
- mit der Unterbringung (auch Isolierung) und Verpflegung von operativ zu nutzenden Einzelpersonen u.a.m.
Diese direkte politisch-operative Arbeit bezieht sich zum Großteil auf inoffizielle Kräfte. Dabei ist vom personellen Ansatz her mit 10 - 15 Personen, einschließlich Führüngsoffiziere des MfS, zu rechnen.
Abteilung XXII (Terrorabwehr)
1975 entstanden aus einer Unterstruktur der AG beim 1. Stellv. des Ministers; 1989 mit der Abt. XXIII zur HA XXII zusammengeführt.
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 21916, Bl. 10-20
Bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsobjekt stieß die Abteilung für "Terrorabwehr" 1976 auf das verlassene Gut Börnicke. Doch nicht nur das MfS interessierte sich für das abgelegene Gelände.
Bei der Suche nach einem geeigneten Dienstgelände zur Ausbildung "spezieller operativer Kräfte" für ihren Einsatz im Operationsgebiet wurde die Abteilung XXII (ab 1989 Hauptabteilung XXII) auf das nahe Elisenau gelegene Gut Börnicke aufmerksam. Günstig erschien die Abgeschiedenheit. Positiv wurde außerdem gewertet, dass das Objekt von Berlin aus in 45 Minuten über die Autobahn erreichbar war. Weiterhin seien die in der Nähe stationierten Truppen der Sowjetischen Streitkräfte und der Nationalen Volksarmee der Konspiration dienlich.
Interesse an der Immobilie hatte allerdings nicht nur das MfS, sondern auch der Munitionsbergungsdienst, eine Gärtnerei sowie die Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die Zusage für das Objekt mit einer Größe von 41,7 Hektar erhielt letztendlich das MfS. Die Rechtsträgerschaft wurde aus Gründen der Tarnung durch den Ministerrat übernommen.
Das größtenteils aus ruinösen Stallungen und Wohnhäusern bestehende Gebäudeensemble wurde aufwändig rekonstruiert und bis 1983 erweitert. Dazu zählten eine Kantine, Garagen, Mehrzweckgebäude, ein Heizhaus, eine Wache, Schießstände, mehrere Kampfbahnen und Lager.
Einige Jahre später musste sich die Leitung mit mehreren Eingaben der Mitarbeiter auseinandersetzen. Denn die vorteilhafte Abgeschiedenheit ging zu Lasten der Erreichbarkeit durch den öffentlichen Nahverkehr. Das Anbindungsproblem konnte durch den Einsatz eines Kleinbusses im Linienbetrieb zwischen dem S-Bahnhof Leninallee (heute Landsberger Allee) in Ost-Berlin und dem Dienstobjekt gelöst werden.
2. Baulich-funktionelle Forderungen zur Schaffung der Mehrzweck-Base
Zur etappenweisen Realisierung der unter 1. konzipierten politisch-operativen Ziel- und Aufgabenstellungen sind folgende baulich-funktionelle Forderungen zu erfüllen:
2.1. Stabsgebäude
Dieses Gebäude sollte zweigeschossig sein und mindestens folgende Funktionseinheiten beinhalten:
- 2 Stabs- und Kartenzimmer
- 2 bis 4 Arbeitsräume für Stabsoffiziere
- 1 Arbeitszimmer des Objektkommandanten
- 2 Arbeitszimmer für Gehilfen des Objektkommandanten (z.B. OvD)
- 1 bis 2 Sitzungszimmer (ca. 12 Personen)
- 1 Schreibzimmer (max. 3 Schreibkräfte)
- 1 Arbeitsraum für 2 - 3 Verwaltungskräfte
- 1 Nachrichtenzentrale
- 1 Wachlokal
2.2 Mehrzweckhalle für Körperertüchtigung und Nahkampfausbildung
mit Schießkeller für kurze Handfeuerwaffen (Revolver, Pistole, KK-Waffen), dazu ein Freibad (bzw. Badestelle mit Steg usw) unter Nutzung der natürlichen Gegebenheiten (Teiche).
2.3. Waffenkammer-Räume und Munitionsbunker
Die Waffenkammer-Räume können funktionell einem anderen Gebäudekomplex zugeordnet werden.
Abteilung XXII (Terrorabwehr)
1975 entstanden aus einer Unterstruktur der AG beim 1. Stellv. des Ministers; 1989 mit der Abt. XXIII zur HA XXII zusammengeführt.
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
Kontaktperson (KP)
"Kontaktperson" ist ein unscharfer Begriff, der Personen bezeichnete, mit denen das MfS Kontakte unterschiedlicher Natur hatte. Insbesondere in den 50er Jahren waren Kontaktpersonen oftmals regelrechte Informanten, bei denen allerdings keinerlei formelle Erfassung und Registrierung als inoffizieller Mitarbeiter vorlag. In der IM-Richtlinie von 1958 sind Kontaktpersonen als "vertrauenswürdige Bürger" definiert, die "zur Lösung bestimmter Aufgaben angesprochen werden". In den MfS-Unterlagen der Honecker-Ära werden Funktionsträger, mit denen das MfS offizielle Beziehungen pflegte, häufig als Kontaktperson bezeichnet.
Eine besondere Form von Kontaktperson gab es bei der Abteilung XIV, die seit 1967 Strafgefangene "mit inoffiziellen Aufgaben als Kontaktpersonen" oder auch als "inoffizielle Kontaktpersonen" (iKP) bezeichnete. Eine andere Bedeutung hatte der Begriff bei der HV A. Laut IM-Richtlinie von 1979 handelte es sich hierbei um "Bürger aus dem Operationsgebiet", "die über Zugang zu operativ bedeutsamen Informationen bzw. über Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme verfügen" und zu denen "eine stabile Verbindung unterhalten wird", ohne dass diese über "den nachrichtendienstlichen Charakter" der Kontakte im Bilde waren.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Protokoll über eine Besichtigung des Dienstobjektes "Walli" bei Wartin im Oktober 1989 Dokument, 3 Seiten
Bericht des GMS "Paul" zum geheimen "Objekt 76" Dokument, 1 Seite
Grundrissskizze des "Objektes 76" in Helenenau mit Legende Dokument, 2 Seiten
Ausbildungsmöglichkeiten im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 6 Seiten