"Auskunftsbericht" über die RAF-Terroristin Inge Viett
Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 19309, Bl. 178-180
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen "Auskunftsbericht" über Inge Viett, die zunächst der linksterroristischen "Bewegung 2. Juni" und später der RAF angehörte.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen, darunter auch Inge Viett.
In dem vorliegenden "Auskunftsbericht" wird die Terroristin zutreffend als führendes Mitglied der RAF sowie als ehemaliges führendes Mitglied der "Bewegung 2. Juni" benannt. Neben einigen persönlichen Daten liefert das Dokument Informationen zu Haftstrafen in der Bundesrepublik und den laufenden Fahndungen dort. Darüber hinaus werden Vietts Kontakte zu anderen RAF-Mitgliedern sowie die von ihr angeblich verübten oder geplanten terroristischen Straftaten aufgelistet.
Die Informationen wurden aus "inoffiziellen Hinweisen" und bundesdeutschen Presseartikeln vom MfS zusammengestellt. Für das im Dokument aufgeführte Sprengstoffattentat auf den britischen Yachthafen wurde Inge Viett nur angeklagt, aber nicht verurteilt.
Inge Viett war maßgeblich an der Vermittlung der Übersiedlung von zehn RAF-Terroristen in die DDR beteiligt. Sie tauchte 1982, knapp zwei Jahre nach der Entstehung des vorliegenden Dokuments, in der DDR unter. Doch auch schon vor ihrer Übersiedlung durfte Inge Viett die DDR mehrmals und unbehelligt als Transitland nutzen, hielt sich in "konspirativen Objekten" der Staatssicherheit auf und erhielt eine militärische Ausbildung durch das MfS. Bei der im Dokument angesprochenen Befreiung von Till Meyer hatte sich Inge Viett beispielsweise von der Staatssicherheit zusichern lassen, dass sie ungehindert über Ost-Berlin würde fliehen können.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Abteilung XXII/1
- Datum:
- 8.10.1980
In dieser Zeit wohnte sie in deren Stützpunkt
[anonymisiert]
[anonymisiert]
Über die "Schwarze Hilfe", in der sie bald entscheidenden Einfluß gewann, bekam sie Kontakt zu den seinerzeit in Westberlin bestehenden "Tupamaros" sowie zur Nachfolgeorganisation der "Baader-Meinhof-Gruppe" – "'Rote Armee Fraktion".
Im Zusammenwirken bzw. mit Unterstützung Kräfte soll die Viett bis zum Jahre 1972 mehrere Banküberfälle, Sprengstoffattentate und andere terroristische Alktionen organisiert haben. Am 2. Februar 1972 beteiligte sich die Viett gemeinsam mit der mutmaßlichen Terroristin Becker, Verena an einem Sprengstoffattentat auf den britischen Yachthafen in Westberlin, bei dem ein Bootsbauer getötet wurde. Aus operativen Hinweisen wurde bekannt, daß der Tod eines Westberliner Bürgers nicht beabsichtigt war.
In der Polgezeit plante die Gruppe um die Viett, ihre Aktivitäten auch auf das Gebiet der BRD auszudehnen. Am 7.5.1972 wurde sie in Koblenz gemeinsam mit Schmücker, Sommerfeld und Knupe bei der Vorbereitung eines Attentates auf daß türkische Konsulat in Bad Godesberg festgenommen.
Am 20.7.1973 gelang der Viett die Flucht aus der Untersuchungshaftanstalt Westberlin-Moabit. Sie ging in die Illegalität und schloß sich der zwischenzeitlich gebildeten "Bewegung 2. Juni" an. Während dieser Zeit soll die Viett gemeinsam mit dem Reinders, Ralf illegal in einem Villenviertel in Westberlin gelebt haben.
Die Viett steht bei den gegnerischen Sicherheitsorganen in dringendem Verdacht, bis an ihrer erneuten Festnahme im Jahre 1975 an folgenden Terroranschlägen beteiligt gewesen zu sein:
- 4./5.6.1974 Ermordung des "Verräters" Ulrich Schmückers (Die Viett hat dabei angeblich der Gruppe "Kommune Wolfsburg" um Ilse Jandt, verh. Schwipper, den Auftrag eines "Femegerichtes" zur Tötung des der Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz verdächtigten Schmücker übergeben.)
- 10.11.1974 Attentat auf den Westberliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann durch eine sogenannte "RAF" -Kampfgruppe Westberlin.
- 27.2.1975 Entführung des Westberliner CDU-Vorsitzenden Lorenz (Die Viett soll dabei Fahrerin des Entführungsfahrzeuges gewesen sein.)