Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 309, Bl. 39-42
Nach der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft im Mai 1970 flogen einige RAF-Mitglieder in den Nahen Osten und nahmen an einem militärischen Training der palästinensischen Gruppe El Fatah in Jordanien teil. Hans-Jürgen Bäcker wurde bei seiner Rückreise auf dem Flughafen Schönefeld von der Staatssicherheit mit einer Waffe im Gepäck festgenommen.
Anfang der siebziger Jahre entstanden in der Bundesrepublik linksterroristische Gruppen, wie die Rote Armee Fraktion (RAF) und die Bewegung 2. Juni. Die Staatssicherheit befürchtete zunächst, dass die Gewalt der Linksterroristen auch in die DDR "überschwappen" könnte und sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld.
Nach der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft in West-Berlin im Mai 1970 flogen einige RAF-Mitglieder in den Nahen Osten. In einem Ausbildungscamp der palästinensischen Gruppe El Fatah in Jordanien ließen sie sich militärisch trainieren. Bei der Rückkehr über den Ost-Berliner Flughafen Schönefeld Ende Juli/Anfang August wurde Hans-Jürgen Bäcker mit einem falschen Pass und einer Waffe im Gepäck festgenommen.
vertreter des Regierenden Bürgermeisters von Westberlin, Neubauer, zu entführen, wurde Bäcker am 05.08.1970 von Mahler beauftragt, sich nach Westberlin zu begeben und die Rückkehr der gesamten Gruppierung durch die Beschaffung von konspirativen Quartieren vorzubereiten. Bäcker suchte daraufhin das Zentralkomitee der "El Fatah" in Amman auf, wo ihm der bereits erwähnte Paß der VAR ausgestellt wurde. Anschließend wurde er von Angehörigen der "El Fatah" mit einem Kraftfahrzeug nach Damaskus/Syrien gebracht, von wo aus er am 06.08.1970 nach Berlin-Schönefeld flog.
Bäcker erklärte in der geführten Vernehmung, daß er am 06.08.1970, gegen 18.00 Uhr, weisungsgemäß mit einem ihm unter dem Vornamen Kurt und dem Decknamea "Sami" bekannten Angehörigen der Gruppierung im Bahnhof Friedrichstraße zusammentreffen sollte. Der Genannte sollte ihn aus Sicherheitsgründen über eventuelle Kontrollen seitens der Westberliner Polizei im grenzüberschreitenden Verkehr informieren.
Überprüfungen ergaben, daß sich in der Zeit vom 05.08.1970, 18.00 Uhr, bis 06.08.1970, 17.20 Uhr, eine Person namens
[Anonymisiert]
geb. am [Anonymisiert]
aus Westberlin kommend in der Hauptstadt der DDR aufhielt. Es konnte jedoch noch nicht festgestellt werden, daß diese Person mit dem von Bäcker genannten Angehörigen der bezeichneten Gruppierung identisch ist.
Hinsichtlich der von Bäcker mitgeführten Pistole und der Munition wurde bisher festgestellt, daß er diese vor einigen
Wochen in Amman in einem Waffengeschäft kaufte. Bäcker sagte aus, diese Waffe in Westberlin zu seinem persönlichen Schutz verwenden und damit insbesondere eventuellen gegen seine Person gerichteten Maßnahmen der Westberliner Polizei entgegenwirken zu wollen. In diesem Zusammenhang erklärte er,
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 309, Bl. 39-42
Nach der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft im Mai 1970 flogen einige RAF-Mitglieder in den Nahen Osten und nahmen an einem militärischen Training der palästinensischen Gruppe El Fatah in Jordanien teil. Hans-Jürgen Bäcker wurde bei seiner Rückreise auf dem Flughafen Schönefeld von der Staatssicherheit mit einer Waffe im Gepäck festgenommen.
Anfang der siebziger Jahre entstanden in der Bundesrepublik linksterroristische Gruppen, wie die Rote Armee Fraktion (RAF) und die Bewegung 2. Juni. Die Staatssicherheit befürchtete zunächst, dass die Gewalt der Linksterroristen auch in die DDR "überschwappen" könnte und sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld.
Nach der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft in West-Berlin im Mai 1970 flogen einige RAF-Mitglieder in den Nahen Osten. In einem Ausbildungscamp der palästinensischen Gruppe El Fatah in Jordanien ließen sie sich militärisch trainieren. Bei der Rückkehr über den Ost-Berliner Flughafen Schönefeld Ende Juli/Anfang August wurde Hans-Jürgen Bäcker mit einem falschen Pass und einer Waffe im Gepäck festgenommen.
es sei zu erwarten, daß ebenfalls Mahler und weitere Gruppenangehörige, die sobald sich eine Fluggelegenheit bietet, in den nächsten Tagen unter Verwendung von Pässen der VAR über Berlin-Schönefeld oder Wien nach Westberlin reisen wollen, aus den gleichen Gründen Waffen mitführen.
Entgegen diesen Aussagen Bäckers über die bevorstehende Rückkehr der Gruppierung um Mahler nach Westberlin geht aus einem von einer Quelle der Abteilung XV der Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin beschafften Bericht eines in der DDR ansässigen unbekannten Agenten des sogenannten Gesamtdeutschen Referates für Studentenfragen in Westberlin hervor, daß Mahler bereits am 23. Juli 1970 in Berlin-Schönefeld eingetroffen sein soll. Der Agent berichtet in diesem Zusammenhang, Mahler, der von einer weiblichen Person begleitet wurde, sei von einem Pkw "Wartburg" mit einer Regierungsnummer abgeholt worden. Überprüfungen ergaben, daß Mahler zumindest unter seinem Namen nicht in die DDR eingereist ist.
Aus den Aussagen Bäckers geht fernerhin hervor, daß er während seines Aufenthaltes in Jordanien den vorliegenden westdeutschen Führerschein erhielt, bei dem es sich um eine von Bader hergestellte Fälschung handelt. Durch Untersuchungen der Abteilung 32 wird diese Fälschung bestätigt. Die damit in Verbindung geführte Untersuchung des von Bäcker benutzten Passes der VAR ergab keine Hinweise auf eine Fälschung oder Verfälschung.
Verteiler:
1. Expl. Gen. Minister
2. Expl. Ltg. HA IX
3. Expl. Ltg. HA VI
4. Expl. HA IX/8
5. Expl. HA IX/2
[Unterschrift: Wunderlich]
Wunderlich
Hauptmann
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Hauptabteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel)
Die Hauptabteilung VI befasste sich mit dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Sie wurde 1970 durch Fusion der Arbeitsgruppen "Passkontrolle und Fahndung" und "Sicherung des Reiseverkehrs" sowie der Zoll-Abwehr (Überwachung der Zoll-Mitarbeiter) gebildet. Die Hauptabteilung VI hatte an den Grenzübergängen der DDR die Reisenden zu kontrollieren und abzufertigen. Deshalb waren die DDR-Passkontrolleure hauptamtliche Mitarbeiter der Hauptabteilung VI. Zur Tarnung trugen sie Uniformen der Grenztruppen. Zunächst war 1950 die Grenzpolizei mit der Grenzabfertigung beauftragt worden.
Bei der Hauptabteilung VI wurden die Daten der Einreisenden einer ersten Analyse unterzogen, um politisch-operativ interessante Personen herauszufiltern. Die Grenzkontrolle umfasste für die Hauptabteilung VI auch die Überwachung der westlichen Grenzkontrollstellen, in Westberlin auch die der Flughäfen Tegel und Tempelhof sowie der Polizei und des Grenzzolldienstes. Zum Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI gehörte die lückenlose Überwachung der Transitstrecken von und nach Westberlin. Bei ihr liefen Avisierungen für bevorzugte Grenzabfertigungen zusammen.
1970 übernahm sie von der Hauptabteilung XX/5 die Aufgabe, Fluchtversuche zu unterbinden und Fluchthelfer im Westen zu verfolgen, was 1975/76 zu Teilen an die Zentrale Koordinierungsgruppe überging (Republikflucht). Die Hauptabteilung VI überwachte touristische Einrichtungen in der DDR, darunter die Reisebüros und die Interhotels. Ebenso kontrollierte sie DDR-Bürger bei ihren Reisen ins sozialistische Ausland, um Kontakte zu westlichen Staatsbürgern und Fluchtversuche ggf. zu unterbinden.
Die Operativgruppen des MfS in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien waren ihr von 1970 bis 1989 unterstellt. 1989 gab sie deren Leitung an die Hauptabteilung II (HA II) ab. Im Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI wurden 1979–1981 drei Mordanschläge auf den Fluchthelfer Wolfgang Welsch durchgeführt, die dieser nur knapp überlebte.
Charakteristisch für die Hauptabteilung VI war die enge Kooperation mit vielen MfS-Diensteinheiten und anderen Institutionen wie Grenztruppen und Zoll, da im Bereich der Hauptabteilung VI eine Vielzahl von relevanten Erstinformationen und Daten zusammenkam. 1985 führte die Hauptabteilung VI 1.064 IM, darunter 67 West-IM, von denen 62 in Westberlin lebten.
1960 aus der Abt. K hervorgegangen; 1969 als Abt. in die Struktur der Abt. OTS eingegliedert. Aufgaben: Entwicklung und Produktion chemischer Mittel und solcher für kriminaltechnische Untersuchungen sowie umfangreiche Expertisenarbeit (chemisch, technisch, biologisch, daktyloskopisch, akustisch sowie Schrift- und Dokumentenexpertisen); kriminaltechnische Untersuchungen, Aufklärung von Geheimschreibmitteln, kernphysikalische Messungen und Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Protokoll über die Vernehmung Hans-Jürgen Bäckers nach seiner Einreise in die DDR Dokument, 18 Seiten
Ergänzung zum Bericht über die Festnahme Hans-Jürgen Bäckers auf dem Flughafen Schönefeld Dokument, 2 Seiten
Bericht über die Einreise Horst Mahlers in die DDR Dokument, 2 Seiten
Eröffnungsbericht zum Operativen Vorgang "Stern I" zur Überwachung von RAF-Mitgliedern Dokument, 3 Seiten