Verhaltensregeln für Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der DDR an den X. Weltfestspielen der Jugend
Signatur: BArch, MfS, HA XX, Nr. 17371, Bl. 49-53
Die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ost-Berlin sollten nach Wunsch der SED-Führung reibungslos verlaufen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der DDR erhielten deshalb genaue Vorgaben, wie sie während des Festivals auftreten sollten.
Die Spiele fanden vom 28. Juli bis zum 5. August 1973 in Ost-Berlin statt. Unter dem Motto "Für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft" kamen mehr als 25.000 Festival-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus 140 Ländern in die Hauptstadt der DDR, darunter auch Delegationen aus der Bundesrepublik.
Für die SED-Führung waren die Weltfestspiele Chance und Herausforderung zugleich. Sie konnte die DDR einerseits der Welt als ein offenes und selbstbewusstes Land präsentieren, fürchtete aber den westlichen Einfluss auf die eigene Jugend.
Die Planung der Weltfestspiele lag in der Verantwortung des "nationalen Vorbereitungskomitees". Es wurde 1972 unter der Leitung des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED Erich Honecker gegründet. Die Staatssicherheit war an der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung beteiligt. Die generalstabsmäßig geplante Kontrolle der Spiele lief bei der Stasi unter dem Namen Aktion "Banner".
Die im Vorfeld ausgewählten Jugendlichen, die an den Weltfestspielen teilnehmen durften, sollten während des Festivals ein positives Bild der SED-Diktatur vermitteln. Ein Verhaltenskatalog legte fest, wie sie im Kontakt mit ausländischen Besucherinnen und Besuchern auftreten und die DDR "würdig vertreten" sollten. Sie sollten "politisch wachsam" sein, dabei aber stets "zuvorkommend und höflich". Sie sollten die Sicherheitsorgane "bei der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit wirkungsvoll unterstützen", und über "feindlich-negative Aktivitäten" informieren. Weiterhin sollten sie sich keinen Diskussionen mit "hartnäckig und unbelehrbar auftretenden Personen" aussetzen.
Geleichzeitig sollten die politisch gefestigten und "klassenbewussten" Jugendlichen während des Festivals jedoch nicht überziehen: Sollten ausländische Teilnehmerinnen oder Teilnehmer eine zur offiziellen SED-Linie unterschiedliche Meinung äußern, sei dies "nicht mit feindlicher Tätigkeit" gleichzusetzen.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Hauptabteilung XX, Leiter
- Datum:
- 21.3.1973
- Rechte:
- BArch
Hinweise zum Verhalten der Festivalteilnehmer der DDR während der X. Weltfestspiele, insbesondere gegenüber ausländischen Festivalteilnehmern und anderen Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie bei besonderen Vorkommnissen
Darauf einstellen, daß an X. Weltfestspielen Jugendliche mit sehr unterschiedlichen, z. T. sich offen feindlich gegenüberstehenden Weltanschauungen, politischen Standpunkten und Interessen usw. teilnehmen.
Neben den zahlreichen ausländischen Delegierten und Gästen werden sich während der Weltfestspiele Tausende Bürger der BRD und anderer nichtsozialistischer Staaten sowie Westberliner (darunter Feinde der DDR und des Sozialismus) in unserer Hauptstadt aufhalten.
Daraus erwachsen hohe Anforderungen an alle Jugendlichen, die als Repräsentanten der DDR an Weltfestspielen teilnehmen.
Wir setzen großes Vertrauen in unsere Teilnehmer und erwarten, daß sie
DDR würdig repräsentieren, sich offensiv, sachlich und auf der Grundlage unseres Klassenstandpunktes mit unterschiedlichen politischen Auffassungen, Ideologien, Argumenten und Erscheinungen auseinandersetzen, mit aller Konsequenz aber gegen jegliche Aktivitäten auftreten, die sich gegen den Geist der Weltfestspiele richten und offene Hetze bzw. Diskriminierungen darstellen (Äußerung unterschiedlicher Meinungen nicht mit feindlicher Tätigkeit gleichsetzen),