Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 18623, Bd. 5, Bl. 3-11
Die Zusammenfassung von "Informationen", die das MfS im Zeitraum von 1984 bis 1985 zusammenstellte, bündelt die Erkenntnisse der Geheimpolizei zu den Fahndungsergebnissen und Sicherheitsvorkehrungen in der Bundesrepublik in Bezug auf die RAF.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Die vom MfS zusammengestellten "Informationen" stammen aus unterschiedlichen Quellen. Sie dokumentieren Banküberfälle, Fahrzeugdiebstähle und weitere Aktionen, die zur Vorbereitung terroristischer Anschlägen dienten. Darüber hinaus werden ein Hungerstreik inhaftierter RAF-Mitglieder und ein durch das Bundesministerium des Innern verfasster "Maßnahmenkatalog" thematisiert. Damit sollten die bundesdeutschen Sicherheitsbehörden auf zu erwartende Anschläge durch die RAF vorbereitet werden. Weitere Informationen betreffen die laufenden Fahndungen und das Umfeld der RAF. Das Dokument nimmt mehrmals auf andere, bereits zum Thema verfasste Berichte des MfS Bezug.
Bei dem benannten Hungerstreik handelt es sich um den neunten der RAF. Die Streikenden gehörten der zweiten Generation der RAF an. Am 4. Dezember 1984 kündigte Brigitte Mohnhaupt während einer Gerichtsverhandlung einen umfassenden Hungerstreik der RAF-Häftlinge an. Die Tatsache, dass der Aufruf zum Hungerstreik von fast allen anderen RAF-Gefangenen befolgt wurde und beinahe gleichzeitig eine neue Anschlagsserie der sogenannten dritten Generation losbrach, legt den Schluss nahe, dass Brigitte Mohnhaupt auch vom Gefängnis aus Einfluss auf die RAF ausübte. Den Auftakt dieser neuen Anschlagsserie bildete der im Dokument erwähnte gescheiterte Sprengstoffanschlag vom 18. Dezember 1984 auf die NATO-Schule in Oberammergau.
Der Hungerstreik dauerte bis Februar 1985 an. Hauptforderung der Hungerstreikenden war die Zusammenlegung der Häftlinge.
die gegenwärtige Lagesituation im Operationsgebiet zur Durchsetzung eines von ihm ausgearbeiteten Vorschlages zu nutzen. Diesen Vorschlag hatte er bereits im Rahmen einer PB 07-Tagung im Juli 1984 beim BKA Wiesbaden vorgetragen. Bei diesem Vorschlag läßt sich [anonymisiert] von folgenden Vorstellungen leiten:
Den zentralen Dienststellen der gegnerischen Staatsschutzorgane werden täglich eine Reihe von Lagemeldungen, die den Terrorismusbereich betreffen, zugeleitet. Dabei handele es sich im wesentlichen um die Lagemeldungen
"Verdeckte Fahndung"
"Terroristische Gewalttäter"
• beide Lagemeldungen worden vom BKA Wiesbaden erstellt
"Innere Sicherheit"
• wird vom BMI Bonn erstellt.
In diesen Lagemeldungen sind aktuell alle bedeutsamen Aktionen und Vorhaben terroristisch/ extremistischer Kräfte aufgelistet und Erkenntnisse aus dem Bereich der "Häftlingsüberwachung" sowie der Reisebewegung von PB 07-Personen enthalten.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse, die bei den Referaten
TE 21 (Besondere Meldedienste)
TE 22 (Personenbezogene Informationssammlung)
TE 23 (Observation und Koordination)
der Gruppe TE 2 der Abteilung Terrorismus beim BKA-Wiesbaden zentral zusammenfließen, müsse, nach den Vorstellungen des [anonymisiert], das BKA in der Lage sein, täglich oder wöchendlich eine Art
"Verknüpfungsraster"
zu erstellen. Dazu sei es aber notwendig, die in den verschiedenen Lagemeldungen enthaltenen Erkenntnisse an einer zentralen Stelle zusammenzuführen, um somit Verknüpfungen zwischen einem in einer bestimmten Stadt realisierten Anschlag usw. und den um den Zeitraum des Anschlages im Bereich dieser Stadt festgestellten Reisebewegungen von PB 07-Personen festzustellen. Dazu können auch noch die Erkenntnisse aus der "Häftlingsüberwachung" genutzt werden.
Damit ergäben sich Möglichkeiten, die Personen zu filtrieren, die bei gegebenen Anlässen dem Kreis der zu überprüfenden mutmaßlichen Tätern zuzuordnen sind.
Diesen Vorschlag habe [anonymisiert] bereits am 3. 1. 1985 über seinen Inspektionsleiter an den Leiter der Unterabteilung Polizeilicher Staatsschutz,
[anonymisiert],
herangetragen. [anonymisiert] soll den Vorschlag akzeptiert haben.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
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Abschlussbericht zum Hungerstreik der RAF-Gefangenen Dokument, 6 Seiten
Eröffnungsbericht zur OPK "Klausen, Gerhard" gegen Wolfgang Grams Dokument, 3 Seiten
Protokoll der Entführung von Hanns Martin Schleyer und des Passagierflugzeuges "Landshut" Dokument, 4 Seiten
Aufstellung der DDR-Verbindungen von RAF-Mitgliedern Dokument, 6 Seiten